Das selbstfahrende Rechenzentrum

Nicht alles ist Software-defined

von - 14.04.2020
Es sind jedoch nicht nur Trend-Technologien wie Software-defined Networking und Künstliche Intelligenz, die den störungsfreien Betrieb eines automatisierten Rechenzentrums sicherstellen. Sich wiederholende Tätigkeiten dem Menschen abzunehmen betrifft nicht nur die Konfiguration von Servern, Storage-Systemen, Netzwerken und Benutzerkonten. Auch die „Mechanik“ hat in großen Rechenzentren noch ihren Platz, wie Thomas King von DE-CIX bestätigt: „Vor allem bei der Verkabelung und Vernetzung ist in Rechenzen­tren ein Trend zur Automatisierung zu erkennen.“
Ein Beispiel sind laut Thomas King Roboter, die beim Internetknoten bereits im Praxis-Einsatz sind: „Wir haben als erster Internet-Exchange einen Verkabelungsroboter eingeführt, damit der Auf- und Umbau von Glaserfaser-Infrastrukturen jederzeit und ohne menschliches Zutun möglich ist.“
Allerdings haben die Mechanisierung und Automatisierung bei den physischen Komponenten eines Rechenzen­trums auch ihre Grenzen: „Der Aufbau von Elementen wie Racks und Stromkabeln sowie der Einbau von Switches und Routern wird weiterhin manuell erfolgen“, erklärt Thomas King. Der Grund: Solche Tätigkeiten auf Roboter zu ver­lagern rechne sich schlichtweg nicht. Gute alte Handarbeit von Menschen ist in diesen Fällen am Ende billiger.
Dr. Thomas King
Dr. Thomas King
CTO bei DE-CIX
www.de-cix.net
Foto: DE-CIX
„Vor allem bei der Ver­kabelung und Vernetzung ist in Rechenzentren ein Trend zu Automati­sierung zu erkennen.“

Stromversorgung

Ein weiterer wichtiger Faktor, der bei der Automatisierung von Data-Centern zu berücksichtigen ist, sei die Stromversorgung, betont Simon Feger, Produkt-Support-Manager bei Eaton. Das Unternehmen bietet unter anderem Lösungen für das Energiemanagement von Rechenzentren an.
„Bereits minimale Schwankungen der Spannung oder Frequenz können gravierende Folgen haben“, so Feger. Abhilfe schaffen zum Beispiel unterbrechungsfreie Stromversorgungen, kurz USVs. Sie kompensieren kurzfristige Ausfälle oder Störungen in der Energieversorgung des Rechenzentrums.
„Bei längeren Stromausfällen reicht das allerdings nicht aus. Hier sind Power-Management-Lösungen notwendig. Sie leiten Prozesse auf noch funktionsfähige Teile der Infrastruktur um, sodass der Betrieb aufrechterhalten werden kann. Das läuft automatisiert und vollkommen autonom ab“, erläutert Simon Feger.
Moderne Power-Management-Lösungen wie der Intelligent Power Manager (IPM) von Eaton sind nach Angaben des Fachmanns zum Beispiel in der Lage, virtuelle Maschinen (VMs) bei Bedarf in andere Rechenzentren auszulagern. „Dadurch lässt sich ein unkontrolliertes Herunterfahren vermeiden und unternehmenskritische Anwendungen können weiterhin ausgeführt werden.“

Fazit & Ausblick

Der Trend ist eindeutig: Rechenzentren wandeln sich zu einem zentralen Bestandteil serviceorientierter IT-Organisationen, die Mitarbeitern, Kunden und Partnern standardisierte IT-Ressourcen zur Verfügung stellen. Und das muss möglichst schnell, flexibel und kostengünstig erfolgen.
Umsetzen lässt sich das nur, wenn große Teile der Rechenzentrums-Infrastruktur und -Services „autonom fahren“, also so automatisiert wie nur möglich ablaufen. Ähnlich wie die Automobilhersteller, die bereits äußerst automatisiert Fahrzeuge produzieren, sind die Anbieter von IT-Systemen auf diesem Weg bereits ein gehöriges Stück vorangekommen. Neben Software-defined-Technologien tragen dazu in beträchtlichem Maß Künstliche Intelligenz und Machine Learning bei.
Denn vor wenigen Jahren wäre ein Szenario, wie es Uwe Müller von Cisco beschreibt, noch undenkbar gewesen: „Mit einer modularen, abgestimmten und effizienten Rechenzentrumslandschaft können bereits heute drei IT-Fachleute mehr als 20 weltweit verteilte, unterschiedliche Data-Center-Fa­brics verwalten. Für das Management von mehr als 3000 Blade-Servern reichen zwei Administratoren aus.“
Und sollten Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen in noch größerem Umfang in die Rechenzentren Einzug halten, dann wird künftig vielleicht nur noch ein einzelner Supervisor aus Fleisch und Blut für den Fall der Fälle erforderlich sein. Das Tagesgeschäft sollte sich dann weitgehend von selbst erledigen. So erhalten Administratoren die notwendigen Freiräume und können sich anderen, strategisch wichtigeren Aufgaben widmen. Und sie können so schnell und flexibel agieren, wie man es von externen Cloud-Providern gewohnt ist.
Lösungen für die Automatisierung von Rechenzentren (Auswahl – Teil 1)

Anbieter

Produkt

Beschreibung

Arista Networks

Arista EOS

Betriebssystem für Netzwerk- und Data-Center-System und Management-Software für Rechenzentrumsautomatisierung

Big Cloud Fabric (durch den Kauf von Big Switch durch Arista ins Portfolio aufgenommen)

Network-as-a-Service-Angebot mit Bereitstellung von Virtual Private Clouds in Unternehmensrechenzentren

BMC Software

TrueSight Automation

Automatisierte Konfiguration von Netzwerken und Servern

TrueSight Orchestration

Automatisierung von IT-Prozessen in Rechenzentren, inklusive Workflows, Applikationen

BMC Helix Discovery

Inventarisierung von Rechenzentren und Cloud-Umgebungen

Cisco

Cisco ACI

Software-basierte Netzwerk-Infrastruktur

Cisco HyperFlex

Kombination von Compute-, Storage- und Netzwerkfunktionen sowie Cloud-Management; zusätzlich erweiterbares verteiltes Dateisystem

Cisco Network Services Orchestrator

Software für die Automatisierung von Services in herkömmlichen und virtualisierten Netzwerken

Cyxtera

CXD Platform

Programmierbares, Software-basiertes Intra-Data-Center-Netzwerk; Zielmarkt: Co-Location-Rechenzentren

Dell

PowerOne

All-in-One-Infrastruktursystem für Rechenzentren

Open Networking – ON

Software-defined Networking-Lösung

Eaton

Intelligent Power Manager

Strommanagement sowie Absicherung und automatische Verlagerung von Virtual Machines und Workloads bei Stromausfall

Extreme Networks

Autonomous Enterprise

Software-basierte Netzwerkinfrastruktur auf Basis von Fabrics mit Selbststeuerungsfunktionen

Fujitsu

Fujitsu Integrated System Primeflex

Kombination aus Server, Storage, Netzwerkkomponenten, Management-Software; Varianten verfügbar für Microsoft Azure Stack und Azure Stack HCI, VMware vSphere, vSAN und Cloud Foundation sowie Nutanix Enterprise Cloud

HPE

HPE OneView

Software-basierte IT-Infrastruktur

HPE Composable Rack

Integrierte Hybrid-Cloud-Plattform mit KI-Funktionen in Verbindung mit Storage-Plattform HPE Primera und HPE Synergy (Software-basierte IT-Infrastruktur)

HPE SimpliVity

Hyper-converged Infrastructure mit KI-Funktionen für erweiterte Automatisierung von Prozessen im Data-Center

Hitachi Vantara

Unified Compute Platform HC Series

Reihe von Hyper-converged-Infrastructure-Systemen; automatisiertes Management mittels Unified Compute Platform Advisor

Juniper Networks

Contrail

Familie von Lösungen mit Switches, Automatisierungs-Framework, Multi-Cloud-Orchestrierungs-Software sowie Anwendungen für Analyse und Monitoring; Ziel: Auto-matisierung der Aufgaben in Unternehmensrechenzentren und Cloud-Umgebungen

Microsoft

Microsoft Azure Automation

Cloud-Lösung für automatisiertes Management von Hybrid-Cloud-Umgebungen auf Basis der Microsoft-Cloud

NetApp

NetApp HCI Hyper-Converged Infrastructure und FlexPod Converged Infrastructure

Hyper-converged- und konvergente Infrastruktursysteme für den Aufbau von integrierten, automatisierten Rechenzentrumsumgebungen

ONTAP Data Management

Software für automatisiertes, Software-basiertes Storage-Management in Verbindung mit Data Fabric; zentrale Datenverwaltung von Unternehmens-Data-Centern bis hin zu Cloud-Umgebungen

Nutanix

Enterprise Cloud Platform

Hyper-converged-Infrastruktursystem mit Storage, Containern und Management, inklusive Automatisierungsfunktionen auf Basis von KI

Prism Pro

Software für die Automatisierung des IT-Betriebs, inklusive der Verwaltung von Clustern, Hypervisors und VMs; proaktive Anpassung von Speicherkapazitäten und Virtual Machines

Red Hat

Red Hat CloudForms

Infrastrukturmanagement für virtualisierte Umgebungen, Clouds sowie Container; automatisierte Bereitstellung von IT-/Cloud-Ressourcen sowie Umsetzung von Compliance-Vorgaben

Red Hat Ansible Automation Platform

IT-Management und Automatisierung in Hybrid-Cloud-Umgebungen; Basis: Red Hat Ansible Engine und Red Hat Ansible Towers; Netzwerkautomatisierung mittels Ansible Network Automation

Veeam

Veeam Availability Platform

Automatisiertes Datenmanagement für Rechenzentren und Hybrid-Clouds

VMware

VMware Cloud Foundation auf VxRail Hybrid

Kombination von Hyper-converged Infrastructure (VxRail) und Cloud-Management-Services; Bereitstellung von Enterprise-Anwendungen in Private und Public Clouds

VMware vRealize Automation

Cloud-Automatisierungs-Software; Unterstützung der Bereitstellung von virtualisierten Applikationen und Virtual Machines in Hybrid- und Multi-Cloud-Umgebungen

VMware SDDC Manager

Software für automatisierte Bereitstellung und Lifecycle-Management von vSphere, vSAN und NSX sowie von Tools wie vRealize Automation und vRealize Operations

VMware Magna

IT-Infrastrukturplattform für Rechenzentren mit KI- und Machine-Learning-Funktionen und automatischer Optimierung; Ziel: Lösung für „Self-driving Data Center“ erarbeiten; erster Ansatzpunkt: Optimierung von vSAN-Umgebungen

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