SDDC macht das Rechenzentrum programmierbar

Herausforderungen softwarebasierter Rechenzentren

von - 25.06.2015
Mal eben schnell ein softwarebasiertes Rechenzentrum aufzusetzen oder ein bestehendes Datacenter umzukrempeln, das funktioniert in der Praxis nicht. Udo Würtz, Chief Evangelist Global Server Business von Fujitsu, und Mornay Van Der Walt, Vice President der EVO:RAIL Emerging Solutions Group von VMware, sehen vor allem in drei Bereichen He­rausforderungen: der Startphase, der Bereitstellung und beim Lifecycle-Management und Support.
Peter Dümig, Senior Server Product Manager Dell
Peter Dümig, Senior Server Product Manager Dell: „Moderne Hardware unterstützt bereits in vielen Fällen softwaredefinierte Ansätze.“
Vor Beginn eines SDDC-Projekts gilt es, die strukturellen und organisatorischen Änderungen zu klären. Zudem muss eine Referenzarchitektur entwickelt werden. Dabei müssen gegebenenfalls externe Fachleute hinzugezogen werden. Hinzu kommen die Auswahl und der Test von Hardware- und Softwarekomponenten unterschiedlicher Hersteller. Ein klassischer Fehler sind in dieser Phase zu enge Zeitvorgaben.
Bei der Implementierung und Inbetriebnahme stellt sich nach Angaben von Fujitsu und VMware häufig heraus, dass es an Tools fehlt, mit denen sich Workloads und die dazugehörigen IT-Ressourcen wie Storage und Rechenleistung automatisiert bereitstellen lassen. Zudem haben viele IT-Abteilungen Probleme, die unterschiedlichen Infrastrukturknoten (Nodes) zu kombinieren, etwa Speicher- und Netzwerksysteme.
In der Praxis zeigt sich außerdem, dass gerade softwarebasierte Datacenter, die aus Komponenten unterschiedlicher Anbieter kombiniert wurden, alles andere als pflegeleicht sind. Das betrifft etwa den technischen Support und das System­management. Das Einspielen von Patches und Systemerweiterungen kann unter Umständen sogar zur Unterbrechung des Rechenzentrumsbetriebs führen.
Ulrich Hamm, Consulting System Engineer, Cisco
Ulrich Hamm, Consulting System Engineer, Cisco: „Je schneller IT-Services bereitstehen sollen, desto stärker sind Anwendungen und Infrastrukturen in die Cloud auszulagern und mit der eigenen IT zu hybriden Infrastrukturen zu integrieren.“
Ein zentraler Kritikpunkt der Distributed Management Task Force (DMTF) bezieht sich auf fehlende Standards und Schnittstellen für den Übergang von einem konventionellen Rechenzentrum zu einem SDDC. So fehle es an Application Programming Interfaces (APIs) zwischen Anwendungen, SDDC-Komponenten und Cloud-Computing-Ressourcen. Die meisten Schnittstellen decken laut der Task Force nur das Bereitstellen von IT-Infrastrukturkomponenten wie Servern ab, nicht von Applikationen.
Eine Herausforderung ist auch die weitere Nutzung vorhandener Hardware: „Moderne Hardware unterstützt oft schon softwaredefinierte Ansätze und lässt sich weiterhin verwenden“, sagt Peter Dümig von Dell. „Ältere und proprie­täre Komponenten müssen dagegen in aller Regel ersetzt werden.“
Die DMTF geht davon aus, dass die Betreiber von Rechenzentren vorhandene Hard- und Software so lange wie möglich verwenden werden – und rechnet daher mit Verzögerungen bei der Implementierung softwarebasierter Ansätze.
Zudem müssen beim Aufbau eines SDDC standardisierte Verfahren entwickelt werden, um die Trennung der Work­loads und Daten unterschiedlicher Anwender sicherzustellen, die beispielsweise im SDDC eines Cloud-Service-Providers vorgehalten und gespeichert werden. Hier ist zu beachten, dass manche Daten nur in bestimmten Regionen oder Rechtsräumen vorgehalten und bearbeitet werden dürfen. Deutsche Unternehmen dürfen personenbezogene Informationen nur in Rechenzentren im EU-Raum speichern.
Vor einer Zersplitterung des SDDC-Markts in herstellerspezifische Inseln warnt Ashish Nadkarni, Research Director Storage Systems bei IDC. Er kritisiert, dass zwar mit OpenStack bereits ein Ansatz im Bereich SDDC existiert, der als übergreifende System- und Managementplattform dienen kann. Doch gibt es seiner Ansicht nach eine Tendenz in Richtung herstellerspezifischer SDDC-Stacks. Das liefe dem Konzept einen offenen, auf Standards basierenden Rechenzen­trums zuwider und würde die Akzeptanz von softwarebasierten Rechenzentrums-Architekturen erschweren.

Fazit

Software-defined Data Center: SDDC ist eine Technologie, die ebenso wie softwarebasierte Netzwerk- und Storage-Infrastrukturen in Rechenzentren Einzug halten wird.
Software-defined Data Center: SDDC ist eine Technologie, die ebenso wie softwarebasierte Netzwerk- und Storage-Infrastrukturen in Rechenzentren Einzug halten wird.
(Quelle: Fotolia / Oleksiy Mark )
Dass softwarebasierte Rechenzentren auch in Deutschland an Boden gewinnen, steht nach Einschätzung von IDC außer Frage: „Zwar haben erst 13 Prozent der befragten Organisationen mit der Umsetzung eines SDDC begonnen“, so IDC-Analyst Matthias Kraus. „Allerdings gab ein Viertel an, SDDC in den kommenden 12 bis 24 Monaten zu implementieren. Weitere 20 Prozent beschäftigen sich intensiv mit der Technologie.“
Annähernd 11 Prozent der IT-Entscheider gehen nach Angaben von IDC davon aus, dass das SDDC-Konzept bereits in ein bis zwei Jahren ein bedeutender Faktor sein wird. Gut 35 Prozent erwarten, dass der SDDC-Ansatz eher mittelfristig, also in drei bis fünf Jahren, ein wesentlicher Ansatz zum Management gemischter IT-Landschaften sein wird.
Ein Grund für die eher abwartende Haltung deutscher IT-Verantwortlicher ist sicherlich, dass Software-defined Data Center ein relativ komplexes Thema ist. Zudem kommen Software-Tools und Technologien, mit denen sich ein softwarebasiertes Rechenzen­trum aufbauen lassen, erst nach und nach auf den Markt. SDDC ist somit sicherlich eine Technologie, die ebenso wie softwarebasierte Netzwerk- und Storage-Infrastrukturen in Rechenzentren Einzug halten wird. Auf breiter Front dürfte dies jedoch erst in einigen Jahren der Fall sein.
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