Baukästen für virtuelle Assistenten

Vorgefertigte Frameworks erleichtern den Einstieg

von - 08.06.2017
Google: Die 2016 von Google übernommene Alternative Api.ai bietet ebenfalls Integrationsmöglichkeiten in eine Vielzahl von Messenger-Plattformen. Das Framework erleichtert den Einstieg vor allem durch vorgefertigte Pakete, Domains genannt. Sie enthalten bereits Kommunikationselemente für bestimmte Aufgabe wie Small Talk, Reservierungen, Wettervorhersagen, Informationen, Flugstatus oder Nachrichten.
Chatbot Challenge
Es winken Preise im Gesamtwert von 10.000 Dollar: AWS sucht die besten Chatbots, die mit Amazon Lex und AWS Lambda entwickelt wurden.
Stellt der Nutzer eine Frage, für die der Entwickler im Chatbot keine Antwort definiert hat, wird automatisch eine Formulierung aus der entsprechenden Domain gesendet. Für den Bereich Small Talk gibt es bereits komplett vordefinierte Agenten mit Standardphrasen. Google entwickelt die Domains allerdings nicht weiter, sondern ersetzt sie gerade durch sogenannte Prebuilt Agents. Diese übersetzen Nutzer­eingaben kontextgerecht in maschinenlesbare Daten, liefern aber keine vorgefertigten Antworten mehr.
Microsoft: Fast zum selben Zeitpunkt wie Facebook kündigte Microsoft sein Bot-Framework an. Es besteht im Wesent­lichen aus drei Komponenten: dem „Bot Builder Software Development Kit“ (SDK), dem „Developer Portal“ und dem „Bot Directory“. Das SDK erlaubt es, Bots auf Basis von Node.js, .NET oder REST-APIs zu entwickeln. Es enthält vorgefertigte Chat-Elemente wie Eingabeaufforderungen und Formularfelder für unterschiedliche Eingabetypen wie Ja-/Nein-Antworten, Zahlen, Auswahlfelder oder Freitext. Die Unterstützung für sogenannte Rich Interactions wie das Versenden von Bildern und Videos oder die Einbindung von Skype-Calls ist ebenso enthalten wie Schnittstellen zu den Cognitive Services auf Azure. Über diese APIs lässt sich unter anderem der Language Understanding Service (luis.ai) ansprechen, der vorgefertigte und trainierbare Modelle für das Verständnis und die Ausgabe natürlicher Sprache zur Verfügung stellt. Ein Chat Emulator erlaubt es darüber hinaus, die Konversationsfähigkeiten seines Bots zu testen.
Timm Luther
Timm Lutter
Bitkom-Bereichsleiter für Consumer Electronics und Digital Media
www.bitkom.org
Foto: Bitkom
„Die Einsatzmöglich­keiten von Chatbots sind enorm vielfältig und werden derzeit in unterschiedlichen Bereichen getestet.“
Über das Developer Portal lässt sich der fertige Bot mit einer Vielzahl von Plattformen verbinden, darunter Skype, Slack, Facebook Messenger, Kik, Telegram, Microsoft Teams oder Office 365. Das Bot Directory ist so etwas wie die „Gelben Seiten“ für Chatbots. Nutzer können dort nach Chatbots suchen und sie in ihre bevorzugte Kommunikationsplattform integrieren, ohne dass dafür eine zusätzliche App installiert werden muss.
Das Microsoft-Framework bietet einen einfachen Einstieg in die Bot-Entwicklung, sagt Roman Schacherl von softaware, der das Angebot getestet und eigene Bots damit entwickelt hat. „Der Kern der Plattform ist sehr überschaubar, ich muss mir nicht ein halbes Jahr Zeit nehmen, um einen Bot zu bauen.“ Wer Erfahrungen in der Entwicklung von Webapplika­tionen oder mobilen Apps hat, kommt laut Schacherl mit dem Framework schnell zurecht: „Microsoft setzt auf offene Standards wie HTTP, sodass man sich nicht in irgendwelche proprietären Protokolle einarbeiten muss.“ Den größten Vorteil sieht Schacherl in den vorgefertigten Konnektoren, die den Einsatz eines Bots in verschiedensten Messengern und Applikationen ermöglichen. „Ich muss den Bot nur einmal entwickeln und kann ihn dann für mehrere Plattformen freischalten.“ Auch in eigene Anwendungen lassen sich solche Bots integrieren. „Für diesen Zweck gibt es ein fertiges Web-Control, dank REST-API lässt sich aber auch einfach ein eigenes Interface entwickeln“, sagt Schacherl.
Amazon, Facebook, Google und Microsoft sind nicht die einzigen, die Frameworks für den Chatbot-Bau bieten, wenn auch sicher mit Abstand die größten. Alternativen sind zum Beispiel Broid, Bottr und Botstack.

Fazit

Weltweite Umsätze mit virtzellen Assistenten
Wachsender Markt: Laut Tractica sollen Unternehmen 2012 fast 16 Milliarden Dollar mit Virtual Digital Assistants (VDAs) erwirtschaften.
(Angaben in Mio. Dollar)
(Quelle: Tractica, 2017 )
Frameworks erleichtern den Einstieg in das Bot-Design erheblich und liefern KI-gestützte Funktionen wie Spracherkennung und Textverständnis als Service. Diese Hilfe hat zu einer wahren Flut von Chatbots geführt – allein im Facebook Messenger hat sich ihre Zahl binnen eines halben Jahres mehr als verdreifacht.
Die Mehrzahl dieser digitalen Assistenten erfüllt jedoch nicht die hohen Erwartungen an ihre Konversationskompetenz, die nicht zuletzt von den Framework-Anbietern geschürt wurden. Ein Test des Silicon-Valley-Blogs „The Information“ im Februar 2017 ergab, dass die Bots im Facebook Messenger lediglich 30 Prozent der Nutzeranfragen selbstständig bearbeiten konnten. Bei den restlichen 70 Prozent musste ein Mitarbeiter mit menschlicher Intelligenz der künstlichen auf die Sprünge helfen. Unternehmen sollten sich bei der Entwicklung eigener digitaler Assistenten deshalb sehr genau überlegen, was ihre Bots können sollen und wie realistisch diese Erwartungen sind. Sie sollten sich aber auch fragen, welche Vorteile sie gegenüber einer Kommunikation per Webseite, App, E-Mail oder Telefon bringen.
Nur wer diese Fragen gründlich überdenkt und ehrliche Antworten darauf gibt, kann gute Chatbots optimal entwickeln und das Beste aus den Frameworks he­rausholen.
Übersicht von ausgewählten Chatbot-Frameworks [PDF]
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