Der Netzwerkeffekt bringt den Erfolg

B2B-Plattformen im Kommen

von - 29.07.2020
B2B-Erfolgsfaktor
B2B-Marktplätze: Die Unternehmen erwarten, dass datengetriebene Prozesse und der Einfluss des B2C-Einkaufverhaltens künftig den Erfolg bestimmen.
(Quelle: ibis research (n = 56) )
Nicht zuletzt für B2B-Plattformen wird künftig eine bedeutendere Rolle prognostiziert. In einer Studie von ibi research sagten 81 Prozent der Befragten den B2B-Marktplätzen ein sehr hohes und hohes Potenzial in den nächsten fünf Jahren voraus. „Der B2B-Markt war bisher noch nicht so reif wie der B2C-Markt. Wenn Firmen online einkaufen, dann am häufigsten in Onlineshops ihrer bisherigen Lieferanten. Plattformen waren daher noch nicht so wichtig wie in B2C. Das ändert sich aber gerade“, betont ibi-research-Geschäftsführer Georg Wittmann. Als Beispiel für interessante deutsche B2B-Plattformen nennt er Mercateo, Conrad.biz, Visable (Wer liefert was), Metro Markets oder Wucato, das von der Würth Gruppe betrieben wird.
Laut Wittmann sind B2B-Plattformen viel komplexer als B2C-Plattformen: „Es gibt keine spontanen Impulskäufe, dafür aber individuelle Preislisten, ein beschränktes Produktangebot mit hohen Qualitätsvorgaben und Zertifizierungen sowie viele Rabattstufen. Häufig sind Rollenmodelle hinterlegt mit den berechtigten Einkäufern in Firmen.“ Auch individuelle Rechnungen oder Vertriebskanäle wie Click and Collect, bei denen der Kunde die online bestellte Ware selbst beim Anbieter abholt, seien eine große Herausforderung.
Beispiel Mercateo: Diese Herausforderungen kennt auch die 2000 gegründete Mercateo Gruppe, ein Vorreiter unter den B2B-Plattformen und mittlerweile eigenen Angaben zufolge Europas führende Beschaffungsplattform für Geschäftskunden. Das Angebot reicht von Bürobedarf, Hardware, Software über Werkzeugtechnik und Elektronik bis Medizinbedarf, Gebäudetechnik, Verpackung sowie Hotel und Gastronomie.
Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend: Mehr als 700 Lieferanten bieten Waren von über 16.400 Herstellern bei Mercateo an. So kommt ein Angebot von mehr als 24 Millionen Artikeln in Deutschland zustande. Über 1,5 Millionen Geschäftskunden haben sich bei Mercateo registriert, rund 3300 Neukunden kommen jeden Monat hinzu. An einem Tag gibt es durchschnittlich über 8.000 Bestellungen. 2019 verzeichnete Mercateo einen Umsatz von 316 Millionen Euro.
Das Unternehmen hat sich auf die Beschaffung von C-Teilen spezialisiert. Das sind Artikel, die nur selten oder einmalig bestellt werden, wie zum Beispiel eine Parkplatzabsperrung für den Vorstand.
Primäre Zielgruppe ist der Mittelstand, der damit sein Einkaufsmanagement professionalisieren kann. Es ist beispielsweise möglich, beim digitalen Freigabeprozess die firmenspezifische Einkaufshierarchie abzubilden, auf die gesamte Bestellhistorie zuzugreifen und diese für Auswertungen zu nutzen. Bedarfsanforderungen lassen sich per Klick freigeben, an Budgets koppeln sowie Kostenstellen und -arten zuordnen.
Mercateo ist zunächst als einfacher Marktplatz gestartet, bei dem Angebot und Nachfrage zusammenkommen, und hat seine Beschaffungsplattform mittlerweile durch das 2017 gestartete B2B-Netzwerk Unite ergänzt. Aber der Reihe nach. Als Marktplatzbetreiber prüft das Unternehmen die Anbieter, um den Kunden eine hohe Qualität zu gewährleisten. Seine eigenen Prozesse hat Mercateo standardisiert und optimiert, auch mit Hilfe von Algorithmen.
„Zu unseren Kunden gehören oft kleine Lieferanten, für die wir Prozesse wie die Bezahlung im B2B-Bereich oder Genehmigungs-Workflows übernehmen, die sie selbst nur mit hohem Aufwand digital umsetzen könnten. Auch Beschwerden laufen über uns. Wir leiten sie automatisiert an den Lieferanten weiter“, berichtet Mercateo-Vorstand Bernd Schönwälder.
Bernd Schönwälder
Dr. Bernd Schönwälder
Vorstand bei Mercateo
www.mercateo.com
Foto: Mercateo
„B2B-Plattformen müssen in ihrem Kern die Kooperation stärken und Menschen miteinander in Kontakt bringen.“
Um seinen Kunden zusätzliche Services zu bieten, betreibt Mercateo das B2B-Netzwerk Unite. „Der Marktplatz ist relativ anonym. Im B2B-Bereich genießt aber die persönliche Beziehung noch einen hohen Stellenwert, das heißt ein großer Teil der Kundenbetreuung läuft in der analogen Welt ab. Unite ist darauf ausgelegt, diese direkte Kundenbeziehung zu digitalisieren und Lieferanten sowie Einkäufer ohne großen IT-Aufwand miteinander zu verbinden“, erläutert Bernd Schönwälder das Konzept hinter Unite. Häufig bringen B2B-Anbieter ihmzufolge ihre Kunden aktiv zu Unite mit, oder die Kunden laden ihre Lieferanten zu Unite ein.
Die Plattform bietet die Infrastruktur für die digitale Handelsbeziehung und positioniert sich als neutraler Partner zwischen beiden Seiten. Sowohl Einkäufer als auch Lieferanten profitieren von standardisierten Prozessen. Dazu Bernd Schönwälder: „Die Administration der Bestellungen, das Vertragsmanagement und die Bestellungen laufen über Unite. Anbieter stellen ihre Sortimente auf Unite bereit und laden ihre Kunden aktiv auf unsere Plattform ein. So bleibt der persönliche Kontakt erhalten.“
Die Anbieter können Einkäufern über die Plattform auch Zusatzservices mit neuer Wertschöpfung anbieten, etwa die Belieferung in der Region am gleichen Tag, den Einbau des bestellten Produkts oder die Wartung. „Die Wertschöpfung in der Wirtschaft ergibt sich nicht nur aus Standardisierung, sondern vor allem aus Kooperation. B2B-Plattformen müssen in ihrem Kern die Kooperation stärken und Menschen miteinander in Kontakt bringen“, resümiert Schönwälder.
Beispiel MachineHero: Seit dem 11. Mai 2020 frisch auf dem Markt ist die Plattform MachineHero der Deutschen Leasing, ein Marktplatz für gebrauchte, rollende Baumaschinen wie Bagger oder Raupen. Eine Erweiterung auf Agrarmaschinen wie Mähdrescher ist angedacht. Bisher vermarktete das Unternehmen die Maschinen als Rückläufer aus Leasingverträgen ausschließlich in seinen eigenen, exklusiven Kanälen. Mit MachineHero öffnet sich das Unternehmen jetzt dem Gesamtmarkt und weiteren Partnern.
Sven Siering, Leiter der Digital Innovation Unit (DIU) der Deutschen Leasing, hat die Plattform mit seinem Team entwickelt. „MachineHero ist als Vermittler zwischen Verkäufer und Käufer eine typische digitale Plattform, aber mit einigen Besonderheiten und Zusatzservices. Wir bieten in diesem stark von Barzahlung geprägten Geschäft eine elektronische Zahlungsmöglichkeit sowie Finanzierungslösungen an. Jede Maschine wird auf Wunsch von einem TÜV-Gutachter bewertet. Mit einer Bonitätsprüfung der Interessenten geben wir den Verkäufern Sicherheit. Außerdem stellen wir auch die Logistik vom Verkäufer zum Käufer bereit.“
Sven Siering
Sven Siering
Leiter Digital Innovation Unit (DIU) der Deutschen Leasing
www.deutsche-
leasing.com,
Foto: Deutsche Leasing
„Das Schöne an einer eigenen Plattform ist, dass man mit einem Kernangebot starten und später weitere Leistungen ergänzen kann
Bislang stehen auf der Plattform etwas mehr als 800 Maschinen zur Verfügung, Tendenz steigend. Für Sven Siering ist es jetzt wichtig, schnell eine kritische Masse und viele Transaktionen zu erreichen, um den Netzwerkeffekt zu erzielen und die Plattform für Verkäufer und Interessenten attraktiver zu machen. „Die Deutsche Leasing hat bereits viele Kunden, die solche Maschinen besitzen. Und wir haben die Rückläufer aus den Leasingverträgen, mit denen wir die Plattform selbst füllen können. Und natürlich sind wir offen für alle Anbieter und Interessenten, um Wachstum zu erreichen.“
Was die Deutsche Leasing künftig alles auf MachineHero bieten wird, hängt von Erfahrungen und dem Feedback der Kunden ab. „Unser Ziel ist es, einen Mehrwert für die Kunden zu erreichen. Wir lernen mit den Erfahrungen unserer Zielgruppe dazu. Das Schöne an einer eigenen Plattform ist, dass man mit einem Kernangebot starten und später weitere Leistungen ergänzen kann“, betont Siering.
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