DevOps als Aufgabe für das Change-Management

Keine Technik, sondern Kultur

von - 19.08.2019
Unterschiedliche Zuständigkeiten
Alte Welt: Unterschiedliche Zuständigkeiten prägten das Verhältnis von Development und Operations.
(Quelle: Eigene Darstellung nach einer Idee von Fpcomplete.com )
DevOps setzt auf neuere technologische Ansätze wie Continuous Integration, Continuous Delivery, Microservices und Infrastruktur in Form von Code. Diese stehen jedoch nicht im Vordergrund.
DevOps ist keine Technologie, sondern vielmehr eine Kultur im Unternehmen beziehungsweise im betreffenden Projekt. Diese Kultur muss von allen Beteiligten gewollt und gelebt werden. Die Grundpfeiler sind gegenseitiger Respekt und Vertrauen. Angetrieben werden die Beteiligten von dem gemeinsamen Ziel, das Projekt ständig zu verbessern. Erfolge und Misserfolge werden nicht einzelnen Personen, sondern dem Team zugeschrieben. Voraussetzung ist, dass sich die Personen und das Team als Ganzes stetig den neuen Herausforderungen anpassen.
DevOps ist zwar ein Thema, das in der IT angesiedelt ist, hat aber im Kern mit der Entwicklung der Organisation zu tun, Stichwort „Change-Management“. Change-Management beschäftigt sich mit Problemen und Fragen hinsichtlich der Veränderungen der Prozesse in einem Unternehmen. Es plant die Veränderungen, führt den Wandel durch und  stabilisiert und kontrolliert die erreichten Ergebnisse. Im Mittelpunkt stehen die Menschen. Strukturen und Prozesse können sich nur ändern, wenn die Mitarbeiter für die Veränderungen offen sind und sie unterstützen.
Oft stehen aber nur wenige Beteiligte den anstehenden Veränderungen ohne Vorbehalt gegenüber. Die meisten reagieren mit Widerstand. Es liegt in der menschlichen Natur, dass Veränderungen als unbequem, überraschend, beängstigend und bedrohlich angesehen werden. Mehrere Gründe sprechen für eine - zunächst - ablehnende Haltung, zum Beispiel fehlendes Problemverständnis, mangelndes Vertrauen in die Führungskräfte, ungenügende Kommunikation, Angst vor zusätzlicher Arbeit und die Sorge, nicht ausreichend qualifiziert zu sein.
In der Praxis gilt es, diese Widerstände schrittweise abzubauen. Change-Management basiert darauf, die Mitarbeiter offen über die Ursachen des Wandels zu informieren, ihnen die Notwendigkeit klarzumachen und sie am Wandel zu beteiligen.
Reinhard Riedl
Reinhard Riedl
Präsident der Schweizer Informatik-Gesellschaft
Swissinformatics.org
Foto: com! professional
„DevOps - das Getriebe für rasche Innovation.“
Kommentar
Hochwertige Software-Entwicklung ist in der digitalen Wirtschaft erfolgsentscheidend. Moderne Methoden wie DevOps tragen nicht nur zum Erfolg des Unternehmens bei, sondern auch zum gegenseitigen Respekt zwischen IT und Business.
Software-Entwicklung ist der Motor der Innovation in der digitalen Wirtschaft. Trotzdem ist sie im Digi­talisierungsdiskurs nicht präsent. Das hat viele schlechte und ein paar gute Gründe. Wer mit 16 Jahren ein wenig Basic programmiert hat, glaubt mit Mitte 50 gerne, dass Programmieren trivial ist. Wer schon lange nicht mehr programmiert hat, überzeugt sich leicht, dass Wertgenerierung primär in der Anforderungsspezifikation statt­findet. Selbst jene, die eigene Programmiersprachen erfunden haben, unterschätzen oft die Herausforderungen der Software-Entwicklung für große Applikationslandschaften. Dazu kommt, dass Geschäftsleitungen selten verstehen, dass Software anders ist als andere Ressourcen: dass sie etwa viel effektiveren Widerstand gegen Bürokratisierung leistet als Menschen, dafür aber ganz schlecht altert. Fit mit 30 ist für Software keine Option!
Es gibt auch gute Gründe, die real existierende Software-Entwicklung nicht zu mögen: Komplizierte Prozesse, Kommunika­tionsdefizite, miserable Arbeitsumgebungen und Führungsversagen sind leider Alltag -oft durch guten Willen stetig verschlimmbessert. Doch wie sieht es mit der guten, heilen und angeblich haushoch überlegenen Welt von DevOps aus? Sie glänzt zunächst mit Produktivitätssteigerungen um den Faktor 20 bis 100. Ihre Erfolgsmethoden klingen simpel: Flow, Feedback und kontinuierliches Lernen! In der Praxis scheitert dies aber vielfältig. Denn damit DevOps tatsächlich funktioniert, müssen die Projektbeteiligten Verschiedenes mitbringen:
  • hohe Disziplin
  • neugierige Mitarbeiter, die bei Bedarf alle Aufgaben des Entwicklungsprozesses ausführen können (neugierige „T-Shapes“)
  • funktionierende Teamarbeit
  • eine Microservices-Architektur
  • ein angemessenes Management der sogenannten technischen Schulden
  • Topology-as-a-Service-Dienste (TaaS)
  • eine gut entwickelte Mess­infrastruktur und -kultur
  • eine effektive Förderung des organisationalen und individuellen Lernens
  • eine hypothesenbasierte Führungspraxis
  • agile Kunden und Auftraggeber
Die beiden letzten Punkte bedeuten, dass auch Geschäftsleitung und Kunden agil sein müssen. Denn das beste DevOps-Team kann nicht funktionieren, wenn Chef oder Kunde nicht mitmachen - etwa indem sie Agilität als „nix ist fix“ interpretieren und nicht akzeptieren, dass Agilität auch von ihnen Disziplin, Bescheidenheit und Neugier verlangt.
Weshalb also DevOps überhaupt einführen? Die Erfolgsmessungen können kaum die Gründe sein, denn diese zielen lediglich auf die Schwächen der hoch entwickelten traditionellen Software-Entwicklung ab. So ist mit DevOps etwa eine „60-fach schnellere Vorbereitung des Deployments“ möglich. Der einzig valide Grund, die Herausforderungen im Bereich DevOps zu meistern, ist die Notwendigkeit, die Kreativität im Unternehmen durch kostengünstigere und schnellere Umsetzung zu stärken.
DevOps ist das Getriebe, das Kreativität in Innovationen übersetzt und kreative Menschen mit dem Markt in direkten Kontakt bringt. Indem DevOps eine schnelle, sichtbare und messbare Wirkung von Kreativität ermöglicht, fördert es die Kundenorientierung. Es stärkt den gegenseitigen Respekt und die Zusammenarbeit von Business- und IT-Abteilung und kann sich obendrein sehr positiv auf das gegenseitige Vertrauen im Unternehmen auswirken. Gründe genug, endlich über die Software-Entwicklung zu sprechen und die Voraussetzungen für Fortschritte in der Software-Entwicklung zu schaffen - beispielsweise, indem man als ersten Schritt Topology-as-a-Service-Cloud-Dienste (TaaS) einführt.
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