Daten-Tuning für neue Geschäftsmodelle

Plattformen im Überblick

von - 07.09.2018
Das Marktforschungsunternehmen Gartner hat 19 Firmen als führende Anbieter von Content-Services-Plattformen identifiziert. Die Spitzenposition nehmen Microsoft, OpenText und Hyland ein. Alle sind in den USA angesiedelt. Das Verfolgerfeld besteht unter anderem aus IBM, Alfresco und Oracle. Zu den Anbietern, die sich durch besonders innovative Ansätze auszeichnen, zählen laut Gartner M-Files, Box und mit der SER Group auch ein deutsches Unternehmen. Weitgehend dieselben Namen, wenn auch in leicht veränderten Positionierung auf dem Markt, führt das Beratungshaus Forrester Research auf.
Microsoft: Bereits auf den Zug Content Services aufgesprungen ist Microsoft. Das Unternehmen vermarktet SharePoint und OneDrive for Business als Content-Services-Plattform, die über die Microsoft-Cloud Azure bereitgestellt wird. Als Ergänzung stehen ebenfalls cloudbasierte Anwendungen wie Microsoft Graph zur Verfügung. Graph ermöglicht beispielsweise das Aufsetzen von Arbeitsabläufen für das Bearbeiten und „Sharing“ von Informationen, außerdem das Konvertieren und Synchronisieren von Daten.
MFiles auf dem iPad
Ortsunabhängiger Zugriff auf Dokumente: Bei M-Files zum Beispiel durchsuchen Anwender Dokumente und Daten auch von mobilen Endgeräten wie dem iPad aus.
(Quelle: M-Files)
Den Begriff Content Services interpretiert Microsoft im konkreten Wortsinn: Funktionen wie Workflow, Compliance und Capture sowie Beratungsdienste werden von Partnern beigesteuert. Das Unternehmen hat im Juli dieses Jahres ein entsprechendes Programm für Anbieter aufgelegt, die ihre Dienste zusammen mit Microsoft vermarkten möchten. Dadurch baut Microsoft sein Ökosystem im Bereich Content Services aus und stärkt gleichzeitig das strategisch wichtige Cloud-Geschäft.
Alfresco:  Auf einem Kern aus Open-Source-Software basieren Alfrescos Content Services. Die Anbindung an Geschäftsanwendungen und Erweiterungen erfolgt über offene Standardschnittstellen (APIs). Derzeit konzentriert sich das Unternehmen auf Anwender in Branchen, die strikten Compliance-Regelungen und rechtlichen Vorgaben unterliegen, zum Beispiel den Finanzsektor oder das Gesundheitswesen. Einen Schwerpunkt bilden bei Alfresco das Optimieren von Geschäftsprozessen (Business Process Management) und das Verwalten von sogenannten Records, also Datensätzen und Dokumenten, die längere Zeit lang aufbewahrt werden müssen.
Forrester Research stellt in einer Analyse von ECM-Lösungen fest, dass sich die Plattform auch für Nutzer eignet, die mehr als eine Milliarde Dokumente verwalten wollen. Kunden haben sich nach Angaben von Forrester zufrieden über die Integrationsmöglichkeiten, die Verarbeitung von Meta-Daten und die Interoperabilität der Plattform geäußert. Dies macht es einfacher, Systeme von Drittanbietern anzubinden. Ein Vendor-Lock-in wie bei etlichen anderen Systemen ist somit nicht im selben Maß gegeben. Allerdings besteht laut Forrester Nachholbedarf bei den Funktionen für das Aufsetzen und Automatisieren von Workflows.
DocuWare: Neben SER zählt DocuWare aus Germering bei München zu den deutschen Vertretern in der Riege der führenden Anbieter von ECM- und Content-Services-Plattformen. Der Schwerpunkt von DocuWare Cloud liegt auf den Bereichen Dokumentenmanagement und Workflow-Automatisierung. Wie der Name bereits andeutet, werden die Dienste über die Cloud bereitgestellt, in diesem Fall über Microsofts Azure-Plattform. Mit DocuWare Kinetic Solution hat das Unternehmen zudem Mitte des Jahres vorkonfigurierte Workflows für gängige, auf Dokumenten basierende Geschäftsprozesse vorgestellt. Auch diese Services sind über die Cloud verfügbar. Im ersten Schritt umfasst Kinetic Solution Module für das Rechnungswesen und das Personalmanagement. Ergänzungen sind in Planung.
DocuWares Lösungen werden durch Funktionen für die Verwaltung von Meta-Daten, die Archivierung von Informationen und das Indizieren von Content abgerundet. Damit, so Gartner, orientiert sich das Unternehmen am klassischen Portfolio eines Anbieters von ECM- beziehungsweise Content-Services-Plattformen. Zu den Schwachpunkten zählen die Gartner-Analysten die relativ späte Integration von neuen Technologien und erweiterten Funktionen. Dazu gehören Content Analytics und die Unterstützung von Umgebungen mit mehreren Daten-Repositories.
Hyland: Auch das amerikanische Unternehmen Hyland bietet mit OnBase und ShareBase zwei Lösungen an, die auf die Bereitstellung und den Austausch von Informationen zielen. ShareBase ist für den sicheren Austausch („Sharing“) von Dateien vorgesehen, fällt also in die Kategorie EFSS (Enterprise File Sync & Share). Allerdings hat Gartner auch dieser Sparte ein neues Etikett verpasst: Content Collaboration Platforms (CCPs).
Relevanter unter dem Aspekt ECM und CSP ist OnBase. Die Plattform steht in der Cloud sowie als Version bereit, die im Unternehmensrechenzentrum betrieben wird (On-Pre­mise). Sie bietet eine breite Palette von Funktionen, vom klassischen Content-Management über die Verwaltung von Geschäftsprozessen bis hin zur Analyse von Inhalten. Alle Informationen werden in einer zentralen Datenbank mit der­selben Code-Basis gespeichert. Zu den weiteren Stärken der Plattform zählt, dass sie sich mit überschaubarem Aufwand an Geschäftsanwendungen sowie CRM- und ERP-Systeme anbinden lässt. Das gilt auch für Lösungen, die nur in speziellen Branchen anzutreffen sind, etwa in Krankenhäusern und Universitäten.
Allerdings konzentriert sich das Unternehmen stark auf den nordamerikanischen Markt. Zwar ist Hyland auch in Deutschland (Berlin) mit einer Niederlassung vertreten, das Unternehmen muss sich aber den europäischen Markt noch besser als bislang erschließen. Dies umso mehr, als die Entscheidung für eine ECM- beziehungsweise Content-Services-Plattform für den Nutzer strategischen Charakter hat.
M-Files:  Unter dem Begriff Intelligentes Informationsmanagement vermarktet das finnische Unternehmen M-Files seine Software. Die Lösung setzt auf der Ebene oberhalb von Datenquellen an, bei den Meta-Daten. Damit Nutzer die gesuchten und für sie relevanten Informationen erhalten, werden die Daten klassifiziert. Frameworks stellen sicher, dass diese Informationen auf unterschiedlichen Systemen, Endgeräten und Applikationsplattformen zugänglich sind.
„So entsteht nicht nur ein einheitlicher Zugriff, sondern die Inhalte in den Silos werden auch für moderne Services wie automatische Klassifizierung oder die feingranulare Steuerung der Zugriffsrechte erschlossen“, sagt M-Files-Manager Dirk Treue. Dadurch sei es für die Nutzer zweitrangig, in welchem Informationssilo ein Dokument gespeichert ist. „Man findet und nutzt es einfach. Die Silos können dabei zunächst unverändert weitergenutzt oder später auch abgelöst werden“, so Treue weiter.
M-Files bietet seine Lösung für die Installation im eigenen Rechenzentrum und als Cloud-Service an. Mit von der Partie sind Funktionen für den Austausch von Dateien (Enterprise File Sync & Share).
Nach Einschätzung von Gartner und Forrester ist die Software einfach zu implementieren. Das macht sie auch für kleine und mittelständische Unternehmen interessant, die eine pflegeleichte Content-Services-Plattform suchen. Allerdings gebe es Limitierungen bezüglich der Zahl der Objekte, die gespeichert werden können.
OpenText: Durch die Übernahme von Documentum hat der kanadische Anbieter OpenText 2017 seine Marktposition ausgebaut. Daher verfügt er über zwei Content-Services-Lösungen: Documentum und die OpenText Content Suite. Beide Angebote stehen auch als Managed-Hosted-Service und als SaaS über die Cloud-Plattformen von Amazon Web Services und Microsoft zur Verfügung. Der Funktionsumfang ist reichhaltig. Nutzer können beispielsweise auf ein Dokumenten- und Records-Management zurückgreifen, außerdem auf eine Workflow-Engine.
Zu den Stärken zählen Schnittstellen zu Geschäftsanwendungen führender Anbieter, etwa SAP SuccessFactors und Salesforce.com. Durch die Anbindung an Box stehen zudem Enterprise-Filesharing-Funktionen bereit. Allerdings, so Gartner, kann die Implementierung von OpenText-Lösungen aufwendig sein. Dies schlägt sich bei komplexeren Projekten möglicherweise in einer längeren Vorlaufzeit als bei anderen Anbietern nieder.
SER:  Die SER Group mit Hauptsitz in Bonn stellt Forrester zufolge mit Doxis4 eine solide Lösung für das Erfassen, Verwalten und Archivieren von Inhalten bereit. Aus einem Baukasten von Modulen können Nutzer die gewünschten Funktionen auswählen. Zu den Vorteilen zählt der hohe Integrationsgrad dieser Komponenten.
Gartner wiederum erwähnt als weitere positive Faktoren die Collaboration-Funktionen und die Federated Search. Sie ermöglicht es, verteilte und heterogene Datensätze zu durchsuchen und die Ergebnisse in einer einheitlichen Ergebnisliste zusammenzufassen.
SER setzt Technologien wie Machine Learning ein, um Content und die entsprechenden Meta-Daten zu analysieren und nach Klassen zu sortieren. Bewertungen von Doxis4-Nutzern in Online-Foren und auf Bewertungsportalen zufolge weisen die Funktionen eine hohe Qualität auf. Gleiches gilt für die Suche und die Verwaltung von Dokumenten. Als Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union berücksichtigt SER, ebenso wie DocuWare und M-Files, in besonderem Maß die Vorgaben der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSVGO). Das ist für Unternehmen wichtig, die im EU-Rechtsraum aktiv sind.
Nach Informationen von Gartner können Anpassungen und die Integration von vorhandenen Anwendungen und Plattformen bei Doxis4 einen höheren Aufwand nach sich ziehen. In solchen Fällen ist es hilfreich, wenn ein Anwender­unternehmen in einer Region angesiedelt ist, in der Service-Teams von SER verfügbar sind und Hilfestellung geben können.  
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