Verschiedene Wege führen mit SAP in die Cloud

Breites Cloud-Portfolio

von - 22.04.2021
Rise with SAP
Business Transformation as a Service: Mit dem Cloud-Paket „RISE with SAP“ will SAP seine Kunden bei der Optimierung von Geschäftsprozessen und dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle unterstützen.
(Quelle: SAP)
Das Portfolio von SAP in der Cloud ist inzwischen so umfangreich, dass es schwerfällt, den Überblick zu behalten. Außer den Lösungen wie SAP S/4HANA als zen­trales ERP, SAP Ariba als Einkaufsplattform, SAP C/4HANA für die Customer Experience und SAP SuccessFactors für das Personalmanagement gibt es auch Spezial-Clouds wie etwa die SAP Analytics Cloud, SAP HANA Cloud oder die SAP Data Warehouse Cloud.
Neben der eigenen SAP-Cloud können Kunden ihre SAP-Lösung auch in den Clouds der Hyperscaler Microsoft, Amazon, Google oder Alibaba sowie bei kleineren lokalen Cloud-Providern betreiben. Die Implementierung erfolgt überwiegend über die zertifizierten SAP-Partner aus dem umfangreichen Ökosystem. Um die Migration in die Cloud zu vereinfachen und zu beschleunigen, bietet SAP rund 1500 vorkonfigurierte Pakete mit Standard-Prozessen, Best-Practice-Content sowie Lösungen zur Integration mit anderen Systemen.
Ende Januar hat die Software-Schmiede mit „RISE with SAP“ ein kommerzielles Paket vorgestellt, bestehend aus Cloud-Lösungen und Services, das Kunden bei ihrer digitalen Transformation unterstützen soll. Voraussetzung ist der Umstieg oder die Neueinführung von S/4HANA. Um die Komplexität von Verträgen zu reduzieren, bündelt SAP unter dem Slogan „One Subscription, One Price, One Contract“ Software, Services und Tools, um den Weg in die Cloud und zu effizienteren Prozessen zu vereinfachen - für Bestandskunden und für Neukunden aus allen Branchen und in jeder Größe. RISE with SAP besteht aus den folgenden Komponenten: S/4HANA Cloud, Business Process Intelligence, SAP Business Network, SAP Business Technology Platform (BTP), Cloud-Infrastruktur-Services sowie Tools für die Migration. Stand Ende 2020 setzen über 130 Pilotkunden die Lösung ein.
Der Anspruch von RISE with SAP geht weit über eine rein technische Migration hinaus. Der Konzern will damit „Business Transformation as a Service“ anbieten mit Fokus auf der Optimierung von Geschäftsprozessen und dem Aufbau neuer Geschäftsmodelle. So können Kunden mit der zentralen Komponente Business Process Intelligence kontinuierlich analysieren, wie Prozesse funktionieren, sie mit Branchenstandards vergleichen, den Automatisierungsgrad erhöhen und einfach an neue Voraussetzungen und Geschäftsanforderungen anpassen. Um sich hier weiter zu verstärken, hat SAP kürzlich auch das Berliner Start-up Signavio übernommen.

Gemischte Resonanz

Eine wichtige Rolle bei RISE with SAP spielen Beratungspartner wie Accenture, Deloitte, PwC oder auch die All for One Group. Thorsten Wilcke, Head of Cloud ERP bei der All for One Group, kommentiert die unlängst vorgestellte strategische Ini­tiative von SAP so: „Mit RISE with SAP erhält die Cloud-first-Strategie von SAP deutlich Rückenwind. Das hilft uns als SAP-Partner genauso wie unseren 2500 Stammkunden, die wir mit dem gesamten SAP-Portfolio auf ihrem Weg in die digitale Zukunft aus der Cloud begleiten wollen. Für unsere Neukunden mit Präferenz für die Public Cloud dürfte bei RISE with SAP vor allem der Suite-in-the-Box-Ansatz im Vordergrund stehen. End-to-End-Prozesse lassen sich so für diese Unternehmen besonders durchgängig, schnell und effizient einrichten.“
Während die Partner die Cloud-Strategie von SAP überwiegend begrüßen, sind die Anwender skeptischer. Bei den Technologietagen der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) gab es einige Vorbehalte gegen die Cloud, etwa wegen des Datenschutzes oder einer befürchteten höheren Komplexität bei der Kombination verschiedener (Cloud-)Lösungen. Zudem sei die Migration kein reines IT-Projekt, sondern die neue Plattform müsse auch wirtschaftliche Vorteile bieten, hieß es. Verschiedene Redner gaben zu bedenken, dass der Reifegrad der lokal installierten Technologie aktuell (noch) höher sei als in der Cloud und Firmen ihre SAP-Systeme durch Eigenentwicklung und die Integration mit Fremdapplikationen differenzierten. Dies müsste sich auch in der Cloud realisieren lassen, so der Tenor der DSAG-Veranstaltung.
Mario Zillmann
Mario Zillmann
Partner bei Lünendonk & Hossenfelder
www.luenendonk.de
Foto: Lünendonk & Hossenfelder
„Durch die Migration von SAP in die Cloud können Firmen den Code aufräumen und die Customizing-Exzesse mit verschiedenen individualisierten Versionen abschaffen. Sie haben die Chance, ihre Prozesse zu standardisieren und zu optimieren.“

Komplexe Landschaften

Die meisten SAP-Anwender starten natürlich nicht auf der grünen Wiese. Die SAP-Landschaften sind in vielen Firmen sehr heterogen. Sie bestehen in der Regel aus mehreren SAP-Systemen und -Instanzen mit unterschiedlichen Release-Ständen, sehr vielen Eigenentwicklungen und über die Jahre gewachsenen komplexen Prozess- und Datenstrukturen. Angesichts dieser komplizierten Lage scheuten viele Unternehmen bislang die Umstellung ihres SAP-ERPs auf S/4HANA. Das zeigte die Ende 2019 veröffentlichte Studie „Mit S/4HANA in die digitale Zukunft“ von Lünendonk & Hossenfelder. Damals befanden sich 52 Prozent der befragten Unternehmen erst in der Business-Case-Erstellung für die SAP-Transformation. Die Zahl der Umstellungen hat sich bis heute erhöht, die hohen Werte belegen aber das Zögern vieler Unternehmen angesichts der Herausforderungen der Migration – obwohl das Ende des SAP-Supports für SAP R/3 und SAP ECC naht.
„Mit dem fixen Ende der Wartung für die bisherigen ERP-Produkte treibt SAP seine Kunden vertrieblich aktiv zum Kauf des Nachfolgeprodukts S/4HANA. Es bleibt ihnen kaum eine andere Wahl, als der SAP-Strategie zu folgen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich SAP-Anwender für einen anderen ERP-Anbieter entscheiden, weil die Kosten für einen kompletten Technologiewechsel wohl sogar vielerorts noch höher sein werden als bei der S/4HANA-Umstellung“, sagt Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk & Hossenfelder. Beim Betriebsmodell von S4/HANA stellt er einen klaren Trend in Richtung Cloud beziehungsweise Hybrid-Cloud fest, auch bei Themen wie Supply Chain und Marketing. Die Bereitstellung erfolgt laut Zillmann meist über die Hyperscaler Amazon, Google und Microsoft, weniger über die eigene SAP-Cloud. „Letztere könnte aber vor allem für mittelständische Unternehmen noch attraktiver werden, weil sich durch die Nutzung von bereits vorkonfigurierten Prozessen der Umstellungsaufwand reduzieren lässt“, so Mario Zillmann.
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