Wandel bei den Infrastruktur-Herstellern

IBM - Abschied vom Mainframe-Geschäft?

von - 19.02.2016
IBM hatte bereits unter CEO Lou Gerstner – von 1993 bis 2002 – einen Richtungswechsel vorgenommen, der auf einer Gesamtstrategie beruhte, mit der die verschiedenen IT-Abteilungen in einem Konzern zusammenarbeiten und die Produkte als aufeinander abgestimmte Lösungen auf den Markt bringen sollten. Eine Aufspaltung in mehrere Firmen, wie noch sein Vorgänger empfohlen hatte, wurde verworfen. Der Gesamtkonzern sollte „alles aus einer Hand“ bieten und von PCs über Drucker bis hin zu Mainframes, Software und diversen Dienstleistungen alles liefern können. Was nicht den hohen Profit­erwartungen entsprach, wurde allerdings aus diesem Konzept aussortiert und stand oft zum Verkauf, darunter die Mittelstands-Server AS/400, glo­bale Netzwerkstrukturen, Chip- und Festplattenproduktion, Drucker, Router, Switches, PCs, Notebooks und schließlich die x86-Server.
Virginia M. Rometty
Virginia M. Rometty
CEO von IBM
www.ibm.com
„IBM muss beim Hardware-Geschäft einen Shift hin zu neuen Business-Möglichkeiten vollziehen. Das bedeutet aber nicht, dass wir aus dem Hardware-Geschäft aussteigen werden.“
Über die Gewinnraten, die Konzernspitze und Anleger erwarten, dringt nur wenig nach draußen – 15 bis 25 Prozent sollen als Minimum gelten, bei Mainframes tippen Insider auf 40 bis 50 Prozent. Dieses knallharte Prinzip impliziert nicht die komplette Abtrennung von Hardware-Sparten – solange sie laufen oder hohe Erwartungen herrschen, wird auch eingekauft, zum Beispiel bei Storage (XIV, Stor­wize, Texas Memory, Cleversafe) oder Cloud (SoftLayer). Marktbeobachter wären aber nicht überrascht, wenn doch wieder ein ganzer Bereich abgestoßen würde. So geben Insider dem Unternehmensbereich Mainframes noch vier Jahre.
Der tiefere Grund für die willkürlich erscheinenden Entscheidungen des Konzerns könnte in einer neuen Phase der IT liegen. Analysten von IDC gehen davon aus, dass Hersteller und Anwender heute mit der „dritten Plattform“ konfrontiert sind. Carla Arend, Program Director Storage & Cloud bei IDC Europe, beschreibt die neue Situation: „Ein Plattformwechsel passiert nur ungefähr alle 25 Jahre – auf die Mainframe-Ära folgte die Client-Server-Plattform, die bereits durch eine stärkere Internetnutzung geprägt war, während wir jetzt einen neuen Paradigmenwechsel zur ‚dritten Plattform‘ sehen. Die treibenden Kräfte sind jetzt Trends wie Cloud-Computing, Big Data/Analytics, Mobile Computing und Social Media.“
Diese Trends haben sich laut Arend auf alle Ebenen der IT-Stacks wie Server und Applikationen ausgewirkt. Auf dem Datacenter-Briefing „Transform for Success in the Next Decade” im November sprach IDC davon, dass man sich nun in der Innovationsphase der dritten Plattform befinde. Dies zeige sich an neuen technologischen Entwicklungen wie Robotics, Natural Interfaces, 3D Printing, Internet of Things, Cognitive Systems und Next Gen Security. Die IT-Ausgaben der europäischen Unternehmen beziehen sich erst zu 29 Prozent auf diese neue Plattform. Diese 29 Prozent generieren aber bereits 89 Prozent ihres Wachstums.
Verwandte Themen