VR und AR fassen im Business Fuß

Im Gespräch mit Inken Kuhlmann, Senior Manager Marketing bei Hubspot

von - 11.06.2018
Inken Kuhlmann
Inken Kuhlmann: Senior Manager Marketing bei Hubspot
(Quelle: Hubspot )
Virtual Reality und Augmented Reality können für Unternehmen von Nutzen sein, um sich von Mitbewerbern zu differenzieren, findet Inken Kuhlmann. Die Marketing-Expertin ist bei Hubspot tätig, Anbieter einer Plattform für Inbound-Marketing, Sales, CRM und Kundenservice. Allerdings, so fordert Kuhlmann, müssen Unternehmen zuvor ihre Hausaufgaben machen, das heißt in erster Linie: Einsatzszenarien erarbeiten.
com! professional: Wie schätzen Sie das Potenzial von AR und VR ein?
Inken Kuhlmann: Momentan besetzt die Unterhaltungsindustrie Augmented und Virtual Rea­lity sehr stark, dabei gibt es auch für Marketing und Vertrieb viele Einsatzgebiete. Beide Technologien eignen sich besonders dafür, komplexe oder abstrakte Abläufe und Produkte anschaulich darzustellen.
Für die User Experience halten Augmented und Virtual Reality daher ein großes Potenzial bereit. So können Marketingfachleute und Vertriebler visuelle Erlebnisse und bleibende Eindrücke schaffen, die den entscheidenden Ausschlag für ihr Produkt geben können.
com! professional: In welchen Anwendungsbereichen und Branchen können Unternehmen AR/VR in besonderem Maße einsetzen?
Kuhlmann: Augmented und Virtual Reality kommen für zahlreiche Branchen und Anwendungsszenarien infrage – sowohl für die Nutzung zu Hause auf der Couch als auch am Verkaufsort oder bei Messen und Veranstaltungen.
Im Bereich Industrie und Technologie könnten Unternehmen etwa dazu einladen, neue Maschinen oder Prototypen zu erkunden oder mit Hilfe eines VR-Videos in komplexe Produktionsabläufe einzutauchen. Händler können Kunden ermöglichen, Anschaffungen vor dem Kauf virtuell zu testen.
com! professional: Können Sie Beispiele nennen?
Kuhlmann: Der Einrichtungskonzern Ikea bietet zum Beispiel mit der App IKEA Place seinen Kunden an, Möbelstücke im eigenen Zuhause mit Hilfe einer AR-Lösung zu platzieren und sich so einen Eindruck von der Wirkung im Raum zu verschaffen.
Aber auch abseits des konkreten produkt­bezogenen Einsatzes können Unternehmen kreativ werden: Der amerikanische Baumarkt Lowe’s hat ein VR-Training für Hobby-Hand­werker entwickelt, in dem gezielt bestimmte Abläufe und Bewegungen geübt werden.
Das Erstaunliche: Die Kunden, die das VR-Training absolviert hatten, konnten sich deutlich besser an die Arbeitsschritte erinnern als diejenigen, die nur ein übliches How-to-Video gesehen hatten. Dies ist ein Beispiel dafür, wie AR und VR einen Mehrwert für Kunden gene­rieren können und auf diese Weise die Kundenbindung stärken.
com! professional: Den größten Nutzen für VR- und AR-Anwendungen sieht der Digitalverband Bitkom im Tourismus. Teilen Sie diese Einschätzung?
Kuhlmann: Natürlich können auch Reiseveranstalter diese Technologien nutzen, damit Kunden, Urlaubsorte oder Hotelanlagen entdecken können. Einige Museen zeigen bereits, wie AR und VR dem Besuchererlebnis eine neue Qualität einhauchen können. So können AR-Lösungen Hintergrundinformationen per App auf das Smartphone bringen.
Das Städel-Museum in Frankfurt geht sogar noch einen Schritt weiter und bietet auch Führungen durch die Ausstellungsräume des Jahres 1878 mit einer VR-Brille an.
com! professional: Wie hoch ist die Akzeptanz der VR- und AR-Technologien bei Endanwendern und Unternehmen?
Kuhlmann: In unserer Studie „Hype versus Realität: Welche neuen Technologien Verbraucher wirklich wollen“ haben wir herausgefunden, dass 15 Prozent der Konsumenten bereits eine AR-App ausprobiert haben und weitere 6 Prozent dies in Zukunft tun möchten. VR-Headsets haben schon 10 Prozent der Umfrageteilnehmer getestet und weitere 14 Prozent beabsichtigen dies. Das Interesse und die Akzeptanz dieser Technologien steigen bei Verbrauchern also zusehends.
com! professional: Und wie sieht das im B2B-Bereich aus?
Kuhlmann: Unternehmen müssen sich die Sinnhaftigkeit von AR-/VR-Apps und -Videos häufig erst noch erschließen. Es geht nicht darum, Augmented und Virtual Reality um ihrer selbst willen einzusetzen. Vielmehr gilt es in jedem Fall, ein konkretes Einsatzszenario zu entwickeln, das einen Mehrwert bietet, der ohne diese noch recht kostspielige Technologie nicht zu erzielen wäre. Hier sehen wir großes Potenzial bei vielen Unternehmen, die heute noch zögerlich sind.
com! professional: In Deutschland bilden vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen das Rückgrat der Wirtschaft. Wie können diese AR und VR einsetzen?
Kuhlmann: Im Prinzip gibt es keinen Unterschied zu großen Unternehmen. Es ist wahrscheinlich, dass wir bei AR/VR einen ähnlichen Wandel erleben werden wie bei Videoinhalten. Noch liegen die Produktionskosten für AR-/VR-Videos in der Regel deutlich höher als bei Standard-Video-Content. Deswegen muss der Nutzen bei einem begrenzten Marketing-Budget genau ab­gewogen werden. Aber wenn man ein geeignetes Szenario entwickelt, bei dem Augmented und Virtual Reality einen Mehrwert bieten, kann sich die Investition durchaus lohnen. Gerade im Mittelstand und auch in der B2B-Kommunikation kann man sich mit einem gut durchdachten AR-/VR-Video heutzutage signifikant von seinen Wettbewerbern abheben.
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