ERP steuert Unternehmen planvoll und effizient

So finden Sie das passende ERP-System

von - 15.07.2015
Den Königsweg zur Auswahl eines ERP-Systems gibt es nicht. Die im Mittelstand gar nicht seltene „Golfplatz-Entscheidung“, also das Abfragen von persönlichen Empfehlungen im unmittelbaren Umfeld der Unternehmensleitung oder der Führungskräfte, kann funktionieren. Vielversprechender ist aber ein planvolles Vorgehen, durchaus unter Hinzuziehung eines unabhängigen Beraters.
Bei dessen Auswahl sollte die Branchenkenntnis im Vordergrund stehen. Referenzprojekte, zumindest aber nachweislich fundierte Kenntnisse im Markt des Kunden, sind unabdingbar. Da die Entscheidung für ein ERP-System einige Tragweite für das Unternehmen hat, sollte der Dienstleister auch über ausreichende Versicherungen verfügen, die mehr abdecken als nur ein paar Beratertage.
Im Auswahlprozess geht es dann zunächst darum, konkrete Anforderungen an das System aus der aktuellen Situation im Unternehmen abzuleiten. Wo müssen Informationen besser fließen? Wo kommt es zu Verzögerungen, die sich durch ein ERP-System auflösen lassen? Aus der Prozessanalyse und Funk­tionswünschen entwickelt sich langsam das Lastenheft. Es bildet die Grundlage für eine Ausschreibung und das Anfordern von Angeboten bei den Herstellern. In Anbetracht der großen Anbieterzahl ist bereits die Vorauswahl keine einfache Entscheidung für das Projektteam.
Generell gilt, dass ältere Systeme funktional reifer sind. Ein breites und ausgefeiltes Angebot an Funktionen basiert auf langjähriger Erfahrung und Entwicklung. Das spricht für den Anbieter. Allerdings darf die Reife nicht dazu führen, dass das System technologisch nicht auf der Höhe der Zeit mitspielt. Wirbt ein Anbieter damit, besonders flexibel zu sein, geht das häufig zulasten von Funktionen und Standardprozessen. Je jünger die Lösung, desto flexibler ist der Hersteller bei der Anpassung von Funktionen. Das führt im Ergebnis möglicherweise dazu, dass Standardprozesse in der Branche des Kunden erst entwickelt werden müssen.
Auf dem Markt für ERP-Systeme begegnen sich die beiden Extreme eines generalistischen und eines stark spezialisierten Ansatzes. Speziell an die Branche angepasste Programme sind meist schlanker und schneller zu implementieren. Damit lassen sich die Kosten für die Installation im Griff behalten.

Marktüberblick ERP-Lösungen (Auswahl)

Hersteller

Angebot

Aptean

Anbieter einer Open-Source-ERP-Lösung

Comarch

Einer der größeren deutschen Anbieter mit langer Historie

Infor

Relativ unbekanntes Unternehmen aus den weltweiten ERP-Top-10

Microsoft

Bietet zwei Programme: Microsoft Dynamics AX und Microsoft Dynamics NAV

Oracle

Hat das Programm JD Edwards Enterprise One aufgekauft

Planat

Typischer deutscher Anbieter für mittelständische Firmen

Projektron BCS

ERP-Löung mit Schwerpunkt Dienstleistungen

Sage

Fokussiert sich mit Programmen wie ERP X3 ganz auf den Mittelstand

SAP

Das Programm Business All-in-One zielt auf KMUs

Scopevisio

Junger Anbieter mit ERP als SaaS-Lösung aus der Cloud

Weclapp

Junger Anbieter mit ERP als SaaS-Lösung aus der Cloud

Diese Übersicht listet beispielhaft große Konzerne, mittelständische Anbieter und Newcomer.
Apropos Kosten: Ein High-End-ERP-Arbeitsplatz kann in der Anschaffung durchaus zwischen 4000 und 5000 Euro kosten. Dabei muss zusätzlich mit rund 10 Prozent als Wartungssumme kalkuliert werden. Günstiger sind oft Speziallösungen von Nischenanbietern. Die rea­gieren im Zweifel flexibler auf Kundenwünsche. Ändern sich die Rahmenbedingungen beim Kunden oder dessen Strategie, lassen sich Speziallösungen aber nicht so einfach durch Hinzufügen weiterer Module ergänzen. Hier haben die Generalisten also die Nase vorn, die meist auch mehr Projekte parallel abarbeiten können.
Branchenkenntnis und Referenzen sind nicht nur beim Beraterteam, sondern auch beim Hersteller des ERP-Systems maßgebliche Auswahlkriterien. Falls nachweislich auch andere Unternehmen im gleichen Markt das System eines Anbieters nutzen, ist das ein Argument für dessen Einsatz.
Einen weiteren Gesichtspunkt ergänzt Christian Biebl von Planat: „Ein Augenmerk sollte auf der Flexibilität und der Administrierbarkeit der Softwarelösung liegen. Können gegebenenfalls Masken oder Formulare durch den Kunden eigenständig verändert werden und bleibt das Unternehmen nach einer selbst durchgeführten Änderung im Software­standard?”
Größe des Herstellers, Zahl der Mitarbeiter, Standorte und Anzahl der Installationen – diese Gesichtspunkte werden gerade im Mittelstand gern unter dem Begriff Investitions­sicherheit zusammengefasst. Das sollte aber kein ausschlaggebendes Argument sein, meint ERP-Berater Thomas Oberländer. „Viele lassen die Tatsache außer Acht, dass fast schon jeder ERP-Hersteller von Übernahmeversuchen betroffen war, auch die ganz Großen. Das hat fast die gleichen Auswirkungen wie das Verschwinden eines ERP-Anbieters.” Im günstigsten Fall ändert sich durch die Übernahme nichts. Häufig wird das Produkt aber mit einem anderen vereint oder verschwindet ganz vom Markt.
Verwandte Themen