Auch die Cloud braucht ­eine Lizenzverwaltung

Indirekte Nutzung

von - 09.11.2020
Licence-Workbench
Beispiel ServiceNow Licence-Workbench: Das Tool für das Lizenzmanagement zeigt auf einen Blick, wo Compliance-Probleme lauern und Sparpotenziale liegen.
(Quelle: ServiceNow)
Ein Sonderfall ist SAP, das es Unternehmen in Sachen Lizenzierung besonders schwer macht. Wenn der Nutzer nicht den üblichen Zugriffsweg wählt, sondern eine Maschine im Hintergrund zugreift, um die Daten einem anderen System zur Verfügung zu stellen, dann will SAP Geld dafür haben.
Das ist grundsätzlich in Ordnung. Die Probleme bestehen in der Komplexität der Materie und der unzureichenden Transparenz. Es gibt nur vage Beschreibungen, was man zu zählen hat, wie man es zu zählen hat und welche Lizenzpflicht daraus erwächst.
Welche Folgen das haben kann, zeigt das Beispiel Diageo. Der britische Getränkehersteller wurde 2017 von SAP auf mehr als 60 Millionen Euro an nachträglichen Lizenzzahlungen verklagt. Das Unternehmen hatte aus Salesforce heraus auf das SAP-ERP-System zugegriffen und angenommen, dass die Zugriffe über die Lizenzen für SAP Process Integration abgedeckt seien. SAP sah das anders und das Gericht folgte den Argumenten des Software-Konzerns. Ein teurer Irrtum für den Getränkehersteller.
Das Problem der indirekten Zugriffe ist zwar nicht rein cloudspezifisch, wird aber durch die Nutzung von verteilten Ressourcen und Software as a Service erheblich verschärft. Mit dem Grad der Vernetzung und der Zahl der Schnittstellen erhöht sich die Gefahr. Zudem lassen sich Lizenzverstöße in der Cloud wesentlich schneller feststellen und ahnden als bei der traditionellen On-Premise-Nutzung.
Auch bei einer bevorstehenden Migration auf S/4HANA ist ein professionelles SAM sinnvoll. Die Umstellung erfolgt schließlich nur einmal, sodass man es gut und richtig machen und dabei noch Kosten sparen möchte. Ein SAM-Tool kann eine übersichtliche Bestandsaufnahme der SAP-Umgebung liefern, bestehende Lizenzen entsprechend der tatsächlichen Nutzung anpassen und die Auswirkungen einer S/4HANA-Migration simulieren und analysieren. Ein SAM-Tool zeigt Kosteneinsparpotenziale auf und erleichtert so die Verhandlungen mit SAP. Unternehmen kaufen nur noch das, was sie auch benötigen.
Folgendes Szenario als Beispiel: Ein Unternehmen mit einem starken Forschungs- und Entwicklungsbereich zieht in Microsoft Azure regelmäßig temporäre Rechenzentren hoch. Wie will man diese Lizenzen mit Excel kontrollieren? Ein SAM-Programm ist in der Lage, für den kurzen Bedarf die richtige Anzahl von Lizenzen im Unternehmen zu identifizieren. Was ein solches Tool auch kann: Über den Hybrid Use Benefit von Microsoft lässt sich eine bestimmte Anzahl von Rechnern oder virtuellen Cores in der Cloud lizenzieren, ohne einen Cent dafür auszugeben. Wer das nicht weiß oder die Daten nicht zusammenbekommt, der muss sie eben dazu­lizenzieren. Wie für fast alles, so gibt es auch für Software Asset Management eine Norm: ISO 19770.

Fazit & Ausblick

In vielen Fällen führt kein Weg mehr an der Cloud vorbei. Die Software-Anbieter drücken ihre Cloud- und Abo-Modelle in den Markt, stellen reine Kaufprodukte ein oder machen sie zunehmend unattraktiv.
Zusätzliche Lizenzgebühren sowie Preiserhöhungen können die anfänglichen Kostenvorteile in der Cloud schnell zunichtemachen. Unternehmen sind deswegen gut beraten, bei ihrer Cloud-Strategie das Thema Lizenzen nicht zu vernachlässigen.
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