Prozess-Management sorgt für Transparenz

Im Gespräch mit Dr. Gero Decker, CEO von Signavio

von - 22.10.2019
Dr. Gero Decker
Dr. Gero Decker: CEO von Signavio
(Quelle: Signavio )
Process Mining ist ein wichtiger Ansatz - aber er gehört zu einer breiteren Palette von Methoden und Werkzeugen, mit denen sich Prozesse erfassen, optimieren und über­wachen lassen, so Gero Decker, CEO und Mitgründer von Signavio.
com! professional: Herr Decker, auf welche Resonanz stößt das Thema Process Mining in deutschen Unternehmen?
Gero Decker: Immer mehr Unternehmen verstehen und nutzen die Vorteile von Process Mining. Die Diskussion über Prozesse und ihre Schnittstellen zwischen verschiedenen Abteilungen hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend weiterentwickelt. Deutsche Unternehmen, aber auch globale Konzerne, konzentrieren sich heute auf die ganzheitliche Un­tersuchung von Durchlaufzeiten, Prozessvarianten und deren Optimierungspotenziale.
com! professional: Welche Vorteile soll das bringen?
Decker: Durch das Erschließung bisher verborgener Potenziale in Prozessen und die kontinuierliche Überwachung von Ende-zu-Ende-Prozessen gewinnen Unternehmen Einblicke in potenzielle Risiken und Erkenntnisse zu Verbesserungsmöglichkeiten. Positive und praktische Erfahrungen mit Process Mining haben auch in Deutschland branchenübergreifend zu einer dynamischen Weiterentwicklung von Tools und Use-Cases sowie der End-User-Community geführt.
Ein Beispiel dafür ist die Kombination von Robotic Process Automation (RPA) mit Process Mining und die anschließende Verknüpfung der Ergebnisse mit der Kundenerfahrung, der Customer Experience.
com! professional: Reicht Process Mining aus, um Prozesse transparenter und effizienter zu machen?
Decker: Process Mining als Stand-alone-Technologie reicht de­finitiv nicht aus, denn Erkenntnisse, die nicht zu Veränderungen führen, helfen leider wenig. RPA ist eine derzeit besonders populäre Technologie, um den Automatisierungsgrad eines Prozesses schnell zu erhöhen, dadurch einzelne Aktivitäten zu beschleunigen und Kosten zu sparen.
com! professional: Bedeutet dies, dass Unternehmen neben Process Mining zusätzlich auf die Automatisierung von Prozessen mittels RPA setzen müssen?
Decker: Nein, RPA ist nur eine von vielen technischen Optionen. Man kann genauso die zugrunde liegende Applikation rekonfigurieren, zum Beispiel eine Enterprise-Resource-Planning-Lösung. Zudem haben Unternehmen die Möglichkeit, eine API-basierte Integration oder Workflow-Systeme zu verwenden. Es geht also vor allem darum, eine „smarte“ Entscheidung zu treffen, welche Technologie die beste ist. Und häufig ist sogar eine organisatorische Veränderung die viel wirkungsvollere Verbesserung als der Einsatz von Automatisierung. Bei all dem hilft Process Mining, reicht aber bei Weitem nicht aus.
com! professional: Wo liegen in diesem Zusammenhang die Grenzen von Process Mining?
Decker: Process Mining kann lediglich sagen, welche Varianten es gibt und wie es beispielsweise derzeit um den Automatisierungsgrad bestellt ist. Es kann aber nicht abschätzen, welche Optionen tatsächlich zur Verfügung stehen. Gibt es passende APIs? Wie aufwendig wäre eine SAP-Anpassung? Welche organisatorischen Maßnahmen könnten wir vornehmen? Hier sind weiterhin Menschen gefragt, die Optionen aufzeigen, bewerten und auswählen. Modellierungswerkzeuge und Technologie-Score-Cards helfen, um Entscheidungen treffen zu können.
com! professional: Bedeutet dies, dass Process Mining für sich allein nur einen begrenzten Nutzen bietet?
Decker: Ganz allgemein gesprochen, ist Process Mining ein wichtiges Puzzleteil. Für die Themen Identifikation, Analyse, Bewertung und Simulation von Prozessen sind aber ein ganzheit­licher Ansatz und eine breitere Tool-Unterstützung notwendig. Das gilt auch für weitere Aufgaben, etwa die Validierung, Umsetzung, Automatisierung und Überwachung von Prozessen.
Verwandte Themen