Teamarbeit intelligent umsetzen

Im Gespräch mit Thomas Renken von Namics

von - 05.06.2020
Thomas Renken
Thomas Renken: Senior Principal Consultant bei Namics
(Quelle: Namics )
Der Diplom-Informatiker Thomas Renken ist als Senior Principal Consultant für Intranet Solutions bei der Digitalagentur Namics tätig. Er berät Unternehmen unter anderem zum Aufbau und Betrieb komplexer (Social-)Intranet- und Digital-Workplace-Szenarien. Im Interview erklärt er, wie Collaboration klappt und wie sich damit die Organisation verändert.
com! professional: Herr Renken, ist Collabora­tion eigentlich nur ein neues Modewort für Kooperation oder steckt mehr dahinter?
Thomas Renken: Collaboration ist nicht neu und auch kein Modewort. Ich bin der Meinung, dass man dafür auch nicht synonym den deutschen Begriff „Kooperation“ verwenden kann, denn dieser definiert eher die Zusammenarbeit zwischen Organisationen. Collaboration hingegen meint die nicht physische Zusammenarbeit von Personen unter Einsatz von Hilfsmitteln zur Unterstützung. Damit geht es eben nicht um die normale, zielgerichtete Zusammenarbeit an einem Ort, etwa einem Arbeitsplatz oder Meeting-Raum. Bei der Collaboration gibt es in der Regel Limitationen in Raum oder Zeit, die man versucht technisch aufzuheben.
com! professional:  Warum gewinnt das Thema in den letzten Monaten so an Fahrt - auch unabhängig von der Corona-Krise?
Renken: Das Thema Collaboration ist im Grunde schon sehr alt, aber gerade in den klassischen Industriezweigen bisher noch nicht richtig angekommen. Die Notwendigkeit war einfach nicht vorhanden. Das hat sich nun geändert. Mittlerweile besteht zum Teil großer Nachholbedarf, nicht nur bei den Tools, sondern auch bei den Skills in den Unternehmen.
Damit Collaboration-Plattformen erfolgreich sind, sind drei Voraussetzungen notwendig: die Bereitschaft der Menschen, eine ausgereifte und integrierte Technologie sowie Anwendungsfälle in der Organisation für einen regelmäßigen wie auch spontanen Einsatz. In jeder dieser drei Dimensionen - People, Technology, Organisation - hat sich über die Jahre sehr viel getan. Die Menschen sind es mittlerweile gewohnt, sogar mit den Großeltern über WhatsApp zu kommunizieren oder einen Video-Call statt das Telefon zu nutzen. Die Technologien sind im Privatleben stark verbreitet und sehr einfach zugänglich. In den Organisationen findet eine kontinuierliche Veränderung statt - ohne dass man hier gleich von digitaler Transformation sprechen muss. Tatsache ist, dass sich die Silos über die Abteilungen und Hierarchien hinweg immer weiter auflösen. Dies erfordert neue Ansätze der Zusammenarbeit, die wiederum das Bedürfnis zum Einsatz kollaborativer Lösungen wecken.
com! professional: Und welche Voraussetzungen müssen in Unternehmen gegeben sein, damit Collaboration klappt?
Renken: Der Einsatz von Collaboration-Lösungen bietet sich an, wenn die Kommunikation und Zusammenarbeit über verschiedene Bereiche, Disziplinen oder Länder gewünscht ist und dadurch die Notwendigkeit nach Remote-, also verteilter Zusammenarbeit entsteht.
Unabhängig von der Technologie braucht es eine gewisse Offenheit und Aufgeschlossenheit des Unternehmens und der Mitarbeiter gegenüber Collaboration-Tools sowie einen souveränen Umgang mit den Lösungen. Dazu gehören etwa auch gewisse Regeln in Videokonferenzen. Denn es nützt nichts, das virtuelle Meeting wie ein klassisches aufzuziehen, ohne dabei seine Besonderheiten zu berücksichtigen. Im schlimmsten Fall ist das Meeting dann weniger effizient als die persönliche Zusammenarbeit und bringt außer Kosteneinsparungen durch entfallene Reisetätigkeiten keine Vorteile.
com! professional: Welche Auswirkungen hat Collaboration auf die Organisation?
Renken: Als Teil eines Veränderungsprozesses bricht Collabora­tion in Unternehmen vorhandene Strukturen auf. Collaboration-Plattformen können einen organisatorischen Wandel entscheidend beschleunigen und unterstützen, indem sie neue Kommunikationsformen ermöglichen, das Miteinander der Mitarbeiter vereinfachen und Transparenz und Offenheit bei der Kommunikation durch das Management fördern. Der Fokus der Prozesse liegt somit auf der Steigerung der Dynamik sowie auf den Prozessschritten, die keinen festen Vorgaben folgen und daher Kreativität erfordern.
com! professional: Und wie verändern sich die Prozesse? Was muss man in Sachen Management anpassen?
Renken: Selbst vermeintlich starre Prozesse in den Unternehmen zeichnen sich oft dadurch aus, dass eine Abstimmung der Beteiligten notwendig ist. Hier können Collaboration-Lösungen bei der Kommunikation mit den Kollegen, aber auch den Kunden helfen. Insbesondere Kunden profitieren heutzutage immer mehr von vereinfachten Prozessen, zum Beispiel bei der Eröffnung eines Kontos oder einer Online-Beratung durch die Versicherung. Durch die aktuelle Pandemie werden sich eine ganze Reihe von neuen Möglichkeiten und Prozessen ergeben.
Wichtig ist, dass die Prozesse weiterhin geregelt bleiben und durch den gezielten Einsatz von unterstützenden Tools nachhaltig sind. Das bedeutet: Bisherige Prozesse müssen bewusst um die Collaboration ergänzt und durch eine technische Integration sichergestellt werden.
com! professional: Collaboration setzt aber vor allem voraus, dass die Mitarbeiter mitziehen …
Renken: Schon in der frühen Phase der Analyse und Konzeption sollten die Anwender und das Management möglichst stark eingebunden werden. Bereits hier geht es darum, die Vorteile einer Collaboration-Plattform aufzuzeigen, konkrete Anwendungsfälle zu definieren und diese mit einer durch das Management und die Mitarbeiter getragenen Vision zu etablieren. Denn um die Zusammenarbeit, die Vernetzung der Mitarbeiter und den Wissensaustausch auszubauen, müssen Unternehmen, Management und Mitarbeiter tatsächlich dafür bereit sein. Man spricht hier von der „Social Readiness“ als Bezeichnung für den Reifegrad. Aktuell sind nur sehr wenige Unternehmen so reif, dass sie das volle Potenzial solcher Plattformen ohne Probleme ausschöpfen können.
Diese Maßnahmen in der frühen Phase liefern die Grundlage für das Projekt und die fortlaufende Kommunikation. Die stetige Einbindung wichtiger Stakeholder ist auch im weiteren Verlauf des Projekts ein entscheidender Erfolgsfaktor und sollte etwa mit User Testings, „Sneak Previews“ oder anderen Kommunikationsmaßnahmen kontinuierlich erfolgen.
com! professional: Dennoch scheitern solche Collaboration-Projekte immer wieder.
Renken: Letztlich gibt es kein allgemein gültiges Erfolgsrezept zur Eta­blierung von neuen digitalen Kanälen in der internen Kommunikation und Collaboration. Die Einführung solcher Plattformen sollte immer auf den jeweiligen Kontext im Unternehmen abgestimmt sein.
Oft wird ein Scheitern nicht etwa durch ein technisches Pro­blem hervorgerufen, sondern ist primär organisatorisch und kulturell bedingt. Die eigene Beratungspraxis zeigt, dass Unternehmen dem Thema Change-Management bei der Einführung dieser Plattformen höchste Bedeutung beimessen sollten.
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