„Bald wird jeder Business Analytics verwenden“

„Business-Software zeigt nicht den Kontext“

von - 29.02.2016
com! professional: Mal abgesehen vom Spaßfaktor und von Gamification, nach welchen Design-Prinzipien sind Sie vorgegangen?
Farmer: Es gibt da viele Dinge, von denen ich drei herausheben will. Das erste Prinzip ist in der Datenvisualisierung gar nicht so einfach umzusetzen: „responsive design“. Wir entwerfen ein Design, das auf Geräten mit unterschiedlich großen Bildschirmen läuft. Wir suchen das optimale Design und die beste User Experience für jeden einzelnen Formfaktor und müssen dafür die Daten auch in unterschiedlicher Weise aufbereiten. Es geht dabei auch um Detailreichtum.
Den zweiten Punkt nennen wir „information scent“, also die inneren Verweise der Daten auf weiterführende Informationen. Sie sind farblich kodiert: Schweizer Verkaufszahlen etwa werden in Grün dargestellt, Schweizer Kunden in Weiß. Deutsche Kunden, die nichts mit den Schweizer Abverkäufen zu tun haben, erscheinen in Grau. So erkennen Sie auf den ersten Blick, was zusammenhängt.
Business-Software zeigt in der Regel nur die korrelierenden Daten an, nicht den Kontext. Ein behandelnder Arzt sieht etwa seine Patienten (grün) und die Medikamente (weiß), die er verschrieben hat. Er bekommt aber normalerweise nicht die preiswerteren Generika (grau) zu Gesicht, mit denen er seine Patienten auch erfolgreich behandeln könnte. Er klickt also auf die grauen Generika-Einträge und sieht, welche Kollegen diese Alternativen bereits wem verschrieben haben. Schon steckt er mitten in der Datenentdeckungsreise.
com! professional: Wie trennen Sie die Spreu vom Weizen? Woran erkennen Sie den wirklich wichtigen Kontext?
Farmer: Genau das ist die Herausforderung. Der Anwender bringt den Kontext mit ein. Wir legen großen Wert darauf, sehr viele Datenquellen einzubinden. Sie analysieren gerade Daten, die auf dem Firmen-Server liegen, aber die wirklich relevante Information ist zum Beispiel in einem Spreadsheet abgespeichert. Das Budget des Unternehmens ist über den Server zugänglich, aber das Budget meines Teams hat mein Kollege mit Excel abgespeichert. Wir haben gerade die isländische Firma Data Market akquiriert, die etwa Daten über Börsenkurse, Währungsschwankungen, regionale Wettervorhersagen oder nach Alter und Einkommen aufgeschlüsselte Bevölkerungsstatistiken verkauft. Dieser Kontext kann die Umsätze eines Unternehmens signifikant beeinflussen.
com! professional: Für einen Getränkelieferanten ist es sicher gut zu wissen, wann er sich auf Hitzewellen einstellen sollte.
Farmer: Sicher, aber auch Wechselkurse und demografische Daten sind ein wichtiger Kontext fürs Geschäft. Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen auf dem US-Markt. Im bevölkerungsreichen Kalifornien laufen die Geschäfte gar nicht gut, in Montana dagegen ausgezeichnet. Diese Information hilft ihnen nicht weiter, wenn Sie nichts über die Bevölkerungstruktur, die potenziellen Käufer, wissen.
com! professional: Geben Sie den Anwendern eine Art Standardkontext an die Hand?
Farmer: Der Anwender trifft die Auswahl, welcher Kontext für seine Aufgabenstellung relevant ist. Aber wir bieten auch sogenannte curated data sets, also gepflegte, optimierte Kontextdaten für bestimmte Industrien und Problemstellungen an, Best Practices, die sich bewährt haben. Und wir stellen vielversprechende Korrelationen zwischen den Datensets her, entfernen Dubletten und garantieren eine hohe Datenqualität.
com! professional: Sie sprachen ja von Zukunftstrends. Wie lange wird virtuelle Realität noch auf sich warten lassen?
Farmer: Nicht virtuelle Realität, sondern Augmented Reality wird stark an Bedeutung gewinnen. Ein Produktionsleiter kann mit dem Smartphone die Performance-KPIs einer Maschine einsehen, indem er die Kamera auf sie richtet. Die Maschine wird identifiziert, die Daten erscheinen im Display. Stellen Sie sich ähnliche Apps vor, die Daten visualisieren.
com! professional: Geschäftsleute nutzen aber Business Analytics, um ihre Effizienz zu erhöhen, Abverkäufe zu steigern oder vor der Konkurrenz neue Marktchancen zu identifizieren.
Farmer: Wir leben heute schon in einer Welt aus Daten. In Zukunft werden alle Objekte Daten produzieren. Denken Sie an das Internet der Dinge. Und die Analyse dieser Daten wird zu einer Tätigkeit werden, die jeder jederzeit intuitiv durchführen kann. Der Kontext avanciert zu einer entscheidenden Komponente, um den Nutzwert der Ergebnisse zu erhöhen. Außerdem benötigen wir Collaboration-Werkzeuge, um gemeinsam an der Auswertung der Daten arbeiten zu können.
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