Neue Rollen

Der CIO wird vom Broker zum Piloten

von - 02.07.2019
Business-Mann mit Symbolen im vordergrund
Foto: Vladimir Pachenko / shutterstock.com
Auf den Chief Information Officer kommen in Zukunft ganz neue Aufgaben zu. Es liegt am CIO, Kenntnisse über die verwendete IT zu schaffen. Daran muss er sich unter anderem in Zukunft messen lassen.
Die Entwicklung der IT-Abteilung
Alles fließt: Die Teilnehmer der Swiss-IT-Studie 2019 erwarten zum Teil deutliche Veränderungen für die Unternehmens-IT
(Quelle: IDC / Computerworld ICT-Analysis (n = 236) )
Vor 15 Jahren gab ich der Schweizer Zeitschrift „Computerworld“ ein Interview zur Rolle des Chief Information Officers (CIO). Die Blattmacher verdichteten es zur Schlagzeile „Der CIO der Zukunft ist ein Broker“. Seither hat sich sehr vieles verändert. Microservices-Architekturen, DevOps und Low-Code-Plattformen sind einige der wichtigsten Innovationen der vergangenen Jahre. Die einstige Pro­gnose hat sich aber zumindest teilweise bewahrheitet: Heute werden viel weniger IT-Ressourcen intern bereit­gestellt als früher. Externe Cloud-Dienste und Standard-Software werden auch in Großunternehmen immer mehr zur Normalität. Zudem gehört zur modernen Datenbewirtschaftung, dass externe Daten eingekauft und interne Daten als Dienstleistung nach außen verkauft werden. CIO-Teams verwenden zwar den Broker-Begriff selten, haben ihn aber verinnerlicht. Manche prophezeien sogar, dass von den Aufgaben der internen IT nur der Broker-Job übrig bleiben wird. Technik würde im Aufgabenport­folio des CIOs nur mehr eine geringe Rolle spielen.
Ich sehe das anders. Erstens steht die große Zeit von Informatik und Mathematik erst bevor. Zweitens wird in großen Teilen der Volkswirtschaft - und insbesondere im dynamischen Dienstleistungssektor - die CIO der Zukunft nur sekundär eine IT-Brokerin sein. Primär wird sie Vermittlerin von IT, Coffin-Corner-Spezialistin und unorthodoxe Qualitäts­fundamentalistin sein müssen. Und sie wird daran gemessen werden, wie sehr sie die digitale Transformation inspiriert. Gleiches gilt natürlich auch für die männlichen CIOs, die wohl auch in Zukunft in der Mehrheit sein werden.

IT-Vermittlung

Vermittlung ist eine Fachdisziplin, die ursprünglich im Bereich der Museen und der Kunst entstand. Gut ausgeführt schafft sie Interesse, Verstehenwollen und letztlich ein Begreifen des Vermittelten. IT-Vermittlung muss den Menschen vor allem Software nahebringen. Denn Software ist anders: Sie widerspricht sehr vielen Annahmen, von denen Menschen in unserem Kulturkreis in Bezug auf Maschinen ausgehen.
Und sie widerspricht der etablierten Managersicht auf maschinelle Ressourcen. Nicht selten ist das Anwenden selbstverständlicher Managementkonzepte und das Befolgen scheinbar „logischer“ Handlungsprinzipien das Dümmste, was man mit Software tun kann - etwa wenn man „nachhaltig“ mit „dauerhaft“ oder „langer Nutzung“ gleichsetzt. Denn Applikationen werden und müssen laufend um zusätzliche Funktionen ergänzt, an Veränderungen im Betriebs­ablauf angepasst oder mal durch eine neue Lösung vorzeitig komplett ersetzt werden.
Wegen der Andersartigkeit von Software genügt es nicht, einfach Messungen und Checklisten einzuführen. Es ist zusätzliche Vermittlungsarbeit notwendig, die ein Begreifen der Zusammenhänge fördert. Diese Arbeit muss zuallererst auf der Ebene der Geschäftsleitung geschehen. Mittelfristig sollte sie aber für alle höheren und mittleren Kader eines Unternehmens stattfinden, am besten sogar für alle Mitarbeiter.
Coffin-Corner-Instrumente
Lebendige digitale Netzwerke über Abteilungs­grenzen hinweg: Verhinderung der Erstarrung bei ressourcenoptimierendem Management
Leistungs-Cockpits: Wahrung der Geschäfts­orientierung bei ideenmaximierendem Management
KI-basierte Teamzusammensetzung: Effizienz­steigerung in hochdiversen multi­natio­nalen Unternehmen
Virtuelle Spielwettbewerbe: Als Gegengewicht zur Balancierung - je nach Gestaltung der Regeln - sowohl leistungsorientierter als auch sozial orientierter Unternehmen
Messen, messen und nochmals messen: Zur Fakten­orientierung von Unternehmen mit starker kultureller, überzeugungsbasierter Prägung
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