Strom sparen in Serverraum und Rechenzentrum

Free Cooling

von - 02.08.2020
Nahwärmenetz
Nahwärmenetz: Die Abwärme eines Rechenzentrums soll ein Wohn- und Gewerbegebiet beheizen.
(Quelle: Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren)
Für die Kühlung ihrer gigantischen Anlagen setzen insbesondere große Cloud-Unternehmen zunehmend auf innovative Konzepte, für die gern der schicke Begriff „Free Cooling“ verwendet wird. So haben sie beispielsweise öffentlichkeitswirksam einen Teil ihrer Rechenzentren in Gebiete verlegt, die sich nördlich des Polarkreises befinden. Dadurch lassen sich zum Teil erhebliche Energiekosten einsparen, die ansonsten für die Kühlung der Server benötigt würden. In Norwegen etwa gibt es seit 2016 das Lefdal Mine Data Center, das mit seinen sechs Stockwerken und 75 Räumen eine Fläche von etwa 120.000 Quadratmetern umfasst. Damit ist das Lefdal Mine Data Center eines der größten Rechenzentren in Europa.
Die Mine liegt neben einem Fjord, dessen 8 Grad Celsius kaltes Wasser für die Kühlung der Server verwendet werden kann. Spezial-Container, die in Zusammenarbeit mit dem hessischen Systemanbieter Rittal entwickelt worden sind, können in der Mine bis zu drei Etagen hoch gestapelt werden. Ein solcher RiMatrix Data Center Container (RDC) besteht aus einer robusten Hülle, die bereits eine anschlussfertige IT-Infrastruktur inklusive USV-Einheiten (unterbrechungsfreie Stromversorgung) enthält. Der Kunde muss nur noch seine Server installieren, bevor der Container in der Mine untergebracht werden kann.
Einige Cloud-Anbieter würden ihre Server dagegen am liebsten im Meer versenken, um auf diese Weise Strom zu sparen. Microsoft forscht schon seit Jahren an einem Unterwasser-Rechenzentrum. Das „Project Natick“ soll „dem steigenden Bedarf nach Cloud-Infrastruktur in der Nähe von Ballungszentren Rechnung tragen“, schreibt der Hersteller. Im Sommer 2018 wurde nahe der schottischen Orkney-Inseln ein Rechenzentrum in den Ozean gelassen, das etwa so groß ist wie ein Standard-Container.
Der Clou an dem Projekt ist das verwendete Wärmeaustauschverfahren, das ursprünglich für die Kühlung von U-Booten entwickelt wurde. Mit diesem System kann kaltes Meerwasser durch die Kühler auf der Rückseite der zwölf verbauten Server-Racks geleitet werden.
Die Forschungen bei Microsoft sind noch nicht abgeschlossen. Wenn die Systeme reif für die Praxis sind, sollen sie an verschiedenen Plätzen weltweit „in Küstennähe“ untergebracht werden.
Kleinere und mittlere Unternehmen werden aber selbst kaum je in der Lage sein, ihrerseits ihre Rechenzentren im Meer oder am Polarkreis zu versenken. Sie benötigen andere, praktikablere Lösungen, um den Energieverbrauch ihrer Server zu reduzieren. Unterstützung dabei leistet beispielsweise das Schweizer Bundesamt für Energie (BFE). Unter der Adresse www.dc
energy.ch/check/?lang=de bietet es in Form eines kurzen Fragebogens einen „Energie-Check für Serverräume und Rechenzentren“ an. Unter anderem geht es in dem Check um Fragestellungen zum Auslastungsgrad der vorhandenen IT-Geräte, zur Energieeffizienz der Storage- und Backup-Systeme sowie natürlich um die Kühlung. Am Ende der Analyse erhalten die Teilnehmer Hinweise, wie sie die Energieeffizienz ihres Rechenzentrums verbessern können. Keine tief greifende Analyse, aber immerhin ein Anfang.

Empfehlungen zum Stromsparen

Beispiele für die empfohlenen Maßnahmen sind eine Wiederverwendung der entstehenden Abwärme, eine Konsolidierung der Anwendungen und ein modernes Asset-Management der eingesetzten Komponenten. Auch zu einer Auslagerung der IT-Infrastruktur an einen externen Provider wird geraten. Dadurch lasse sich der Engergieverbrauch im Haus senken.
Diese Art Maßnahmen verlagern das eigentliche Problem allerdings nur. Weitere Empfehlungen finden sich unter www.dcenergy.ch/actions. Hier lässt sich etwa prüfen, welchen Unterschied die Zahl der Server macht, die ein Unternehmen in seinem Rechenzentrum betreibt.
Wie schon ausgeführt, ist die Wärmeerzeugung oft das größte Problem. Die für die Kühlung benötigten Systeme und Klimaanlagen brauchen sehr viel Energie. Und nicht jeder kann oder will nun mal seine Server in weit entfernten Minen, im Meer oder in einer Windkraftanlage unterbringen. Abhilfe können zum Teil bereits recht einfache Mittel bringen. So sollten die Server-Räume vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden, damit keine zusätzliche Wärme entsteht, die dann ebenfalls abgeführt werden muss.
Falls ein Neu- oder Umbau ansteht, sollten die Serverräume nach der lokal vorherrschenden Windrichtung ausgerichtet und mit Lüftungsklappen oder Fenstern ausgestattet werden. Diese können dann in den kälteren Monaten geöffnet werden, um die entstehende Zugluft als eine Art Gratiskühlung zu nutzen. Wenn die Luft unter den Bodenplatten durchgeleitet werden soll, muss allerdings darauf geachtet werden, dass sie die Räume nicht zu schnell durchquert. Da kalte Luft schwerer ist als warme Luft, würde so nur eine unzureichende Kühlung der oberen Schichten erfolgen.

Raumtemperatur

Manchmal wird aber auch einfach nur zu viel gekühlt. Ursprünglich hatte etwa die American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning Engineers (ASHRAE) im Jahr 2004 eine optimale Temperatur zwischen 20 und 25 Grad Celsius für Rechenzentren empfohlen. Damals ging es vor allem um die Themen Verlässlichkeit und möglichst lange Betriebszeiten der Server. Eine Reduzierung der Energiekosten war zweitrangig. Mittlerweile hat die ASHRAE den empfohlenen Bereich angepasst - auf 18 bis 27 Grad Celsius. Das bedeutet, dass auch bei einer Temperatur von 27 Grad Celsius ein effizienter Betrieb der Server gewährleistet ist. Zusätzliche Kühlungsmaßnahmen sind dann nicht erforderlich.
Später veröffentlichte die US-Organisation noch eine Kategorisierung nach Klassen, bei denen unter Umständen sogar Temperaturen von bis zu 45 Grad Celsius noch toleriert werden können. Gerade ältere Hardware ist dafür aber nicht in jedem Fall ausgelegt. Eine der Anforderungen bei der Umsetzung neuer Maßnahmen zur Kühlung ist deswegen, das optimale Temperaturfenster zu finden, das für die gesamte in einem Data-Center vorhandene IT-Ausrüstung geeignet ist. In der Vergangenheit hatten Rechenzentren oft den Ruf, wie Kühlschränke zu sein. Das muss aber nicht mehr so sein. Viele aktuelle Server arbeiten auch noch bei 35 Grad Celsius ohne Probleme.
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