Das mach ich dann später

ERP-Ablösung – ein heißes Eisen

von - 11.11.2016
Zeitdruck
Foto: Tashatuvango / Shutterstock.com
Viele Manager ahnen, dass sie das ERP-System ersetzen müssten, schieben es aber hinaus. Ein fataler Fehler, der unter Umständen eine kostspielige und chaotische Ablösung nach sich zieht.
Die Situation ist in vielen Unternehmen ähnlich: Das bestehende ERP-System (Enterprise Resource Planning) ist maßgeschneidert für die Prozesse des Unternehmens. Es läuft stabil, ist technisch mittlerweile aber End of Life.
Die zahlreichen Schnittstellen sind ungenügend dokumentiert, entsprechend stark hängen Wartung und Entwicklung von Einzelpersonen ab. Nur ganz wenige Mitarbeiter im Unternehmen sind in der Lage, das ERP-System zu verstehen, zu warten und Neuerungen umzusetzen. Für diverse Funk­tionen und Module ist überhaupt niemand mehr da, der durchblickt – es sind Blackboxes.
Neue Integrationen sowie eine bessere Prozessabdeckung und -vereinfachung sind somit im bestehenden ERP ohne erhebliche Risiken und Aufwände nicht mehr realistisch. Es drängt sich eine Ablösung auf. Doch das wird immer wieder aufgeschoben,
  • weil das System ja weiterhin erstaunlich stabil läuft
  • weil andere wichtige Projekte anstehen
  • weil im Unternehmen schlicht die Ressourcen für ein derartiges Projekt fehlen
  • weil die Ablösung mit Risiken verbunden ist
  • weil der Payback nur schwer ersichtlich ist
Die Liste der Argumente, die Ablösung des ERP-Systems im Unternehmen nicht anzupacken, ist lang – und die Verlockung groß, das schwierige Projekt dem Nachfolger zu überlassen. Doch so sehr man das Thema auch verdrängt, es meldet sich immer wieder.

Brauchen wir ein neues ERP?

Um den Ablösebedarf richtig einzuschätzen, müssen die Risiken identifiziert und objektiv beurteilt werden.
1. Wettbewerbsnachteil: Wie hoch wird das Risiko eingeschätzt, dass das Unternehmen nicht mehr oder nicht mehr schnell genug neue Anforderungen des Marktes umsetzen kann? Bei der Integration von Kunden beispielsweise haben Unternehmen mit Legacy-Systemen oft das Nachsehen. Die Umsetzung dauert in aller Regel lange und die Kosten sind höher als erwartet, weil man die Auswirkungen des Eingriffs in die komplexe Applikation unterschätzt hat. Nicht selten ist eine Anbindung aus technischen Gründen schlichtweg wirtschaftlich gar nicht mehr möglich.
2. Abhängigkeit von Einzelpersonen: Geschäftskritische Elemente werden oft stark individualisiert. Im Großhandel ist das beispielsweise die Preisfindung. Wie viele Entwickler gibt es, die die Logik der kritischen Elemente im Legacy-System noch kennen oder innerhalb einer angemessenen Frist nachvollziehen können? Ist die Antwort „einer“, dann ist es höchste Zeit, zu handeln. Das Know-how wird nicht nur bei Systemfehlern und Logikanpassungen notwendig, es sollte auch für die Systemablösung zur Verfügung stehen.
Neben diesen zwei Risiken sollten weitere beurteilt, quantifiziert und in ein Risikoportfolio aufgenommen werden. Damit gewinnt die Geschäftsleitung Transparenz über die harten Fakten und eine Entscheidungsgrundlage, ob das Thema ERP-Ablösung auf die CEO-Agenda gehört.
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