KI macht smarte Sprachanwendungen möglich

Maschinell übersetzen

von - 15.05.2019
Persil Fleckenhilfe
Beispiel Persil: Henkel unterstützt seinen Fleckentfernungs-Service durch einen Chatbot.
(Quelle: com! professional / Screenshot)
Inzwischen sind Übersetzungsprogramme beeindruckend gut. Google Translate galt lange als bester Übersetzer. Neuerdings nutzt das Tool rekurrente neuronale Netze und kann auch ganze Sätze in einen Kontext setzen. Allein dadurch sind seine Übersetzungen verlässlicher geworden, wenn auch längst noch nicht fehlerfrei.
Noch besser schlägt sich ausgerechnet ein kleines Start-up aus Köln: DeepL liefert Übersetzungen von neun Sprachen - darunter Deutsch, Englisch, Spanisch, Russisch - in bislang nicht gekannter Qualität. Das zeigte eine Reihe von Tests. Beispielsweise wählten professionelle Übersetzer in einem Blindtest die Translationen von DeepL dreimal häufiger als beste Übersetzung als die der Konkurrenz von Google, Microsoft und Facebook.
DeepL setzt nicht auf rekurrente neuronale Netze, sondern auf Convolutional Networks, wie sie bei der Bilderkennung üblich sind. Der Vorteil: Convolutional Networks verarbeiten alle Wörter parallel und es gibt bereits hoch optimierte Bibliotheken für die Berechnung. DeepL erzeugt die Übersetzung mittels eines Supercomputers, der 5,1 PetaFLOPS erreicht.
Was aber bringen diese Übersetzungssysteme konkret im Wirtschaftsleben? Sie bilden heute schon ein wichtiges Instrumentarium für alle Unternehmen, die Texte schnell von einer in eine andere Sprache übersetzen müssen. Vor einer Publikation sollten die automatisch übersetzten Texte zwar besser noch nachbearbeitet werden, aber zum reinen Verstehen reichen die künstlichen Resultate schon aus.
Oft werden Übersetzungsdienste bei Medien­unternehmen oder im E-Commerce eingesetzt. Beispielsweise profitieren Hotelbewertungsportale und global agierende Spezialanbieter davon. Die Buchungsseite Hotels.com etwa will allen Kunden die aktuellsten Informationen zu ihrem Reiseziel in ihrer Muttersprache liefern. Dazu betreibt Hotels.com 90 lokalisierte Web­sites in 41 Sprachen und bietet rund 25 Millionen Kundenbewertungen. Technische Voraussetzung dafür: maschinelle Übersetzungen.

Unbekanntes entdecken

Maschinelles Übersetzen ist in der KI eines der Leuchtturmprojekte, wirtschaftlich gesehen allerdings nur eine Nischenanwendung. Größeres ökonomisches Potenzial haben an­-dere Sprachanwendungen: Textmining, natürlichsprachliche Schnittstellen, Sprachassistenten und Chat-Bots.
Textmining wird eingesetzt, um riesige Mengen an freiem Text zu durchsuchen, relevante Informationen zu finden, Texte zu analysieren und zu interpretieren. Semantische Technologien erlauben es, Schlüsselwörter automatisch zu ermitteln, Personennamen zu erkennen und auch große Mengen von Dokumenten automatisch zu klassifizieren oder Themenbereichen zuzuordnen. Die Panama-Papers, das größte Daten-Leak der letzten Jahre mit einem Datenumfang von 2,6 TByte, wurden mit Textmining-Methoden untersucht.
Mit Textmining können Unternehmen Informationen gewinnen, die ihnen bislang verborgen waren. Das Verfahren kann helfen, wertvolle Geschäftsinformationen aus textbasierten Quellen wie Dokumenten oder E-Mails zu ziehen. Der Energiekonzern RWE setzt eine sprachbasierte KI-Plattform ein, um bei der Kundenkommunikation Muster in unstrukturierten Texten wie E-Mails oder Briefen zu entdecken. Das Anliegen (Worum geht es dem Kunden?) sowie dessen Weiterverarbeitung (Wer ist Experte dafür?) werden automatisiert ohne menschlichen Eingriff verarbeitet. 80 Prozent der Service-Anfragen werden auf diese Weise durch die KI automatisch in die Bestandssysteme übertragen und Mitarbeiter so von manuellen Routinetätigkeiten entlastet. Textmining lässt sich auch sehr gut zur Marktbeobachtung nutzen. „Wenn man wissen möchte, was andere Unternehmen oder die Konkurrenz via Pressemitteilungen, Twitter oder Facebook von sich gibt, kann Textmining eingesetzt werden“, erklärt Kristin Strauch, KI-Referentin beim Digitalverband Bitkom. „Es ist verbreitet im Content Marketing, in Marketing-Abteilungen und bei Unternehmensberatungen. Letztere setzen solche Tools etwa ein, um zu erfahren, wie sich bestimmte Unternehmen zu einem Thema positionieren.“
Auch businessrelevante Infos aus Einträgen in sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und LinkedIn können via Textmining gewonnen werden. Sentiment-Analyse etwa ermittelt die Einstellung in den sozialen Medien gegenüber einem Produkt oder einem Unternehmen. Fällt sie zu negativ aus, kann das Marketing Gegenmaßnahmen einleiten.
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