Produktentwicklung setzt auf Evolution

Produkt-Ökosysteme

Digitale Vorreiter generieren Wertschöpfung durch integrierte Ökosysteme von Kundenlösungen, stellt PwC in seiner Studie weiter fest. Sie würden nicht nur ihre digitalen Produkt- und Serviceangebote in kleinen Evolutionsschritten kontinuierlich verbessern, sondern auch ihren Zugang zu Kunden stärken, sei es direkt oder über Dritte, heißt es bei PwC.
Agile Produktentwicklung
Agile Entwicklung: Hochiterative Änderungen in kleinen Schritten führen wesentlich schneller zu Endergebnissen.
(Quelle: WZL / Fraunhofer IPT)
Digitale Vorreiter zeichnen sich zudem durch ihre Fähigkeit aus, den Anforderungen ihrer Kunden mit überzeugenden maßgeschneiderten Lösungen zu begegnen. Sie ergänzen traditionelle Produkte um Dienste, Software, Datenanalyse und das Einbeziehen von Partnerunternehmen. So erschaffen sie ganze Ökosysteme von Lösungen rund um Produkte, die sie selbst kontrollieren. Damit dies gelingen kann, vertrauen die Vorreiter auf offene Plattformen, die interne und externe Grenzen verschwimmen lassen.

Cluster-Produktion

In einem solchen Umfeld machen sich die Hersteller auch die Macht kollektiver Intelligenz (Schwarmintelligenz) zunutze. Integrierte Ökosysteme in der Produktentwicklung dehnen sich mittlerweile auch auf die Fertigung aus. Das evolutionäre Produktdesign fördert nämlich das Aufkommen der sogenannten Cluster-Produktion im Rahmen von Industrie 4.0: Unternehmen mit gemeinsamen Interessen siedeln sich dabei an einem gemeinsamen Standort an, um die Entstehung einer agilen Wertschöpfungskette nah am Markt zu ermöglichen. In dieser symbiotischen Allianz schließen Marktteilnehmer wie Zulieferer, Dienstleister, Forschungseinrichtungen und Hauptabnehmer ihre Kräfte zusammen, um ihre Geschäftstätigkeit mit Hilfe der Digitalisierung effizienter zu verzahnen. Hochschulen helfen Unternehmen bei der Weiterentwicklung von Produkten und Lösungen. Im Gegenzug gewähren Unternehmen den Universitäten Zugang zu Geräten und Daten, auch im Rahmen von Praktika und beruflicher Weiterbildung.
Ein Cluster bietet „ein einzigartiges Umfeld zur Beschleunigung technischer Innovationen, Förderung von Unternehmensneugründungen und Sicherung neuer Investitionen“, findet KPMG. Liegen Geschäftspartner räumlich dicht bei­einander, können sie zum beiderseitigen Vorteil im direkten Ideenaustausch einfacher kooperieren. Integrierte Produkt-Ökosysteme unterstützen deshalb inkrementelle Veränderungen der Produkte etablierter Anbieter. Im Gegensatz dazu entstehen disruptive Innovationen eher außerhalb eines existierenden Produkt-Ökosystems – in Start-ups oder Spin-offs – und werden erst im Erfolgsfall übernommen, ausgebaut oder integriert.

Vorwärtsintegration

Dikablis Professional Eyetracking
Produktdesign per Analytics: Googles Forschungsteam von Android Auto nutzt das Blickerfassungssystem Dikablis und die Mess- und Analyse-Software D-Lab von Ergoneers.
(Quelle: Ergoneers GmbH)
Fortwährender technischer Fortschritt, die steigende Kosteneffizienz kundennaher, „smarter“ Fabriken und divergierende Kundenwünsche zwingen die Hersteller, sich gleichzeitig mit zunehmender Produktvariabilität und fluktuierenden Stückzahlen auseinanderzusetzen, betont KPMG Deutschland in der eingangs erwähnten Studie „Megatrends: Indus­trial Manufacturing“. Diese beiden Entwicklungen führen aus betriebswirtschaftlicher Sicht aber nicht bloß zu sinkenden Skaleneffekten, sondern fordern Investitionen, die sich im Lauf eines stets kürzeren Produktlebenszyklus unter steigendem Wettbewerbsdruck amortisieren müssen. Durch vollintegrierte IT- Systeme vom Kunden bis zum Zulieferer würden die künftigen Fabriken und ihre Lieferketten direkt vom Kunden gelenkt, prognostiziert KPMG. Die transparente Messung aller wesentlichen Prozesse ermögliche eine schnelle Reaktion auf alle Abweichungen. Die Fabrik benötige hierfür verlässliche Verfahren und hochqualifizierte Mitarbeiter, die sich den ständig neuen Bedürfnissen von Kunden und Märkten anpassen könnten.
Neue Materialien wie Nanolacke und Fertigungsprozesse wie 3D-Druck erlaubten es zudem, Produkte mit zusätzlicher Funktionalität auszustatten beziehungsweise Form und Beschaffenheit zu verändern, betont KPMG. Mehrere Hersteller in der Autoindustrie experimentieren seit geraumer Zeit zum Beispiel mit der Nanofertigung für selbstreinigende Fahrzeuge. Sogar in der Software-Industrie sind immer öfter Lösungen mit Selbstreparatureigenschaften anzutreffen. So hat es etwa Microsoft nach etlichen Produktgenerationen geschafft, Windows 10 mit einem relativ zuverlässigen Mechanismus für die Systemwiederherstellung zu versehen. Nach einem fehlgeschlagenen Update des Systems spielt es selbsttätig die zuletzt funktionierende Version wieder ein.

Fazit

Immer mehr Unternehmen nutzen die Digitalisierung, um Kernbestandteile ihrer Geschäftsmodelle, ihre wirtschaftlichen Grundannahmen und ihre Produktportfolios nach agiler Methodik auf Hochglanz zu polieren. Evolutionäres Produktdesign senkt die Risiken der Markteinführung einer neuen Lösung in hart umkämpften Märkten. Zu diesem Effekt tragen nicht zuletzt auch Produkt-Ökosysteme bei. In den hochiterativen evolutionären Entwicklungsprozessen eines solchen Ökosystems entstehen Produkte und Dienstleistungen, die den Anforderungen des Marktes besonders gut entsprechen.
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