Der lange Weg zum agilen Unternehmen
Agile Antworten
von Thomas Hafen - 01.02.2019
Warum die Unterscheidung zwischen den Szenarien keine bloß theoretische Angelegenheit ist, sondern essenziell wichtig für Unternehmen und IT, macht ein Blick auf die Herausforderungen deutlich, die sich aktuell stellen. Die meisten sind nämlich komplexer Natur: Langfristige Planungen werden immer schwieriger, Ziele müssen ständig revidiert werden, und ob ein Produkt oder eine Dienstleistung erfolgreich ist, hängt immer stärker von den sich permanent ändernden Rahmenbedingungen ab.
In der Software-Branche ist diese Entwicklung schon seit vielen Jahren ein Thema. Denn die klassische Wasserfallmethode mit langen Planungsphasen, aufeinanderfolgenden Projektschritten und klaren Zieldefinitionen war einst für komplizierte Probleme entwickelt worden, in großen, komplexen Software-Projekten stößt sie jedoch an ihre Grenzen.
Je größer die Zahl der Komponenten und je umfangreicher die Abhängigkeiten von anderen Systemen, desto weniger lassen sich Prozessfortschritte und Ergebnisse im Detail planen. Hinzu kommt, dass sich die Marktbedingungen immer schneller ändern, sodass sich Projektziele nicht mehr Jahre im Voraus festlegen lassen.
Die Unzufriedenheit mit den herkömmlichen Planungsmethoden resultierte 2001 im schon legendären „Agilen Manifest“. Es fasst die wichtigsten Werte der agilen Software-Entwicklung zusammen: Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge, Funktionen wichtiger als Dokumentation, die Zusammenarbeit mit Kunden ist wichtiger als Verträge und die flexible Reaktion auf Veränderungen hat Vorrang vor dem strikten Befolgen eines Plans. Statt Meilensteine abzuarbeiten, wirken erreichte Ziele und die damit gemachten Erfahrungen auf die weitere Planung zurück, das Vorgehen ist iterativ und nicht mehr linear wie im Wasserfallmodell.
Frameworks wie Scrum folgen den Ideen des agilen Manifests und geben ihm einen Rahmen. Längst werden sie nicht mehr nur in der Software-Entwicklung, sondern auch in anderen Unternehmensbereichen eingesetzt, in denen es um komplexe Fragestellungen geht. „Für mich bedeutet Agilität im Unternehmenskontext, dass ich vorbereitet bin, vorausschauend arbeiten, in kurzen Zyklen Werte ausliefern und meine Ziele immer wieder nachjustieren kann“, beschreibt Daniel Dubbel von DB Systel seine Leitgedanken.
Ähnlich Svenja Hofert: Sie sieht als wesentliches Merkmal von Agilität den stetigen Wechsel zwischen Aktion und Reflexion: „Schnelligkeit allein ist nicht agil.“ Wer die reflexiven Phasen vernachlässige, drohe die Mitarbeiter zu überfordern und zu demotivieren und der gewünschte Effekt verkehre sich ins Gegenteil. „Das Thema Agil ist unheimlich schnell verbrannt, das habe ich oft erlebt.“