Intelligent-Operations-Provider

Im Gespräch mit Heiko Henkes, Director Advision bei der ISG Information Services Group

von - 13.12.2018
Heiko Henkes, Director Advisor bei der ISG Information Services Group, erklärt im Gespräch mit com! professional, was einen Intelligent-Operations-Provider auszeichnet und warum Unternehmen solche Dienstleister benötigen.
com! professional: Herr Henkes, Sie haben in Ihrer aktuellen Studie „Digital Transformation Services & Solutions Germany“ die Kategorie „Intelligent Operations Provider“ eingeführt. Was waren die Gründe dafür?
Heiko Henkes: Wir haben versucht, in der Studie die Herausforderungen zu identifizieren und zu
Heiko Henkes
Heiko Henkes: Director Advisor bei der ISG Information Services Group
adressieren, vor denen die Unternehmen bei der digitalen Transformation stehen. Dazu gehört auch der Betrieb von IT-Landschaften. Mit dem kleinteiligen, manuellen Management von IT-Infrastrukturen, wie es bisher oft noch üblich ist, lassen sich die anstehenden Aufgaben nicht meistern. Die Anwender benötigen Provider, deren Dienstleis­tungen über den Standardbetrieb von IT hinausgehen, damit der Kunde sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann.
com! professional: Was sind das für Zusatzleistungen, die ein Intelligent-Operations-Provider bieten muss?
Henkes: Dazu zählen viele Faktoren, beispielsweise die Wahl des richtigen IT-Delivery-Standorts in Bezug auf Kunden, Markt und vor allem Produktionsanforderungen, die Absicherung der Sys­teme, KI-Komponenten wie Predictive und Prescriptive Analytics, Big-Data-Infrastrukturen oder der Zugang zu einem Content Delivery Network, gegebenenfalls mit zusätzlichen Partnern, um durchgängig hohe Geschwindigkeiten und geringe Latenzen garantieren zu können. Auch Hilfestellung bei der generellen Nutzung von Cloud-Ressourcen bis hin zum Betrieb multidimensionaler Hybrid-Cloud-Plattformen gehören in dieses Spektrum.
com! professional: Kann man bei dieser Fülle von Anforderungen und Angeboten überhaupt sagen, was einen guten Intelligent-Operations-Provider ausmacht?
Henkes: Entscheidend ist, dass der Provider über den Tellerrand hinausschaut und nicht nur den IT-Betrieb nach Schema F an­bietet. Er muss permanent ein Stück weitergehen, IT-Trends berücksichtigen und zumindest versuchen, den operativen Betrieb in die Produktion und Entwicklung miteinzubeziehen. Vor allem mit dem Internet of Things wird die Integration von „Operational Technology“, OT, und Information Technology, IT, immer wichtiger. Dafür braucht es spezielles Integrations-Know-how.
com! professional: Sind die Kunden denn überhaupt schon so weit, die Vorteile zu erkennen - und auch zu bezahlen?
Henkes: Das ist noch ein schwieriges Geschäftsfeld. Die für die IT-Beschaffung Verantwortlichen in den Unternehmen sind in der Regel sehr stark zahlen- und kostengetrieben. Es ist daher nicht einfach, den Mehrwert solcher Angebote zu vermitteln.
com! professional: Was müsste sich ändern?
Henkes: Die IT muss als Produktionsfaktor wahrgenommen werden. Der Fokus muss sich von einem lokalen Betrieb im Rechenzentrum zur globalen Nutzung von Ressourcen verlagern, von der Betrachtung der Kapitalkosten hin zu den operativen Kosten, von einem starren Betrieb hin zu differenzierten, individuellen Lösungen auf Basis von Standards und Open Source.
com! professional: Wie weit haben die Unternehmen das verstanden?
Henkes: Noch nicht so weit, wie es eigentlich nötig wäre. Die IT-Budgets steigen, aber es klafft dennoch eine Riesenlücke zwischen dem, was eigentlich gebraucht würde, und dem, was tatsächlich investiert wird.
com! professional: Woran liegt das?
Henkes: Vor allem daran, dass die Kunden kein Technology Business Management (TBM) betreiben. Es fehlen Systeme, die eine Korrelation zwischen den Ausgaben für die IT und dem daraus zu erwartenden Profit bilden und diese auch noch grafisch darstellen können. Das wäre eine ganz wichtige Argumentationsgrundlage gegenüber dem Geschäftsführer oder Vorstand.
com! professional: Wie wichtig ist die Branchenkenntnis bei der Wahl eines Intelligent-Operations-Providers?
Henkes: Die Branchenthematik nimmt gerade extrem Fahrt auf. Die Provider adressieren das, indem sie Spezialisten aus dem jeweiligen Segment zukaufen oder Mitarbeiter entsprechend weiterbilden.
com! professional: Wie verändert dieser Trend den Ansatz bei der Beratung?
Henkes: Der Operations-Provider muss sich verstärkt mit der Middleware und vor allem auch mit den Applikationen beschäftigen, denn sie sind deutlich näher an den eigentlichen Geschäftsprozessen, während die IT-Infrastruktur in der Regel eher generisch und weniger branchenspezifisch ist.
Auch durch Trends wie DevOps, Container beziehungsweise Serverless Computing werden Prozesskenntnisse für Provider immer wichtiger.
com! professional: Was muss ein Provider mitbringen, um im Intelligent-Operations-Markt erfolgreich zu sein?
Henkes: Ob es einen solchen abgrenzbaren Markt gibt, ist angesichts der raschen Veränderungen schwer zu sagen. Auf jeden Fall sollte ein Provider in der Lage sein, weitere modulare Leistungen aus einem flexiblen Baukasten in ein IT-Operations-Modell anzuflanschen, das „State of the Art“ ist.
Er muss in diesem Zusammenhang schnell ein interdisziplinäres Team aufbauen können, um die Kundenanforderungen zu verstehen und genau zu wissen, ob und wie er diese mit den verfügbaren Services adressieren kann.
Dabei muss weder das gesamte Leistungsspektrum gleich zu Beginn zum Einsatz kommen noch muss er alles selbst machen, sondern kann durchaus auch auf Sublieferanten zurückgreifen.
com! professional: Das Angebot der Intelligent-Operations-Pro­vider ist zwangsläufig komplex und differenziert. Wie lassen sich da vernünftige Service Level Agreements (SLA) vereinbaren?
Henkes: Das erfordert sicher eine intensive Kommunikation mit dem Provider und eine individuelle Vertragsgestaltung. Es kann so weit gehen, dass eine Preiskalkulation im DevOps-Modell nach „Story Points“ und nicht nur wie üblich nach Arbeitszeit und Mate­rialaufwand erfolgt. Die meisten Anbieter können das noch nicht über Standardverträge abbilden.
Vor der Betriebsübernahme muss außerdem eine detaillierte Situationsanalyse durchgeführt und die bestehende Systemlandschaft mit den passenden Tools evaluiert werden. Der Provider sollte außerdem den Kontakt zu den Managern aufnehmen, die die einzelnen Geschäftsbereiche verantworten, um ein Gefühl für deren Anforderungen zu bekommen. Nur so ist ein voll zufriedenstellender, SLA-konformer Betrieb möglich.
com! professional: Machen sich Unternehmen nicht auch sehr abhängig von einem Intelligent-Operations-Provider?
Henkes: Das hält sich in Grenzen. Es handelt sich im Wesentlichen ja immer noch um den technischen Betrieb einer Infrastruktur. Das Maß der Abhängigkeit hängt vor allem davon ab, wie viel vom fachlichen Betrieb an den Provider übergeben wird, und welche Rolle er in der Wertschöpfung spielt.
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