IT-Start-ups als Motor der Digitalisierung

And the winner is … PAF

von - 05.01.2018
Branchen der deutschen Start-ups
Digitale Star-ups: Die meisten jungen Unternehmen sind in den Bereichen IT/Software-Entwicklung, Software as a Service und industrielle Technologie aktiv.
(Quelle: DSM 2017 )
Tobias Rother, Gründer und Geschäftsführer der Process Analytics Factory, entdeckte das Process-Mining-Verfahren – die datenbasierte Rekonstruktion von Business-Prozessen aus IT-Systemen – 2008 an der TU Eind­hoven. Bis zur Gründung seines Unternehmens führte er eine Vielzahl von Process-Mining-Projekten durch. „Das Neue an unserer Lösung ist: Wir betten Process Mining in die vom Kunden bevorzugte Anwendung ein und automatisieren dort die Prozessanalyse. Wo ein Kunde vorher rund 400 Stunden brauchte, um die Prozesse im Einkauf zu analysieren, erfolgt dies mit PAFnow binnen vier Stunden“, erklärt Tobias Rother.
Diese enorme Beschleunigung geht auf das Verfahren und das zugrunde liegende Datenmodell zurück. Die Daten für die Prozessanalyse stammen aus Workflow-Anwendungen oder dem ERP-System; aktuell werden Daten aus SAP und Microsoft Dynamics unterstützt. Ein spezieller Extraktor zieht dann die relevanten Daten aus den ERP-Systemen zu PAFnow. Dort werden die Rohdaten automatisch transformiert und in einem eigenentwickelten Datenmodell ausgewertet, das auch auf maschinellem Lernen beruht. Anschließend werden die Daten in vorgefertigten Content Packs dargestellt, die unter anderem auf KPIs und Benchmark-Daten basieren. Derzeit gibt es diese Content Packs für die Analyse von Prozessen in Einkauf und Vertrieb, künftig auch für die Produktionsplanung (Industrie 4.0) und die Customer Journey.
Tobias Rother
Tobias Rother
Gründer der Process
Analytics Factory
www.prozessanalyse.org
Foto: Process Analytics Factory
„Wo ein Kunde vorher rund 400 Stunden brauchte, um die Prozesse im Einkauf zu analysieren, erfolgt dies mit PAFnow binnen vier Stunden.“
„Wir sorgen für Transparenz und zeigen unseren Kunden, welche Prozesse sie etwa im Einkauf verbessern können. Inbegriffen ist beispielsweise auch eine Übersicht über die Automatisierungsrate bei den einzelnen Prozessen. Angenommen, das Unternehmen erfährt, dass die Bestellvorgänge im Einkauf nur sehr niedrig automatisiert sind, kennt es durch PAFnow den Hebel, an dem es ansetzen kann“, so Tobias Rother.
Anderes Beispiel: Bei einigen Lieferanten erhalten Firmen 3 Prozent Skonto, wenn sie Rechnungen bereits nach 14 Tagen bezahlen. Doch oft können Rechnungen nicht schnell genug freigegeben werden und die Skonto-Einsparungen verfallen. Dies kann verschiedene Gründe haben. PAFnow Process Mining kann hier weiterhelfen, indem es den Skonto-Ertrag etwa der letzten zwölf Monate misst und Prozesskennzahlen auswertet. Auf Basis der Analyse-Ergebnisse können Unternehmen ihre Prozesse beschleunigen und künftig Skonto-Verluste vermeiden.
PAF Skontoverlust
PAFnow Process Mining: Das Programm misst den Skonto-Ertrag der vergangenen 12 Monate und wertet Prozesskennzahlen aus, um Skonto-Verluste zu vermeiden.
(Quelle: Process Analytics Factory)
„Unser Ziel ist die Marktführerschaft im Bereich Artificial Process Intelligence mit zwei zentralen Säulen. Erstens der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz, zweitens mit Process Mining als Teil des digitalen Arbeitsplatzes. Daher ist Process Mining bei PAFnow in Microsoft Office 365 integriert. So sieht der Mitarbeiter direkt vom Arbeitsplatz aus, welche Aufträge offen sind, wann Rechnungen freigegeben werden oder wie hoch der Skonto-Ertrag ist. Prozessanalyse wird künftig nicht mehr in Workshops, sondern digital passieren“, erläutert Tobias Rother.
Mittlerweile beschäftigt Rother 15 Mitarbeiter, mit stark wachsender Tendenz. Bislang wuchs das Unternehmen organisch aus dem eigenen Cashflow. Zur Innovationsforschung arbeitet PAF aktuell in geförderten Projekten eng mit Doktoranden der TU Darmstadt oder dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz in Saarbrücken zusammen. Eine Teilfinanzierung erfolgt dabei aus Forschungsgeldern vom Bund und durch das Land Hessen“, so Rother. Künftig setzt er auf eine stärkere Internationalisierung, „da wir Probleme lösen, die bei Firmen in aller Welt auftreten. Hier stehen wir vor der gleichen Herausforderung wie alle anderen deutschen Start-ups, nämlich der Frage nach der Wachstumsfinanzierung.“
Inkubatoren, Acceleratoren, Company Builder
In den letzten Jahren hat die Zahl der Acceleratoren und Inkubatoren, die Start-ups fördern, deutlich zugenommen. Mittlerweile gibt es mehr als 500 Gründerzentren beziehungsweise Inkubatoren in Deutschland, die entweder Gründer aller Branchen betreuen oder sich auf bestimmte Themen wie Informationstechnik, Digitalisierung oder Biotechnologie spezialisiert haben. Die Teams werden dann mit den üblichen Fördermaßnahmen unterstützt: Expertenwissen für Mentoring und Weiterbildung, Zugang zu einem Netzwerk aus Investoren und Geschäftspartnern, Hilfe bei der Finanzierung und Büroräume. Ähnlich arbeiten Company Builder. Eine Begriffsklärung:
Accelerator
In einem Accelerator-Programm werden Start-ups innerhalb eines festgelegten Zeitraums zwischen drei bis sechs Monaten intensiv betreut, um ihre Geschäftsidee und ihr Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und markttauglich zu machen – meist in einer frühen Phase der Gründung. Die Gründer erhalten dort in einer Art Druckbetankung intensives Coaching und Mentoring sowie Kontakt zu Zielunternehmen, um die eigene Idee beschleunigt umsetzen zu können. Erweist sich die Idee als markttauglich, können die Start-ups in einem Inkubator weiter an ihrer Idee feilen.
Inkubator
Während bei Accelerator-Programmen der Startpunkt und die Dauer des Programms festgelegt sind,  ziehen die Start-ups im Inkubator zunächst unbegrenzt mit offiziellem Geschäftssitz in feste Räume ein. Sie entscheiden selbst über den Einzugstermin und schließen einen günstigen Mietvertrag mit Komplettservice für die (IT-)Infrastruktur meist unter dem standortüblichen Niveau ab. Auch im Inkubator geht es darum, ein Ökosystem für Gründer zu schaffen, in dem sie sich auf kurzen Wegen mit anderen Gründern aus der digitalen Wirtschaft, Coaches und Investoren vernetzen können.
Company Builder
Company Builder bilden neben Acceleratoren und Inkubatoren einen dritten Ansatz für den Aufbau oder die Förderung von Start-ups. Bekannteste Vertreter hierzulande sind Rocket Internet, Hitfox oder Hanse Ventures. Company Builder entwickeln im Unterschied zu Acceleratoren und Inkubatoren eigene Geschäftskonzepte und kümmern sich um den Aufbau des Management-Teams. Dieses  setzt sich meist aus internen Mitar­beitern zusammen. Teilweise holen Company Builder auch passende Gründerteams von außen für die Umsetzung ihrer Idee an Bord.
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