UCC mit dem WebRTC-Standard

WebRTC vs. klassische Telefonie

von - 19.03.2019
David Welzmiller von Estos sieht Beratungsgespräche über Video als ein zentrales Element bei der Einführung der Kommunikation über den Browser. Er hebt vor allem die Bereiche Vertrieb, Finanzen, Personalwesen, Behörden und auch die Telemedizin als wichtigste Kundengruppen hervor. „Die Authentifizierung, die durch das Gespräch per Video möglich wird, ist für die unterschiedlichen Branchen von großem Vorteil“, sagt er.
Chat, Audio- und Videokonferenzen, Desktop-Sharing, Team-Messaging - das sind die Applikationen, die mittlerweile eine ganze Reihe von UC-Anbietern mit Hilfe von WebRTC realisieren. Einige haben auch Widgets entwickelt, die auf Unternehmenswebseiten eingebunden werden können. Kunden können direkt über diese Widgets mit den Mitarbeitern in Kontakt treten - ebenfalls per Audio- oder Videokonferenz oder Chat (siehe Tabelle auf Seite 80). Weitere Einsatzszenarien werden sicherlich folgen, der Fantasie sind letztlich kaum Grenzen gesetzt.
Doch ist WebRTC damit auf dem besten Weg, die traditionellen Telefon- und Unified-Communications-Systeme überflüssig zu machen? Frédéric Oster, Country Manager DACH bei Wildix, ist davon überzeugt: „Das gute alte Telefon hat ausgedient, die klassische Telefonie wird langfristig verschwinden.“ WebRTC führe zu einem gewaltigen Qualitätssprung in der Kommunikation. Bisher werde der Innovationsschub lediglich durch teilweise noch fehlende Infrastrukturmaßnahmen eingebremst. „Es ist allerdings nur eine Frage der Zeit, bis mittelfristig im Infrastrukturbereich nachgebessert und erneuert wird“, sagt er.
Frédéric Oster
Frédéric Oster
Country-Manager DACH bei Wildix
www.wildix.com/de
Foto: Wildix
„Die klassische Telefonie wird langfristig verschwinden.“
Christoph Wichmann, Geschäftsführer von Voiceworks, teilt diese Meinung nur bedingt. „WebRTC kann weder professionelle Konferenzplattformen noch traditionelle Telefonie vollständig ersetzen, da es nicht den Funktionsumfang dieser Systeme abbildet.“ Im Mittelstandssektor aber könne es auch als kompletter Ersatz dienen, da hier die spezifischen Merkmale hochprofessioneller Systeme meist nicht gefordert würden, erklärt er. Auch Philipp Truckenmüller von Innovaphone geht davon aus, dass WebRTC zum Teil andere Systeme substituieren könnte - etwa bei Videokonferenzen. „Kein teures Equipment, einfache Einbindung interner und externer Teilnehmer und Zuschaltung per Mausklick“, zählt er die Vorteile auf.
Aber auch er schränkt ein, dass die Kommunikation über den Browser nicht den kompletten Leistungsumfang „professioneller“ Konferenzsysteme bieten könne. Thomas Weiß, Geschäftsführer von Teamfon, gibt indes zu bedenken, dass eine dauerhafte Erreichbarkeit, auch bei geschlossenem Browser, nicht immer möglich sei. „Vor allem der immer stärkere Markt der Apps auf dem Smartphone bietet keine gute Hintergrunderreichbarkeit“, erklärt er. Und er berichtet auch über mangelnde Akzeptanz der Anwender. „Derzeit gibt es unserer Erfahrung nach noch viele Vorbehalte gegenüber der Kommunikation über den Browser, wenn auch ­Interesse für neue Anwendungen wie Videokonferenzen und Web-Collaboration besteht.“
Christoph Wichmann von Voiceworks widerspricht in diesem Punkt: „Unsere WebRTC-basierten Services werden von unseren Wholesale-Partnern und deren Endkunden sehr gut angenommen und genutzt“, sagt er. Sie schätzten in erster Linie die einfache Nutzung.
Frédéric Oster sieht durchaus Vorbehalte gegenüber der Kommunikation über den Browser, er führt diese aber vor allem auf Unwissenheit oder Halbwissen zurück, „insbeson­dere wenn es sich um grundsätzlich legitime Befürchtungen im Bereich Sicherheit und Datenschutz handelt“. Er sieht daher die Hersteller in der Pflicht, Partner und Kunden aufzuklären.
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