Intelligent und mit Strategie

Wenn Unternehmen zum Selbstläufer werden

von - 06.11.2020
Automation
Foto: Alexander Supertramp / shutterstock.com
Durchgängige Automatisierung soll schnellere Prozesse und neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Einige Hürden müssen jedoch noch beseitigt werden.
Nach Ansicht des Marktforschungsunternehmens Gartner ist sie einer der wichtigsten Technologietrends im Jahr 2020: Hyperautomation. „Alles, was automatisiert werden kann, wird auch automatisiert werden“, sagt Distinguished VP Analyst David W. Cearley. Damit aber nicht genug: Automatisierung soll auch intelligenter und strategischer werden. „Der Schwachpunkt vieler bisheriger Automatisierungsprojekte liegt darin, dass nur taktisch einzelne Aufgaben automatisiert wurden“, konstatiert Gerrit de Veer, SVP Sales MEE bei Signavio, einem Unternehmen, das mit der Business Transformation Suite ein cloudbasiertes BPM-System (Business Process Management) anbietet. „Bei der Hyperautomatisierung werden dagegen Prozesse durchgängig Ende-zu-Ende automatisiert - unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning.“
Der Trend wird nicht nur von Gartner erkannt. Bei Forrester Research heißt er „Digital Process Automation“, IDC nennt ihn „Intelligent Process Automation“. „Die Lösung, die hinter der jeweiligen Bezeichnung steht, ist jedoch dieselbe“, sagt Dirk Pohla, Regional Vice President bei Appian, Anbieter einer Low-Code-Automatisierungsplattform.
Dirk Pohla
Dirk Pohla
Regional Vice President bei Appian
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„Firmen müssen entscheiden, wo ihnen eine intelligente Automatisierung die größten Effizienzen und Wettbewerbsvorteile bietet.“
Viele Firmenlenker sehen das ähnlich, wie eine von Forbes Insights im Auftrag des Automatisierungsspezialisten Kofax durchgeführte Umfrage unter mehr als 300 Führungskräften großer Unternehmen zeigt. Demnach möchten 23 Prozent ihre Prozesse vollständig automatisieren, bisher gelingt dies nur 9 Prozent. „Hyperautomation ist die nächste Phase der digitalen Transformation für Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben wollen“, so Mark Sturzenegger, Regional Sales Director DACH beim Anbieter Automation Anywhere.

Mehr als RPA

Die Automatisierung regelbasierter Prozesse durch Robotics Process Automation (RPA) ist in Unternehmen mittlerweile weit verbreitet. Laut einer Studie des Marktforschungsunternehmens IDC aus dem vergangenen Jahr nutzt fast die Hälfte der Unternehmen bereits Software-Roboter, um repetitive Aufgaben erledigen zu lassen. Deloitte schätzt den weltweiten Anteil sogar auf 72 Prozent. Nach Anfangserfolgen tritt in vielen Fällen allerdings oft Ernüchterung ein. „Wenn RPA nicht strategisch eingesetzt wird, sondern nur taktisch, um einzelne Aufgaben zu erledigen, kommen Unternehmen schnell an Grenzen“, sagt Gerrit de Veer. Skriptbasierte Roboter sind darüber hinaus sehr pflegeaufwendig. Wird eine Applikation aktualisiert oder durch eine andere ersetzt, müssen alle Automatisierungsskripte, die darauf zugreifen, angepasst werden. Änderungen in Formularfeldern oder der Reihenfolge von Eingaben ziehen ebenfalls hohe Wartungsaufwände nach sich.
Hersteller von Automationslösungen und -plattformen bieten deshalb schon seit geraumer Zeit unter Begriffen wie „Cognitive RPA“, „Intelligent Automation“ oder „Kognitive Automatisierung“ Lösungen an, die RPA mit Hilfe von Machine Learning und KI flexibler, anpassungsfähiger und wartungsfreundlicher machen sollen. Hyperautomation geht allerdings noch einen Schritt weiter, sagt Milad Safar, Managing Partner der Weissenberg Group, die Unternehmen unter anderem bei der Einführung von Automatisierungslösungen berät: „Hyperautomation ist mehr als nur die Automatisierung einzelner Prozesse und reiner Routineaufgaben. Sie geht über RPA und Intelligent Automation hinaus, indem sie komplementäre Technologien kombiniert, um die Geschäftsprozesse zu erweitern und um die Automatisierung mit taktischen und strategischen Zielen zu skalieren.“
Zu den Komponenten einer Hyperautomatisierung gehören laut Safar das Entdecken und Analysieren von Prozessen ebenso wie das Bewerten, Messen und Überwachen der Automatisierungsleistung. „Hyperautomation automatisiert Prozesse nicht nur, sondern macht sie auch intelligenter“, erklärt der Experte. Für Appian-Manager Pohla besteht das Hyperautomation-Gesamtpaket aus RPA, Process Management, KI, einer Rules Engine, einer iBPMS (Intelligent Business Process Management Software) sowie Case Management: „Hyperautomatisierung kombiniert die richtigen Technologien, um Arbeitsabläufe und Prozesse im gesamten Unternehmen zu automatisieren, zu vereinfachen, zu entdecken, zu entwerfen, zu messen und zu verwalten“, so Pohla.
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