Wie sich SAP mit HANA neu erfunden hat

Was ist S/4HANA?

von - 24.03.2017
Die nächste Evolutionsstufe von HANA war dann S/4HANA, mit der die Plattform mit ERP-Paketen versehen wurde. Für die Kunden ist damit die Möglichkeit verbunden, bei neuen Software-Versionen auf neue On-Premise-Varianten einschließlich In-Memory oder gleich auf Cloud-Versionen plus In-Memory zu setzen, wobei SAP angedeutet hat, dass es zukünftig wichtige Neuerungen nur noch bei Cloud-Installa­tionen geben wird. Auf die Masse der Bestandskunden wird damit ein Druck zum Wechsel ausgeübt.
Als eigenständiges Produkt gibt es die ERP-Suite S/4HANA seit November 2015. Die für die HANA-Plattform optimierte Weiterentwicklung der SAP Business Suite wartet mit einem radikal vereinfachten Datenmodell und der personalisierten, rollenbasierten Bedienoberfläche SAP Fiori auf. S/4HANA kann On-Premise, in Managed Clouds, Private Clouds sowie in einer Public Cloud (SaaS) installiert werden. Neue Releases gibt es vierteljährlich für die Public Cloud, einmal jährlich für On-Premise-Installationen.

Analysten-Urteil

Vonseiten der Analysten finden SAP HANA und S/4HANA grundsätzlich Anerkennung, wobei sie darauf achten, wie sich der neue Ansatz bei den Kunden bewährt und wie geschmeidig sich die komplexe Technologie in der Praxis umsetzen lässt.
Liz Herbert
Analystin bei Forrester ­Research
www.forrester.com
Foto: Forrester
„Die ersten zögerlichen Schritte von SAP in die Cloud-Produktstrategie waren nur zum Teil erfolgreich.“
Gartner-Analyst Derek Prior spricht von einem langen Umstellungsprozess: „S/4HANA bedeutet eine lange Reise für SAP-Kunden, um Nutzen aus den hybriden transaktionalen/analytischen Prozessen (HTAP) und Technologien fürs Internet of Things (IoT) zu ziehen und eine digitale Geschäftsstrategie zu entwickeln.“
George Lawrie von Forrester Research identifiziert in seinem Bericht „Brief: Early Customer Adoption Of SAP S/4HANA Finance Shows Promise“ den Finanzsektor als zentralen Bereich, in dem sich die großen Anstrengungen von SAP zeigen würden, transaktionale Prozesse und Echtzeit-Analytics in einer übergangslosen Architektur miteinander zu vereinen. Und er kommt zu dem für SAP sehr schmeichelhaften Urteil: „S/4HANA erlaubt es Unternehmen, die Herausforderungen bei Skalierbarkeit und Komplexität zu bewältigen, die in der Regel ihre Versuche negativ beeinflussen, Wachstum und Profitabilität in einer zunehmend dynamischen globalen Umgebung zu erzielen.“ SAP S/4HANA könne, so George Lawrie weiter, ein ideales Instrumentarium sein, um die viel gerühmte Digitalisierung der Wirtschaft erfolgreich umzu­setzen.
Ähnlich argumentiert der Forrester-Analyst Paul D. Hamerman. Er konstatiert in seinem Bericht „Brief: SAP S/4HANA Lifts Off“: „SAP S/4HANA verkauft sich mit steigender Tendenz, aber echte Anwendungen auf Kundenseite sind begrenzt. (…) Erste Referenzkunden berichten, dass die Lösung ihre Versprechungen hinsichtlich Realtime-Analytics und verbesserter Usability einhalten kann, allerdings sind die meisten Installationen noch auf den Finanzbereich begrenzt.“
SAP selbst gab in der Mitteilung zum vierten Quartal 2016 bekannt, dass sich die Zahl der S/4HANA-Kunden im Vergleich zum Vorjahr auf über 5400 Kunden verdoppelt habe. Allein im vierten Quartal hätten sich 1300 Kunden für dieses Produkt entschieden, rund 30 Prozent davon seien Neu­kunden.
Einsatzfelder für HANA
HANA eignet sich laut SAP vor allem für Datenanfragen, die sehr in die Breite gehen und unterschiedliche Datentypen erfassen. Die Daten müssen nicht mehr zeitraubend in einem
Data Warehouse erfasst und anschließend untersucht werden. Und auf die Ergebnisse müsse nicht mehr tage- oder wochenlang gewartet werden, sondern SAP verspricht, sie in Echt­-
zeit zu liefern. Seine besonderen Stärken spielt HANA dementsprechend auf den Gebieten Realtime-Analytics und -Anwendungen aus.
Realtime-Analytics mit HANA
  • Operational Reporting: Hier geht es um Auswertungen aus  Transaktionssystemen wie Kunden-Datenbanken oder SAP ERP. Im Einzelnen werden abgedeckt: Sales Reporting (Ver­besserung der Abschlüsse und Beschleunigung der Verkaufs­prozesse), Financial Reporting (unmittelbare Auskünfte über Umsatz, Kunden, fällige Zahlungen und so weiter), Shipping Reporting (verbesserte Übersicht und Analyse), Purchasing Reporting (komplette Bestellgeschichte) und Master Data Reporting (Verbesserung der Produktivität).
  • Data Warehousing (SAP NetWeaver BW on HANA): Business-Warehouse-Anwender (BW) können ihre gesamte BW-Applika­tion auf der SAP-HANA-Plattform laufen lassen, was eine bisher nicht erreichte Performance ermöglicht: Queries laufen 10- bis 100-mal schneller, auch Ladeprozesse und Berechnungen sollen 5- bis 10-mal schneller laufen. Kunden können darüber hinaus leicht zu der HANA-Datenbank wechseln.
  • Big Data: SAP stellt für Vorhersagen und Textanalysen Datenbank-Algorithmen und die Integration der auf statistische Auswertungen ausgelegten Programmiersprache R zur Verfügung. Davon profitiert auch die Nutzbarmachung unstrukturierter Daten.
Realtime-Applikationen mit HANA
  • Akzeleratoren für Kernprozesse: Diese Lösungen funktionieren mit einer HANA-Datenbank, die in räumlicher Nähe zu einem SAP-ERP-System platziert ist. Transaktionale Daten werden in Echtzeit von ECC (ERP Central Component) in HANA für direktes Reporting repliziert. Ergebnisse lassen sich dann sogar in ECC rückverwandeln. Die von HANA unterstützten Lösungen umfassen unter anderem die SAP-Produkte CO-PA Accelerator, Finance and Controlling, Customer Segmentation Accelerator und Sales Pipeline Analysis.
  • Planungs- und Optimierungsanwendungen: SAP HANA ist besonders für Anwendungen geeignet, die viele unterschiedliche Termine schnell zusammenfassen. Dazu gehören unter anderem die SAP-Produkte Sales & Operational Planning, BusinessObjects Planning & Consolidation, Cash Forecasting, ATP Calculation, Margin Calculation und Manufacturing Scheduling Optimization.
  • Sense- und Response-Anwendungen: Sie eröffnen Einblicke in Big-Data-Segmente wie Smart Meter Data, Point of Sale Data oder Social Media Data. Ausgestattet sind sie mit Personalisierungs-, Empfehlungs-, Such- und Vorhersagefunktionen. Unterstützt werden die SAP-Lösungen Smart Meter Analytics, Supplier InfoNet und Precision Retailing sowie Geo-Spatial-Visualisierungs-Komponenten. Viele dieser sehr datenintensiven Prozesse konnten bislang ohne HANA aufgrund von Kosten- und Performance-Beschränkungen nicht eingesetzt werden.
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