Die prekäre Zukunft der digitalen Identität

Digitale Identität in Europa

von - 16.03.2021
Während Länder in Afrika, Südamerika und Asien noch mit der Einführung hoheitlicher elektronischer Identitäten kämpfen, ist die digitale Identität in Deutschland längst Alltag. Das Problem ist nur: Die Bevölkerung ignoriert sie. „Der Personalausweis bietet seit mehr als zehn Jahren eine sichere Online-Authentifizierungsfunktion, die aber so gut wie gar nicht genutzt wird“, sagt Cornelia Schildt vom eco-Verband. Das ist kein Wunder, denn die Nutzung ist sowohl für Anwender als auch für Anbieter bislang wenig attraktiv. Der Anwender benötigt ein Kartenlesegerät oder ein NFC-fähiges Smartphone, muss die eID-Funktion aktivieren, einen eID-Client installieren und vor allem seine sechsstellige persönliche PIN kennen. Der Anbieter eines Online-Dienstes benötigt im Regelfall ein kostenpflichtiges „Berechtigungszertifikat“ und einen eID-Server oder einen entsprechenden eID-Service.„Wir müssen dahin kommen, dass die guten Techniken, die wir schon haben, für den Anwender besser nutzbar gemacht werden“, fordert Schildt.
Welche Voraussetzungen für die rasche Verbreitung einer technologischen Innovation erfüllt sein müssen, sei durch die „Diffusionstheorie“ seit vielen Jahren bekannt, sagt eco-Sicherheitsexperte Hühnlein. „Es ist offensichtlich, dass eine Innovation dem potenziellen Nutzer zunächst bekannt sein muss, bevor er sich mit dieser auseinandersetzen und sie annehmen oder ablehnen kann.“ Damit Bürger und Dienste­anbieter sie annehmen, müsse sie im Vergleich zu verfügbaren Alternativen außerdem einen möglichst großen relativen Vorteil bieten, eine eher geringe Komplexität aufweisen und vor allem problemlos funktionieren, so Hühnlein weiter.
„Leider hat man diese wohlbekannten Erkenntnisse über die Mechanismen des Marktes bei der Einführung des Personalausweises vor zehn Jahren komplett ignoriert.“ So sei beispielsweise erst sieben Jahre nach der Einführung die eID-Funktion standardmäßig aktiviert worden, am staatlichen Ausweis im Smartphone sowie dem Aufbau eines umfassenden Ökosystems für die digitale Identität werde in Deutschland erst jetzt gearbeitet. „Die Erkenntnis, dass sich eine tolle Technologie nicht von alleine behauptet und nicht überall das höchste Sicherheitsniveau, aber immer eine positive ‚User Experience‘ notwendig ist, setzt sich im Bereich der digitalen Identität erst langsam durch“, moniert eco-Experte Hühnlein.
Zu den Versuchen, den elektronischen Personalausweis attraktiver zu machen, gehört auch der Dienst „SkIDentity“. Er leitet aus der eID im elektronischen Ausweisdokument geschützte „Cloud-Identitäten“ ab, die auf ein Smartphone übertragen und so mobil genutzt werden können. Die Inte­gration der eID in eigene Dienste soll dadurch sehr viel einfacher und komfortabler erfolgen als bisher.

Projekt

Basiert auf

Hauptsächlich beteiligte Unternehmen und Organisationen

Beschreibung

DFN-AAI

Shibboleth

Deutsches Forschungsnetz, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Authentifizierungs- und Autorisierungsdienst für wissenschaftliche Einrichtungen

eduGAIN

SAML

Géant Network

Authentifizierungs- und Autorisierungsdienst für Studenten und Wissenschaftler

European netID Foundation

OpenID Connect

Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1, United Internet

Zentraler netID-Account mit Privacy Center zur Verwaltung der Berechtigung

ID4me

OpenID Connect, Domain Name System (DNS)

Open-Xchange, 1&1 Ionos, Sprind, Denic, Digicert

Föderiertes, verteiltes Modell mit drei Rollen: Identity Authority (Authentifizierungsinstanz), Identity Agent (Identitätsverwaltung), Login-Partner (Anbieter, etwa Webseitenbetreiber)

MOBILE-X

eCard-API-Framework

wie SHIELD

Open-Source-Anwendung für Android und iOS, um sichere Identitäten wie den Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion leichter in mobilen Anwendungen nutzbar zu machen

re:claim identity

OpenID Connect, GNU Name System (GNS)

Fraunhofer AISEC, NGI_Trust Framework, GNUnet

Dezentralisierte ID-Verwaltung auf Basis des Peer-to-Peer-Frameworks GNUnet; Identitätsattribute werden verschlüsselt über einen Access Control Layer ausgetauscht; der Nutzer behält die volle Kontrolle, welche Informationen er wem zur Verfügung stellt

SHIELD

eIDAS- Vertrauenssystem

Dataport, Datev, ecsec, Fraunhofer IAO, Fraunhofer FOKUS, Finanzministerium Sachsen-Anhalt

Ökosystem für sichere digitale Identitäten

SKIDentity

SAML, SkiDentity Cloud Connector

ecsec GmbH, ENX Association, Fraunhofer IAO, IGD

SKIDentity ermöglicht die Nutzung der eID-Funktion in mobilen und Cloud-Umgebungen

Verimi

OpenID Connect

Allianz, Axel Springer, Bundesdruckerei, Daimler, Deutsche Bahn, Deutsche Bank, Deutsche Telekom, Giesecke & Devrient, Lufthansa, Samsung, Volkswagen

Single Sign-on mit optionaler Zweifaktor-Authentifizierung; unterstützt auch die eID-Funktion des Personalausweises

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