Das selbstfahrende Rechenzentrum

Startpunkte für Anwender

von - 14.04.2020
Doch wo sollen Unternehmen ansetzen, wenn sie ihr Rechenzentrum in ein „Autonomous Data Center“ umwandeln möchten? „Es gibt viele Möglichkeiten“, erklärt Christian Winterfeldt, Director Sales Modern Datacenter beim IT-Spezialisten Dell: „Die Standardisierung des Infrastruktur-Stacks mit Hilfe von konvergenter Infrastruktur ist ein großer, wenn nicht der größte Schritt in diese Richtung.“
Abhängig von den Workloads und dem Modell, mit dem Rechenzentrumsleistungen bereitgestellt werden, kann es laut Winterfeldt vorteilhaft sein, anstatt mit einer dreischichtigen Architektur (Tier 3) mit einer hyperkonvergenten Tier-2-Umgebung zu starten. Als Vorteil sieht der Dell-Manager an, dass Nutzer bereits mit einem hyperkonvergenten System mit wenigen Knoten (Nodes) ein Software-definiertes Rechenzentrum aufbauen können, das einen hohen Automatisierungsgrad aufweist.
Zudem besteht die Möglichkeit, die Infrastruktur als Hybrid-Cloud zu betreiben, mit einem Zugang zu Public-Cloud-Ressourcen, zum Beispiel von Anbietern wie Amazon Web Services, Microsoft oder Google. „Es gibt also mehrere Wege, ein Rechenzentrum zu automatisieren und eine hybride Cloud-Plattform aufzubauen, ganz nach den jeweiligen Anforderungen der Unternehmensumgebung.“
Christian Winderfeldt
Christian Winterfeldt
Director Sales Modern Data Center bei Dell Technologies
www.delltechnologies.com
Foto: Dell
„Die Standardisierung des Infrastruktur-Stacks mit Hilfe von konver­genter Infrastruktur ist ein sehr großer, wenn nicht der größte Schritt in Richtung eines Auto­nomous Data Center.“
Bei einem Ansatz, der auf Hyper-converged Infrastructures (HCIs) basiert, sind jedoch einige potenzielle Falltüren zu beachten. Zum einen droht eine Abhängigkeit vom jeweiligen Hersteller der Lösung. Denn ein „Mix and Match“ von HCI-Anwendungen unterschiedlicher Anbieter ist nicht praktikabel. Zudem warnt Andreas Jagdmann von Axians vor möglichen Problemen mit der Skalierung und hohen Lizenzkosten. Sein Rat: „HCIs sollten eher als Ersatz statt als Ergänzung vorhandener Lösungen betrachtet werden.“

Klein anfangen mit Bordmitteln

Bevor ein Unternehmen sich in die Welt der Hyper-converged Infrastructures begibt, lohnt sich in jedem Fall ein Blick auf die vorhandenen Bordmittel. Dazu gehören zum Beispiel Skripts, die Daten von Programmen sammeln, korrelieren und ausgeben. Dieses Verfahren ist bereits seit vielen Jahren vielfach in Gebrauch. „Alle modernen Software-Lösungen für den Einsatz in Rechenzentren oder Netzwerken können inzwischen durch Software-Schnittstellen, also Application Programming Interfaces (APIs), angesprochen und von Skriptsprachen oder Automatisierungslösungen genutzt werden“, erläutert Martin Rausche von VMware.
Eine weitere Option ist, die Automatisierungsfunktionen von Software-Paketen zu nutzen, die ein Unternehmen bereits für die Verwaltung der Netzwerke und Storage-Systeme sowie der IT-Infrastruktur verwendet. Solche Lösungen ermöglichen es beispielsweise, automatisch Backups von Systemkonfigurationen zu erstellen oder Patches auf Servern und Netzwerksystemen einzuspielen.
Positiv ist laut Martin Rausche, dass sich sowohl Skripts als auch API-gesteuerte Managementlösungen meist in ein Konzept integrieren lassen, das die umfassende Automatisierung einer IT- und Rechenzentrumsumgebung zum Ziel hat.
Trends im Bereich IT-Automatisierung
Für das Jahr 2020 prognostiziert das Beratungshaus Gartner, dass sich mehrere neue Ansätze im Bereich IT- und Rechenzen­trums-Automatisierung etablieren, von Hyperautomation bis
hin zu Hybrid Digital Infrastructure Management (HDIM).
Keine Überraschung ist, dass IT-Umgebungen und Rechenzentren in den kommenden Jahren größer und leistungsfähiger werden. Dies ist auf die steigenden Datenmengen zurückzuführen, die beispielsweise Anwendungen im Bereich Internet of Things (IoT) mit sich bringen. So wird Gartner zufolge 2024 die Hälfte der Unternehmensanwendungen für das Internet der Dinge ausgelegt sein.
Das wiederum erhöht den Druck auf die IT-Abteilungen, effi­ziente IT-Infrastrukturen aufzubauen, die sich nach Bedarf an geänderte Anforderungen von Nutzern und Anwendungsentwicklern anpassen lassen.
Hyperautomation: Die skizzierten Trends forcieren die Entwicklung in Richtung Hyperautomation. I&O-Teams (Infrastructure & Operations) werden daher beim IT-Betrieb und Daten­management verstärkt auf KI-gestützte Automatisierungs-Tools zurückgreifen. Im Jahr 2023, so Gartner, werden rund 30 Prozent der Unter­nehmen solche Hilfsmittel einsetzen. Ein Vorteil ist, dass dadurch die Betriebskosten im IT-Bereich sinken - bis 2024 um etwa 30 Prozent. Außerdem hilft Hyperautomation dabei, den Mangel an IT-Fachkräften zu kompensieren. Allein im Bereich Datenmanagement kann eine KI-basierte Automatisierungs-Software den Bedarf an Fachleuten um ungefähr 20 Prozent reduzieren.
Abläufe zu automatisieren, betrifft allerdings nicht nur das unternehmenseigene Rechenzentrum. Denn 2021 werden laut Gartner drei Viertel der mittelständischen und großen Unternehmen hybride IT-Infrastrukturen nutzen, etwa eine Hybrid-Cloud. Außerdem werden sich verstärkt Multi-Cloud-Umgebungen etablieren. Solche komplexen, verteilten IT-Infrastrukturen lassen sich ohne Automatisierungs-Tools kaum noch verwalten.
Hybrid Digital Infrastructure Management: Als zweiten großen Trend für das laufende und die kommenden Jahre hat Gartner das Hybrid Digital Infrastructure Management ausgemacht. Die Grundlage bilden Plattformen, mit denen IT-Fachleute unterschiedliche IT-Umgebungen zentral verwalten: IT-Systeme im Unternehmen, Hybrid- und Multi-Clouds, Edge-Computing-Systeme und Edge-Data-Center. Außerdem dient eine HDIM-Plattform als Steuerzentrale für IT-Prozesse und entsprechende Services sowie für die Automatisierung von Geschäftsprozessen (Business Process Automation).
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