Auch die Cloud braucht ­eine Lizenzverwaltung

Im Gespräch mit Olaf Diehl, CPO und CMO bei Aspera

von - 09.11.2020
Olaf Diehl
Olaf Diehl: CPO und CMO bei Aspera
(Quelle: Aspera )
Im Interview erklärt Olaf Diehl, CPO und CMO beim SAM-Spezialisten Aspera, auf was es bei der Lizenzierung von Software in der Cloud ankommt.
com! professional: Warum benötigt man im Zeitalter der Cloud überhaupt noch Lizenzmanagement, wo ja alles beim Anbieter gehostet ist?
Olaf Diehl: Ja, das könnte man meinen. Lizenzmanagement ist von seiner Grundidee etwas, das permanent prüft, wie sich Dinge in Relation zueinander verhalten. Wenn ich unterstelle, dass es in der Cloud keinen Lizenzmanagement-Bedarf mehr geben könnte, weil die Daten beim Hersteller sind und der Hersteller alles kontrolliert und ich mich entspannt zurücklehnen kann, dann beschreibt das eine Welt, die die Hersteller gerne hätten: Sie zahlen für alles, was auch immer der Hersteller Ihnen für eine Rechnung vorlegt. Er will Sie vielleicht gar nicht über den Tisch ziehen, aber Sie verlieren komplett den Überblick, warum und wofür Sie eigentlich bezahlen.
Das ist der Unterschied zu früher. Da hatte ich die Installationen in meinem eigenen Keller. Ich musste nur genau hinschauen, um zu verstehen, wie die zu lizenzieren sind. In der Cloud ist das anders. Sie zahlen für etwas, aber nutzen Sie die Subskrip­tion überhaupt und zu welchem Grad? Die Hersteller tendieren dazu, eher große Lizenzpakete zu verkaufen, eine Art All-you-can-eat. So kommen Sie gar nicht auf die Idee, im Detail nachzuschauen. Wenn Sie dann doch nachschauen, dann merken Sie, dass Sie zwischen 30 und x Prozent zu viel zahlen.
com! professional: Wie sieht es mit der Compliance aus?
Diehl: Die cleveren Hersteller haben auch das Thema Compliance in die Cloud hinübergerettet. Ein Beispiel: Ein Benutzer hat eine User-Lizenz, bei der 2 TByte Storage dabei sind. Wenn er darübergeht, dann braucht er ergänzende Lizenzen oder die Bestandslizenzen werden teurer. Dahinter könnte dann ein Lizenzvertragsbruch entstehen. Das gibt es also auch weiterhin in der Cloud. Man kann sich in der Cloud nicht in lizenztechnischer Sicherheit wiegen.
com! professional: Werden Audits zunehmend zum Geschäftsmodell großer Software-Hersteller?
Diehl: Das ist ein spannender Punkt. Mit den Audits betraut sind in der Regel die Big Four als Wirtschaftsprüfer. Der Hersteller kommt ja nicht selbst, sondern entsendet den Wirtschaftsprüfer. Vor ein paar Jahren gingen viele davon aus, dass das Thema Audits komplett entfällt. Inzwischen sehen wir: Es gibt weiterhin Audits. In der alten Welt wird auditiert, um den Umsatz anzukurbeln und den Kunden einen Anreiz zu bieten, in die Cloud zu migrieren. Auch in der Cloud gibt es Audit-Situationen. Ein Beispiel: Salesforce als CRM-Tool ist in der Regel mit SAP-Systemen verbunden. Durch den Zugriff auf SAP über das CRM-Tool entsteht eine sekundäre Lizenzpflicht.
Faktisch können Sie in der Cloud jederzeit ein Rechenzentrum in beliebiger Größe hochfahren. Dann rumpeln da 1000 virtuelle Maschinen 24 Stunden lang und danach schalten Sie es wieder ab. Dann kommt der Anbieter und sagt: „Zeig mir doch mal die vorgehaltenen Lizenzen.“ Der Hersteller hat einen Grad an Transparenz, den der Kunde nicht oder nur mit großem Aufwand erreicht. Wenn Sie aber gar nicht auditiert werden, dann würde ich sagen, Sie zahlen viel zu viel.
com! professional: Wer ist im Unternehmen üblicherweise für Software Asset Management zuständig?
Diehl: Über den Daumen gepeilt würde ich sagen: zu 70 Prozent die IT, zu 20 Prozent der Einkauf und zu 10 Prozent andere. Es gibt übrigens keinen Ausbildungsberuf, der zum SAM-Manager führt. Man ist Techniker oder Kaufmann oder idealerweise beides.
com! professional: Ab welcher Firmengröße lohnt sich der Einsatz einer SAM-Lösung?
Diehl: Es lohnt sich immer dann, wenn Sie so viele Rechner einsetzen, dass Sie es manuell nicht mehr im Blick behalten können. Ich würde sagen, das ist ab einer Anzahl von 20, spätestens 50 der Fall. Man muss aber nicht gleich mit den ganz großen Kanonen schießen, es gibt auch kleine Tools.
com! professional: Wie lässt sich der Erfolg von SAM messen?
Diehl: Die Kriterien sind völlig unterschiedlich. Man kann nicht Oracle mit Salesforce und AWS-Nutzungen vergleichen. Das einzige sinnvolle Kriterium ist Geld. Es gibt zwei Blickwinkel: Sie müssen sich anschauen, wo nutzen Sie etwas, das Sie nicht lizenziert haben, oder wo besitzen Sie etwas, das Sie nicht nutzen. Über beides lassen sich über die Zeit Kosteneffekte erzielen. Wir sehen oft 10 bis 30 Prozent Overspend. Microsoft verhandelt mit seinen Kunden neue Verträge, wo dann Office 365 mit drin ist. Die Empfehlung lautet: Nehmen Sie für jeden Mitarbeiter einen E3-Plan. Dann zahlen Sie aber für einen User, der alle paar Tage seine E-Mails abruft, genauso viel wie für einen Hardcore-User. Ersterer könnte auch eine Kiosk-Lizenz haben. Ein gutes SAM-Tool erkennt dies.
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