SAS-Chef Jim Goodnight

Machine Learning hat wenig mit Lernen zu tun

von - 23.08.2018
Jim Goodnight
Foto: SAS
SAS-Chef Jim Goodnight spricht über das Potenzial von KI und Analytik an jedem Arbeitsplatz. Besonders herausfordernd schätzt er die riesigen Datenmengen ein, die durch das IoT entstehen.
Mit der Digitalisierung der Wirtschaft wächst die Bedeutung von Analytik für das Geschäft. Damit könnten dem Analytics-Spezialisten SAS viele weitere erfolgreiche Jahre bevorstehen. Allerdings muss es das Unternehmen zuerst noch schaffen, seine Speziallösungen für die Masse der Anwender in den Firmen brauchbar zu machen. Wie das gelingen soll und wie er die Konkurrenz sieht, erläutert SAS-Mitgründer Jim Goodnight, der das Software-Haus seit über 40 Jahren führt.
com! professional: Ist SAS in fünf Jahren noch im Geschäft?
Jim Goodnight: (Lacht). Ich denke schon! Was könnte ich anderes sagen? Zumindest die Vorzeichen dafür sind gut: SAS wächst weiterhin solide, unsere Events wie das „Global Forum“ sind regelmäßig ausgebucht. Das signalisiert mir, dass die Kunden ein großes Interesse an unseren Lösungen haben. Zudem sind wir durch Investitionen in Künst­liche Intelligenz, Machine Learning und neuronale Netze gut aufgestellt.
com! professional: Was sind Ihre größten Wettbewerber?
Goodnight: Google macht viele Schlagzeilen mit seinen Anwendungen zur Künstlichen Intelligenz. Sie haben den großen Vorteil, dass sie unglaublich viele Daten nutzen können, um die Systeme zu trainieren. Das kommt ihnen etwa bei Spracherkennung und akustischer Textausgabe zugute. Diese Anwendungen sind hervorragend. Auch ich nehme gerne mein Smartphone in die Hand, um Google mit Fragen zu löchern. In 99 Prozent der Fälle versteht mich die Software und liefert die korrekte Antwort.
Die Stärke unserer Lösungen liegt in der Übersetzung von Sprache zu Text. Damit erleichtern wir etwa Callcenter-Agenten die Arbeit. Nach einem Training der fachspezifischen Fragestellungen findet die Software auto­matisch passende Antworten, die der Agent anschließend nur noch freigeben muss.
com! professional: Welche Rolle spielt  Open Source im Umfeld von SAS?
Goodnight: Es ist vermutlich unser größter Wettbewerber. Oft experimentieren Firmen mit Open-Source-Technologie, um analytische Fragestellungen zu beantworten. Kaum weniger häufig kommen sie anschließend auf SAS zu, weil sie eine Komplettlösung für ihr Prob­lem wünschen. Denn der Open-Source-Markt im Bereich Analytik und Statistik ist sehr stark fragmentiert.
com! professional: Wie offen ist SAS für Open Source?
Goodnight: Auf unserer Viya-Plattform machen wir statistische Routinen sowie Algorithmen für Künst­liche Intelligenz und Machine Learning in einer Hochleistungsumgebung verfügbar. Durch Massively Parallel Processing können die Daten extrem schnell verarbeitet werden. Diese Umgebung kann in diverse Programmiersprachen und Tools eingebunden werden. Wer Python-Routinen für Machine Learning verwendet, kann Viya-Algorithmen die Arbeit machen lassen und mit dem fertigen Modell danach in die Produktion gehen.
com! professional: KI soll künftig in allen SAS-Anwendungen dem Nutzer helfen, bessere und schnellere Ergebnisse zu finden. Sind dafür wirklich alle Ihre Programme geeignet?
Goodnight: Ich denke schon. Ein Ziel ist, die Bedienerfreundlichkeit zu erhöhen. Die Anwender sollen die Software nur mit den unbedingt notwendigen Details füttern müssen. Wenn die Maschine verstanden hat, um welche Fragestellung es geht, soll sie allenfalls die zusätzlichen Fakten selbst ermitteln und dann das Resultat liefern. Denkbar ist außerdem, dass die Software anhand der vorhandenen Variablen selbstständig Empfehlungen für eine Auswertung liefert.
com! professional: Fachkräftemangel ist eine Herausforderung. Benötigen wir weniger Data Scientists, wenn Künstliche Intelligenz den Anwendern hilft?
Goodnight: Für unsere Lösungen wie Visual Analytics und Visual Statistics benötigen die Kunden nicht mehr zwingend einen Data Scientist, um analytische Fragestellungen zu beantworten. Auch versierte Fachanwender können mit den Anwendungen komplexe Probleme lösen. Allerdings ist es natürlich immer sinnvoll, noch einen Fachmann hinzu­ziehen zu können. Deshalb werden die Data Scientists und Statistiker auch in Zukunft ihre Berechtigung behalten.
Verwandte Themen