Cloud Repatriation und Data Gravity

Wohin mit den Workloads?

von - 11.12.2019
Public Cloud - oder doch besser eine hybride oder Private-Cloud-Umgebung? Die Frage, welche Daten wo am besten aufgehoben sind, ist nicht so einfach zu beantworten. Wo Anwendungen, Daten und Workloads platziert werden sollten, hängt nach Einschätzung des IT-Beratungshauses David-Kenneth Group von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die Berater haben hierfür eine Checkliste erarbeitet:
Prozesse prüfen: Auch die beste Cloud-Plattform verrichtet keine Wunderdinge, wenn Geschäftsprozesse und Abläufe nicht stimmen. Daher sollte zunächst eine Analyse der Prozesse durchgeführt und zudem geprüft werden, welche Prozeduren automatisiert werden können.
Die Unternehmensstrategie gibt den Ausschlag: Geschäftsleitung, Fachabteilungen und IT-Fachleute sollten ermitteln, auf welche Weise Cloud-Ressourcen dazu beitragen können, die Unternehmensstrategie umzusetzen. Unterliegt ein Unternehmen beispielsweise verschärften Compliance- und Datenschutzvorgaben, ist eine Public Cloud nicht unbedingt die beste Wahl. Dasselbe gilt, wenn viele Legacy-Anwendungen vorhanden sind, die weiterhin genutzt werden sollen. Wer dagegen schnell neue (digitale) Produkte auf den Markt bringen will, sollte eine Public Cloud ins Auge fassen.
Balance zwischen Agilität und Risiko finden: Ist eine hohe Agilität gefragt, kommt eher eine Cloud in Betracht. Steht die Zuverlässigkeit einer Applikation an erster Stelle, eignet sich gegebenenfalls ein On-Premise- oder Private-Cloud-Ansatz. Zu bedenken ist zudem, dass viele Public-Cloud-Rechenzentren eine höhere Ausfallsicherheit und bessere Schutzmaßnahmen vor Angriffen bieten als Unternehmens-Data-Center.
Wachstumsstrategie berücksichtigen und Ausstiegsszenarien prüfen: Workloads sollten in Abstimmung mit der Wachstumsstrategie des Unternehmens platziert werden. Start-ups und Firmen, deren Angebote und Kundenzahl stark zunimmt, fahren besser mit skalierbaren Public-Cloud-Services. Unternehmen aus weniger dynamischen Branchen sind eventuell mit einer Private Cloud besser beraten. Wichtig ist, dass Unternehmen Vorkehrungen dafür treffen, nötigenfalls Daten und Applikationen aus einer Public Cloud zurückzutransferieren.
IT-Ressourcen auf Marktanforderungen abstimmen: Durch die Digitalisierung wächst der Druck, Angebote schnell auf neue Marktentwicklungen abzustimmen. Der IT-Servicekatalog muss daher permanent daraufhin überprüft werden, ob und wie schnell sich neue IT-Dienste und die entsprechende Infrastruktur aufsetzen lassen. Um von kurzfristigen Markttrends zu profitieren, ist es gegebenenfalls besser, auf Public-Cloud-Ressourcen zu setzen. In jedem Fall sollten Kernanwendungen in einer Umgebung platziert werden, in der sie nötigenfalls ohne hohen Aufwand erweitert werden können.
Das große Ganze im Blick behalten: Dabei sind laut David-Kenneth Group fünf Aspekte zu berücksichtigen:
Die Plattform-Strategie, etwa ob im eigenen Haus flexible und ausbaufähige IT-Plattformen vorhanden sind.
Anwendungsstrategie: Gibt es einen Plan, Anwendungen in eine Cloud zu verlagern? Welche Funktionen verlieren die Applikationen durch eine solche Migration beziehungsweise welche gewinnen sie hinzu?
Sourcing-Strategie: Checken, welche Applikationen im eigenen Data-Center, einer Private oder Public Cloud oder einem Co-Location-Rechenzentrum vorgehalten werden sollten. Dabei die Preise, die Netzwerkanbindung an die externen Rechenzentren sowie deren Erfahrung mit ähnlich gelagerten Projekten prüfen.
Backup- und Disaster-Recovery-Maßnahmen prüfen, etwa welche Recovery Time Objectives (RTO) und Recovery Point Objectives (RPO) der Service-Provider anbietet.
IT-Sicherheit und Compliance: Provider sollten Vorgaben wie die Datenschutz-Grundverordnung oder Compliance-Regeln wie HIPAA einhalten.
Hermann Gouverneur
Hermann Gouverneur
Chief Technology Officer bei Atos Deutschland
https://atos.net/de
Foto: Atos
„Workloads, die für eine Portabilität nicht infrage kommen, zeichnen sich durch vorhersehbare und kurze Lebenszyklen und relativ eigenständige
Architekturen aus.“
Datentypen und Datenkontrolle berücksichtigen:
Betriebsdaten: Wichtig ist, Informationen über den Betrieb der IT- und Cloud-Umgebung zu sammeln und auszuwerten. Dazu zählen Performance-Informationen und die Kosten, die ein Provider für Leistungsmerkmale in Rechnung stellt. Dadurch kann die IT-Abteilung ermitteln, welche Quality of Service eine Anwendung benötigt.
Strategische Daten: Das Unternehmen muss jederzeit die volle Kontrolle über Geschäftsdaten und Kundeninforma­tionen haben. Um das sicherzustellen, muss permanent überprüft werden, welche (Cloud-)Applikationen welche Daten wo speichern und wie diese geschützt sind.
Migrationsplan erstellen: Vor dem Umzug von Daten und Apps in eine Cloud sollten mehrere Faktoren Beachtung finden:
Infrastruktur und Anwendungen: Bei Nutzung einer Public Cloud sind Tools hilfreich, mit denen der Nutzer die Kosten und den Nutzungsgrad der Cloud-Ressourcen überprüfen kann. Außerdem sollte die IT-Abteilung prüfen, inwieweit und mit welchen Werkzeugen sie die Cloud-Ressourcen konfigurieren und anpassen kann. Auch die Netzwerkanbindung der Cloud gilt es zu berücksichtigen.
Modernisierung von Anwendungen: Vor der Migration sollte geprüft werden, ob durch die Verlagerung in die Cloud neue Funktionen für Anwendungen bereitstehen, etwa für eine KI-gestützte Datenanalyse.
Sourcing und Hosting: Dabei sind Faktoren wie Hochverfügbarkeit zu beachten. Service-Provider bieten gerne Disaster-Recovery-Dienste an. Doch diese haben ihren Preis. Daher ist eine Bestandsaufnahme wichtig. Sie gibt Aufschluss, welche Anwendungen und Datenbestände jederzeit verfügbar sein müssen und was für Ausfallzeiten tolerabel sind.
Data Gravity und Datenschutz: Speziell in der europäischen Union dürfen personenbezogene Daten nicht einfach so in ein x-beliebiges Cloud-Data-Center verlagert werden. Es muss sichergestellt sein, dass sensible Informationen in Rechenzentren eines Landes gespeichert werden, das die DSGVO einhält. Unternehmen sollten zudem berücksichtigen, wie sich die Datenvolumina in Verbindung mit bestimmten Anwendungen entwickeln (Data Gravity). Werden etwa große Datenbestände in einer Cloud abgelegt, kann dies höhere Kosten beim Enterprise WAN mit sich bringen.

Fazit

Ein „Raus aus der Cloud“ dürfte für viele Unternehmen nicht in Betracht kommen. Denn mit Public-Cloud-Diensten können sie durchaus ihre Agilität erhöhen. Aus diesem Grund sollten Geschäftsführung, Fachbereiche und IT-Abteilung detailliert prüfen, welche Workloads in einer Private Cloud besser aufgehoben sind und wo Public-Cloud-Services Vorteile bringen.
Eine praktikable Lösung ist daher eine Hybrid Cloud. Denn im Nachhinein Cloud-Anwendungen ins eigene Data-Center zurückzuholen, ist alles andere als ein leichtes Unterfangen.
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