Agile Methoden als Treiber für Innovationen
Firmenkultur entscheidet
von Bernd Reder - 06.07.2018
Doch mit dem Einsatz agiler Entwicklungsmethoden und entsprechender Tools ist es nicht getan: „Es ist viel wichtiger, eine agile Firmenkultur zu etablieren, als jeder neuen Methode hinterherzurennen, die als der einzig richtige Weg angepriesen wird“, betont Michael Wintergerst von SAP.
„Die Methoden sind letztlich wie die verschiedenen Werkzeuge in einem großen Werkzeugkasten zu sehen. Wenn eine Methode nicht mehr funktioniert, passt man diese an oder kombiniert verschiedene Methoden zu einem neuen Werkzeug für die Digitalisierung im Unternehmen“, empfiehlt Wintergerst.
Ebenfalls eine Frage der Unternehmenskultur ist der Führungsstil. Ein klassisches Top-down-Modell, bei dem ein Chef alles regelt, ist für agile Ansätze Gift. Vielmehr ist ein kooperativer Führungsstil gefordert. Dies dürfte etliche Führungskräfte und Chief Information Officers vor Probleme stellen.
Ebenfalls in Richtung Firmenkultur zielt ein Hinweis von Yannick Scherer von Futurice. Seiner Einschätzung nach installieren Unternehmen im Rahmen von Digitalisierungsvorhaben zwar verstärkt entsprechende Verantwortliche – Heads of Digital Transformation –, doch agiler werden viele Firmen dadurch nicht: „Die digitale Transformation wird monate- oder jahrelang geplant. Diese Zeit könnte bereits dafür genutzt werden, um in kleinen Projekten Erfahrungen zu sammeln.“
Kurzum: Ihm zufolge reicht es nicht aus, das Etikett „agil“ allein den Mitgliedern der Entwicklungsabteilung auf die
Bürotüren zu kleben. Diese Denkweise muss auch auf das Umfeld übertragen werden, also auf Führungskräfte und Leiter anderer Abteilungen.
Bürotüren zu kleben. Diese Denkweise muss auch auf das Umfeld übertragen werden, also auf Führungskräfte und Leiter anderer Abteilungen.
Fazit & Ausblick
Auch wenn Anbieter von IT-Lösungen und deren Branchenverbände den Begriff derzeit arg strapazieren: Digitalisierung ist keine Modeerscheinung, sondern sie wird viele Branchen in Deutschland nachhaltig verändern. Daher ist es angebracht, herkömmliche Entwicklungs- und Bereitstellungs-Verfahren auf den Prüfstand zu stellen, speziell bei der Entwicklung neuer digitaler Angebote. Letztlich wird die große Mehrzahl der Unternehmen nicht auf Scrum und Design Thinking verzichten können.
Allerdings darf der Einsatz agiler Methoden nicht dazu führen, dass der User die Suppe auslöffeln muss, etwa in Form fehlerhafter, mit Bugs gespickter Applikationen: „Nutzer erwarten, dass die neuen Funktionen und Updates perfekt funktionieren“, betont Andreas Grabner von Dynatrace.
Dieser Ansprüche ist sich ein Großteil der CIOs offenbar auch bewusst. In der eingangs erwähnten Dynatrace-Umfrage gaben fast zwei Drittel an, dass sie es als ihre Aufgabe ansehen, einen Kompromiss zwischen der schnellen Innovation und einer exzellenten Software Experience aus Sicht der Anwender finden zu müssen.
Um diesen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden, müssen neben Scrum weitere Ansätze genutzt werden. Dazu gehören vor allem DevOps, also die enge Abstimmung zwischen Entwicklungs- und IT-Betriebsexperten, sowie DevSecOps, sprich die Verknüpfung mit IT-Security-Fachleuten.
Weniger gut für Firmen, die auf agile Methoden setzen wollen, ist etwas anderes: der Mangel an IT-Fachleuten mit entsprechendem Wissen. Doch daran wird sich so schnell wohl nichts ändern.