VR und AR fassen im Business Fuß

Maschinen mit Gedanken steuern

von - 11.06.2018
VR Neurable Controller
Gedanken-Steuerung: Die US-Firma Neurable hat eine Headset mit Brain-Computer-Interface für die VR-Brille Vive von HTC entwickelt.
(Quelle: Neurable)
Noch weiter als Anbieter von Virtual- und Augmented-Reality-Lösungen gehen IT-Unternehmen wie Neurable und Rythm, aber auch Automobilfirmen wie Nissan. Sie arbeiten an Konzepten, um Computer, Spielekonsolen oder Autos durch die Übermittlung von Gedanken zu steuern. Das hat nichts mit Zauberei zu tun. Vielmehr kommuniziert das menschliche Gehirn dabei über ein Brain-Computer-Interface (BCI) mit Sensoren und Rechnern in der realen Welt. Nissan arbeitet beispielsweise an einem Konzept namens Brain to Vehicle (B2V). Damit können die Reaktionszeiten des Fahrers um 0,2 bis 0,5 Sekunden verkürzt werden. Eine auf dem Kopf des Fahrers platzierte Vorrichtung misst die Gehirnströme, die anschließend von autonomen Systemen ausgewertet werden. Die Technik kann Bewegungen wie das Steuern des Lenkrads oder Bremsvorgänge vorhersehen. Intelligente Assistenten setzen diese Aktionen schneller in die Realität um, also beispielsweise in eine Lenkbewegung.
Das US-amerikanische Start-up-Unternehmen Neurable aus Boston wiederum hat bereits ein BCI-Headset entwickelt. Anhand eines Breakout-Spiels können Interessenten die Technik testen: Sie müssen mit Hilfe von Gehirnwellen Bälle an die Wände eines Raumes lenken und Codezahlen in Schlösser eingeben, um sich aus einem Gefängnis zu befreien. Diese Fingerübung soll nur einen Vorgeschmack auf die Einsatzmöglichkeiten des Headsets geben – im Gaming-Bereich, aber auch bei Geschäftsanwendungen.

Fazit & Ausblick

Trotz der Hürden, die noch zu nehmen sind, ist die Akzeptanz von Virtual, Augmented und Mixed Reality in Deutschland gut: „Von großen Unternehmen wie Daimler oder der Deutschen Bahn über ‚Hidden Giants‘ wie Palfinger bis hin zu innovativen Start-ups wie Innoactive, Hyve oder A4VR stürzen sich derzeit viele Firmen auf Virtual Reality, weil sie damit ihre Mitarbeiter effizienter schulen, Ressourcen sparen und sie für Marketingzwecke nutzen können“, erklärt Dominic Eskofier.
Diese Meinung teilt auch Filippo Rizzante. Er hat bei VR- und AR-Testprojekten in Deutschland ein interessantes Phänomen beobachtet: „Selbst wenn ein Proof of Concept noch nicht die erhofften Ergebnisse liefert, investieren die Unternehmen dennoch. Das zeigt, dass die Unternehmen in diesen Technologien generell einen echten Mehrwert erkennen.“
Während sich Anwendungen für VR, AR und MR gerade erst auf dem Markt etablieren, bahnt sich bereits der nächste Schritt an: die Steuerung von Fahrzeugen, Rechnern und Maschinen mittels Gehirnwellen. Dies lässt sich mit VR- und MR-Applikationen kombinieren. Wie alle Technologien hat auch dieser Ansatz gute und eher beängstigende Seiten. Positiv wäre sicher, wenn schwerbehinderte Menschen dadurch in der Lage wären, Kommunikationssysteme, Prothesen oder Exoskelette zu steuern. Querschnittsgelähmte Patienten könnten aktiver am Alltagsleben teilnehmen.
Andererseits warnen Datenschützer davor, dass sich Auswertungen von Hirnwellen nutzen lassen, um noch umfassendere Profile von Menschen, ihren Aktivitäten und Vorlieben zu erstellen. Auch staatliche Stellen wie Geheimdienste könnten versucht sein, sich solche Daten und Techniken zunutze zu machen.
So betonte vor Kurzem die Freiburger Rechtswissenschaftlerin Silja Vöneky im Rahmen einer Podiumsdiskussion auf der Tagung re:publica in Berlin, dass es sich bei Elektroenzephalogrammen (EEGs) um hochsensible Daten handle. Doch wenn ein Mensch diese einem Unternehmen freiwillig zur Verfügung stelle, etwa einem Anbieter von VR-Computerspielen oder Fahrzeugen mit einem „Brain-Interface“, sei das seine Privatsache.
Wie bei vielen Dingen kommt es somit darauf an, wie der Nutzer Technologien wie VR, AR und MR einsetzt.
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