Angekündigter Abschied - All-IP löst ISDN ab

Vor- und Nachteile von All-IP

von - 10.07.2018
Erfahrungen und Probleme mit All-IP
Kein Anschluss unter dieser Nummer: Fast ein Viertel der migrierten Unternehmen hatte mit Verbindungsausfällen zu kämpfen.
(Quelle: Lancom Systems, Juli/ August 2017 )
Was haben nun Kunden eigentlich von einem Wechsel auf All-IP – außer einer Menge Arbeit und Kosten? Ein Vorteil, von dem sowohl die Telekommunikationsanbieter als auch die Telefonkunden profitieren, ist die kostengünstigere Anschlusstechnik. Im Gegensatz zur bisherigen ISDN-Technik benötigen Unternehmen wie eingangs erwähnt bei einem IP-Anschluss nur noch eine einzige Datenleitung – über diese wird sowohl die Telefonie als auch der Internetzugang abgewickelt. Getrennte Netze für Telefon und Internet gehören damit der Vergangenheit an.
Bisher benötigt jeder Unternehmensstandort einen eigenen Telefonanschluss mit einer festen Anzahl an Leitungen. Viele Unternehmen setzen auf einen sogenannten ISDN-Primärmultiplexanschluss, der pro Anschluss bis zu 30 parallele Telefongespräche ermöglicht. Bei einem IP-Anschluss begrenzt hingegen lediglich die Bandbreite der Datenleitung die Anzahl der parallelen Gespräche.
Hinzu kommt: Die ISDN-Leitungen werden nicht zu jeder Tageszeit voll genutzt und liegen häufig brach. Mit All-IP weisen Unternehmen den einzelnen Standorten ihre Anschlussleitungen flexibel je nach Bedarf zu. Dadurch sinkt die Zahl der benötigten Anschlüsse. Interne Anrufe zwischen einzelnen Unternehmensstandorten setzen dabei häufig sogar überhaupt keine Übergänge mehr ins Carriernetz und das öffentliche Telefonnetz voraus.
Arne Günther
Arne Günther
Senior Product Manager B2B bei Telefónica Deutschland
www.telefonica.de
Foto: Telefónica
„Die Umstellung auf All-IP und das Zusammenführen von Sprach- und IP-Netzen sind das Fundament zukünftiger, konvergenter Kommunikationsdienste.“
Ein weiterer wesentlicher Vorteil der IP-Technik besteht laut Arne Günther von Teléfonica Deutschland darin, dass sie die Integration mit anderen digitalen Kommunikationsmedien erlaubt. Als Beispiel nennt er die Möglichkeit, IP-basierte Telefonnebenstellen mit CTI-Funktionen (Computer Telephony Integration) zu nutzen – „zwei Beispiele sind das Wählen aus Outlook heraus oder der automatische Aufruf von Kundeninformationen bei ankommenden Anrufen.“ Je nach Auslegung und Funktionsumfang der neuen Telefonielösung kämen da­rüber hinaus Funktionen wie die Einbeziehung von Mobiltelefonen als Nebenstellen der Telefonanlage hinzu. Damit ließen sich Effizienz und Flexibilität der Mitarbeiter und der Unternehmensprozesse erhöhen. „Die Umstellung auf All-IP und das Zusammenführen von Sprach- und IP-Netzen sind das Fundament zukünftiger, konvergenter Kommunikationsdienste“, resümiert Arne Günther.
Ein spezifischer Vorteil von IP-Telefonie ist zudem die sogenannte HD-Voice-Funktion oder HD-Telefonie: Wenn an beiden Seiten der Telefonverbindung entsprechend ausgerüstete Telefone im Einsatz sind und die Verbindung ohne Medienbruch über das IP-Netz läuft, dann führen die Mitarbeiter Telefonate mit höherer Sprachbandbreite und somit mit besserer Klangqualität als bisher.
Die All-IP-Technik hat allerdings auch Nachteile. So lassen sich ISDN-Geräte über das Telefonnetz mit Strom versorgen, sie funktionieren also auch bei einem Stromausfall. Diese Möglichkeit nutzen Notrufsysteme wie Aufzugnotrufe, Alarm- oder Brandmeldeanlagen. Beim All-IP-Netz hängt die Funktionsfähigkeit der Geräte hingegen von der allgemeinen Stromversorgung ab. Hier muss vor einer IP-Umstellung geprüft werden, inwieweit Anlagen weiterhin funktionieren und wie man eine Sicherung vor Stromausfall bewerkstelligen kann, etwa über eine zweite Anbindung per Mobilfunknetz. Das Gleiche gilt für EC-Karten-Terminals, die bestimmte ISDN-Leitungsmerkmale verwenden. Hier sind vielfach ebenfalls Anpassungen notwendig.
Auch das klassische Faxgerät lässt sich mit All-IP erst einmal nicht weiterverwenden. Aber auch hierfür gibt es inzwischen Lösungen wie T.38. Dieses Protokoll ermöglicht den Versand von Faxmitteilungen über Datennetzwerke.
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