Open Source als Motor der Digitalisierung
Vorteil Open Source
von Thomas Hafen - 10.02.2020
Der Siegeszug von Open Source hängt eng mit der digitalen Transformation zusammen. „Die IT-Welt hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verändert“, konstatiert Jan Wildeboer. „Aus einem hardwarezentrierten Geschäft wurde ein reines Software-Business.“ Monolithische Applikationen werden zunehmend durch modulare Lösungen ersetzt, neue Funktionen werden nicht mehr hartcodiert als Firmware-Update verteilt, sondern stehen softwaredefiniert als Service zur Verfügung. Lange Releasezyklen haben schnellen Updates Platz gemacht, die kontinuierlich ausgeliefert werden. All diese Entwicklungen würden Open Source in die Hände spielen.
„Kunden können mit Open Source sehr viel schneller Probleme lösen oder neue Funktionen entwickeln, weil sie selbst direkt Einfluss auf die Software nehmen können“, erklärt Wildeboer. „Open Source ermöglicht es, eine standardisierte IT-Infrastruktur aufzubauen, die kostengünstig und leicht zu bedienen ist. Unternehmen können sich so auf die Aspekte ihrer Geschäftstätigkeit konzentrieren, die sie wirklich vom Mitbewerb abheben“, ergänzt Max Furmanov, Global Managing Director bei der Managementberatung Accenture. „Der Einstieg in Open Source ist sehr einfach“, betont Steffen Illium von der LMU. „Start-ups nutzen daher gerne offene Architekturen und bleiben dann dabei, wenn sie wachsen.“
Neben Einfachheit und Flexibilität sprechen auch Aspekte der IT-Sicherheit für Open Source. Zwar können Hacker den offenliegenden Quellcode sehr einfach auf Schwachstellen durchforsten, die große Gemeinschaft der Entwickler entdeckt potenzielle Einfallstore aber in der Regel schneller und schließt sie, bevor Cyberkriminelle größere Schäden anrichten können. In proprietärer Software bleiben Schwachstellen dagegen häufig über längere Zeit unentdeckt.
Ein prominentes Beispiel hierfür ist die EternalBlue-Schwachstelle im Betriebssystem Windows, die für die WannaCry-Ransomware-Attacke im Jahr 2017 missbraucht wurde. Berichten zufolge war die Schwachstelle der US-Geheimdienstorganisation NSA (National Security Agency) seit mehreren Jahren bekannt und wurde von dieser zu Spionage-Zwecken benutzt.
OSS ist allerdings nicht per se gegen solche katastrophalen Fehler gefeit, wie das Beispiel Heartbleed zeigt: Ein Fehler in der Software-Bibliothek OpenSSL ermöglichte es Kriminellen, Daten verschlüsselter https-Verbindungen auszulesen. Der einzige fest angestellte Mitarbeiter des Projekts hatte die Version mit der Heartbleed-Lücke 2012 veröffentlicht, geschlossen wurde sie erst 2014.
Für deutsche Unternehmen sprechen laut „Open Source Monitor 2019“ vor allem Kosteneinsparungen, höhere Sicherheit, Stabilität und geringere Fehleranfälligkeit sowie die Unabhängigkeit von Anbietern für offene Lösungen und Standards. „Unternehmen nutzen schon lange nicht mehr allein deshalb Open Source, weil sie kostenlos ist, sondern weil sie viele weitere Vorteile bieten kann - von mehr Sicherheit bis zur einfachen Individualisierung der Software“, erklärt Bitkom-Präsident Berg.
Fast 80 Prozent der vom Bitkom Befragten sehen allerdings auch Nachteile beim Einsatz von Open Source. Sie beklagen unter anderem das Fehlen von Fachkräften, mangelnde Akzeptanz im Unternehmen und eine unklare Produktgewährleistung. Zudem hat nur jedes fünfte Unternehmen eine dezizierte OSS-Strategie.