Interview mit Jochen Diehl von Indis

Zum digitalen Arbeitsplatz ist es noch weit

von - 14.09.2018
Digitaler Arbeitsplatz
Foto: ProStockStudio / Shutterstock.com
Mitarbeiter sollen künftig dort arbeiten, wo es einen Internetanschluss gibt. Bis zum digitalen Arbeitsplatz ist es aber noch ein weiter Weg, ist sich Jochen Diehl vom Systemhause Indis sicher.
Jochen Diehl, Indis
Jochen Diehl, Geschäftsführer des Systemhauses Indis Kommunikationssysteme in Mainz.
(Quelle: Indis)
Der digitale Arbeitsplatz: Für viele Anwender in den Unternehmen ist er ein Traum, für andere aber ein Albtraum. Jochen Diehl, Geschäftsführer des Systemhauses Indis Kommunikationssysteme in Mainz, erklärt, wie er seine Kunden von den Vorteilen des Digital Workplace überzeugt – und auf welche Hürden er dabei stößt.
com: professional: Der Digital Workplace gilt als Hype-Thema, wird aber unterschiedlich definiert. Was verstehen Sie darunter?
Jochen Diehl: Im Prinzip bin ich das lebende Beispiel für einen Menschen, der den digitalen Arbeitsplatz nutzt. Mein Arbeitsplatz ist überall dort, wo ich einen Internetanschluss habe. Wir haben unsere kompletten Prozesse digitalisiert und über Schnittstellen miteinander verbunden, sodass ich problemlos vom Homeoffice ins Büro ziehen und auch unterwegs überall arbeiten kann. Ich habe quasi immer mein Büro dabei und das ist für mich ein Traum. Ich könnte und wollte nicht mehr anders arbeiten, für viele Unternehmen ist das aber immer noch Neuland.
com! professional: Und wie ist die Akzeptanz der Kunden? Erkennen diese den Mehrwert eines digitalen Arbeitsplatzes?
Diehl: Wir hoffen, dass unsere Kunden in Zukunft so arbeiten wie wir schon heute – allerdings ist das noch ein langer Weg. Es ist letztlich wie immer: Diejenigen, die heute schon ihre Prozesse digitalisiert haben, möchten es nicht mehr missen. Aber es gibt noch immer viele, die zögern und vor der Cloud – die ja häufig die Basis für den digitalen Arbeitsplatz ist – zurückschrecken. Dabei ist das gar nicht zwingend erforderlich, man kann einen digitalen Arbeitsplatz ja auch On-Premise realisieren.
com! professional: Gibt es denn Kundengruppen oder Branchen, die dem Thema gegenüber aufgeschlossener sind als der Durchschnitt?
Diehl: Auf jeden Fall. Mitarbeiter im Vertrieb sind schon weiter digitalisiert als beispielsweise Angestellte in der Buchhaltung. Und natürlich gibt es auch Unterschiede bei den Branchen. Ich war kürzlich bei einem Autohaus und fragte, welches Dokumentenmanagement-System sie einsetzen oder ob sie so etwas brauchen. Der Kunde ist dann aufgestanden und hat mich in ein Nebenhaus geführt, das auf 150 Quadratmetern Fläche vollgestellt mit Ordnern war. So etwas habe ich noch nie gesehen. Der neue Geschäftsführer erklärte mir dann, dass in dem Unternehmen seit Jahrzehnten alles in Ordnern archiviert wird.
com! professional: Zählt das Autohaus jetzt zu Ihren Kunden?
Diehl: Noch nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass es bald so weit sein wird. Wichtig ist aber, dass man diesen Kunden Schritt für Schritt erklärt, wie sie ihr Unternehmen digitalisieren können. Den meisten Unternehmen ist nicht bewusst, was heute alles möglich ist.
com! professional: Wie gehen Sie bei der Beratung vor?
Diehl: Ich habe beispielsweise eine portable Freisprecheinrichtung, klappe mein Notebook auf, hole mein Headset raus und sage: „So, wir können jetzt loslegen. Wollen Sie eine Konferenz machen, in Ruhe telefonieren oder einen Auftrag bearbeiten? Oder wollen Sie hier einen Serviceauftrag auf dem Tablet unterschreiben und Sie bekommen ihn dann sofort geschickt?“
Die meisten Kunden sind dann vollkommen überrascht, dabei ist das wahrlich kein Hexenwerk mehr.

Das Smartphone als zentrales Arbeitsinstrument

com! professional: Welche Rolle wird das Smartphone generell beim digitalen Arbeitsplatz einnehmen?
Diehl: Ich bin davon überzeugt, dass das Smartphone das zentrale Arbeitsinstrument wird. Aktuell ist die Integration mobiler Endgeräte noch stark von der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) getrieben, die den Einsatz von Enterprise-Mobility-Management-Systemen (EMM) in den Unternehmen forciert. Wir zeigen unseren Kunden aber auch, wie sie das Smartphone zum mobilen Arbeitsplatz machen können – etwa in Verbindung mit Docking-Stationen oder mobilen Beamern.
com! professional: Collaboration ist ein zentraler Bestandteil in diesem Umfeld. Verstehen Ihre Kunden den Mehrwert dieser Tools? Oder nutzen sie eine UCC-Plattform überwiegend für die Telefonie?
Diehl: Wenn man sie lassen würde, ja. Wir raten vielen Kunden beispielsweise, sie sollen sich die Investition in ein Tischtelefon sparen und dafür vernünftige Headsets kaufen, um mit den UCC-Clients die gesamte Funktionalität besser nutzen zu können. Aber es gibt immer noch viele Anwender – selbst bei uns –, die beim Telefonieren unbedingt einen Hörer in der Hand halten wollen. Ein starker Trend, bei uns und bei unseren Kunden, ist die Verbindung einer Telefonanlage mit Microsoft Office 365. Damit verknüpfen wir die Telefonie mit Collaboration und vielem mehr.
com! professional: Der Vorteil dieser Verbindung ist aber auch, dass Kommunikationsinseln – die in vielen Unternehmen etwa mit Slack existieren – damit aufgelöst werden könnten.
Diehl: In der Theorie schon, wobei in vielen Unternehmen die Inseln nicht aus Slack & Co. bestehen – wir treffen meist auf Excel als Kommunikationsinsel. Wenn in Unternehmen Slack oder Microsoft Teams eingesetzt wird, dann sind diese dem Rest der Welt schon um ein gutes Stück voraus. 85 Prozent unserer Kunden arbeiten mit Excel und Word und legen diese Dokumente dann auf irgendeinem Server ab – Digitalisierung sieht anders aus. Dass Teams gemeinschaftlich an Dokumenten arbeiten, ist heute im Mittelstand noch die Ausnahme. Für uns ist das aber eine Chance, denn in den nächsten Jahren werden  sich diese Unternehmen neu aufstellen – und das wird für Umsatz sorgen, bei uns und unseren Partnern.
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