Diese IT-Start-ups sollten Sie kennen

Interview: Crate.IO entwickelt Datenspeicher

von - 28.03.2015
Unser Interviewpartner ist Jodok Batlogg, Gründer und CEO von Crate.IO.
com! professional: Wie kamen Sie auf die Idee, mit Crate.IO einen Datenspeicher zu entwickeln?
Jadok Batlogg, Gründer und CEO von Crate.IO
Jadok Batlogg, Gründer und CEO von Crate.IO: „Die Tendenz beim Computing geht stark in Richtung Distributed Systems.“
Jodok Batlogg: Crate entstand aus dem Pro­blem heraus, dass es zwar relativ einfach ist, den Application-Layer einer Webapplikation zu skalieren, dafür aber sehr schwierig, das mit dem Datenbank-Layer zu tun. Meist ist die Datenbank der Bottleneck einer Webapplikation, vor allem bei datenintensiven Seiten wie sozialen Netzwerken. Typischerweise versucht man dann zuerst, die Hardware des Datenbank-Servers zu verbessern – immer größere und schnellere Maschinen mit mehr Arbeitsspeicher. Aber ziemlich schnell stößt man auch dort an Grenzen und ein einzelner Server reicht nicht mehr aus. Deshalb muss bei Datenbanken ein übliches Master-Slave-System her. Dazu kommen noch andere Anforderungen wie Volltextsuche, Task-Queue etc. Dafür braucht man dann wieder andere Technologien – und ehe man sichs versieht, hat man einen ganzen Zoo voller Technologien.
Dieses Szenario habe ich im Lauf der Zeit mehrfach erlebt, nicht nur in meiner Zeit bei StudiVZ. Deshalb haben wir eine Datenbank entwickelt, die einfach zu skalieren und zu bedienen ist.
com! professional: Was macht Crate.IO anders als bisher verfügbare Data Stores, und worin liegen die Vorteile?
Batlogg: Wie schon angesprochen, soll Crate die Installation und Wartung der Datenbank vereinfachen. Unsere oberste Prämisse bei der Entwicklung ist immer der Ease-of-Use, also die Einfachheit der Nutzung. Unserer Meinung nach sollte jeder einfache Web­entwickler in der Lage sein, eine unter der Haube komplexe Datenbank selber zu verwalten. Für viele neue Technologien braucht man leider heutzutage Spezialwissen und jahrelange Erfahrung. Das kostet Geld und Nerven.
Weiterhin benutzt Crate SQL als Query-Language, so wie wir es von relationalen Datenbanken kennen. Die Speicherung der Daten erfolgt jedoch in Form von Dokumenten. Somit vereinen wir zwei Vorteile: SQL ist einfach und leichter zu handhaben als JSON-Schnittstellen oder proprietäre Protokolle. SQL ist standardisiert, lässt sich aber auch einfach erweitern. So können wir bei Crate zum Beispiel spezielle Datentypen wie OBJECT oder ARRAY abdecken.
Die Tendenz beim Computing geht stark in Richtung Distributed Systems. Crate mit seiner Shared-Nothing-Architektur passt genau in diese Schiene. Da jeder Node in einem Crate-Cluster in sich gleich ist und jede Aufgabe erfüllen kann, lassen sich damit einfach neue Nodes starten und stoppen, so wie es gerade gebraucht wird. Auch zu erwähnen sind die eingebaute Volltext­suche und BLOB-Storage.
com! professional: Crate.IO ist Open Source. Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?
Batlogg: Open Source ist uns sehr wichtig, denn wir glauben an die Philosophie und viele von uns sind seit mehr als zehn Jahren in Open-Source-Projekte involviert. Aus Open Source entsteht immer auch ein Wert, der kommerziell genutzt werden kann und soll. Wir bieten bei Crate Enterprise-Lizenzen für spezielle Funktionen und Support an.
com! professional: Wie erfolgreich ist Crate.IO bereits? Können Sie uns sagen, wie viele Unternehmen Ihren Data Store schon einsetzen?
Batlogg: Für jedes Start-up ist es gleichermaßen schwer. Wenn man eine Datenbank entwickelt, ist es aber noch einmal etwas anderes: Denn Entwickler speichern womöglich Millionen von Daten mit deinem Produkt. Da muss man auf das Produkt vertrauen. Der Prozess dauert logischerweise länger als der Entscheidungsprozess, mal einfach eine App herunterzuladen. Download-Zahlen sind daher schwer vergleichbar.
Trotzdem haben wir es geschafft, unter anderem durch einen Nummer-1-Artikel auf Hackernews und das Gewinnen des TechCrunch Disrupt 2014, mehr als 20.000 Server-Downloads zu generieren. Unser Hauptaugenmerk liegt zur Zeit auf Growth-Hacking, also dem Versuch, mit profanen Mitteln potenziellen Nutzern unser Produkt schmackhaft zu machen. Dafür versuchen wir, auf so vielen Meet-ups und Konferenzen wie möglich zu sein, um direkt mit Developern Kontakt aufzunehmen, und indirekt über Cloud-Computing-Partner, die Crate in Demos ihrer Technologien verwenden, Awareness zu schaffen.
Wir haben rund zehn Firmen verschiedenster Größe, zu denen wir engeren Kontakt pflegen und die wir bei der Verwendung von Crate so gut es geht unterstützen. Die Palette reicht von IoT (Internet of Things) über Analytics bis hin zu Service Companies.
com! professional: Die IT-Welt befindet sich derzeit in einem Wandel – immer mehr Unternehmen setzen auf Anything as a Service. Gefragt ist, was flexibel, funktionell, schnell und skalierbar ist. Kommt man als Unternehmen um die Transformation des Rechenzentrums in die Cloud überhaupt noch herum?
Batlogg: Das ist schwer zu sagen. Es gibt immer noch Beispiele, wo On-Premise-Hosting durchaus seine Berechtigung hat. Aber generell ist der Wandel sehr stark zu spüren. Wie erwähnt spielt die Dezentralisierung eine große Rolle. Dazu gibt es viele Ansätze und noch halbfertige Lösungen, denn noch ist meiner Meinung nach nicht entschieden, was sich am Ende des Tages durchsetzen wird.
Die Richtung jedoch ist klar! Dies bedarf eines gewissen „Andersdenkens“, eröffnet aber auch bisher unbekannte Möglichkeiten.
Verwandte Themen