Auf dem Weg zur richtigen Blockchain-Strategie

Politik entdeckt Blockchain

von - 17.08.2020
Auch Politiker begeistern sich zunehmend für Distributed-Ledger-Technologien. „Die Blockchain ist die nächste Entwicklungsstufe des Internets“, schreibt etwa der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger in dem Buch „Eine Politik für morgen“, in dem junge Unionspolitiker ihre Vision der Zukunft präsentieren. „Die Potenziale der noch jungen Blockchain-Technologie sind hoch“, erklärte auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in einer gemeinsamen Pressemitteilung von Wirtschaft- und Finanzministerium zur Vorstellung der Blockchain-Strategie der Bundesregierung im vergangenen Herbst. Das Papier formuliert ambitionierte Ziele: Mit Hilfe ihrer Blockchain-Strategie will die Bundesregierung Innovationen fördern und Investitionen anstoßen, ohne die Stabilität der Gesamtwirtschaft und des Finanzsystems zu gefährden, die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens verbessern und einen fairen Wettbewerb ermöglichen, den digitalen Binnenmarkt in der EU stärken und die internationale Zusammenarbeit ausbauen. Schließlich verspricht die Bundesregierung auch noch, die Betroffenen einzubinden sowie IT-Sicherheit und Datenschutz zu gewährleisten.
Unternehmen und Verbände waren in einer ausführlichen Konsultationsphase in die Entwicklung der Strategie eingebunden. Mehr als 150 Stellungnahmen wurden berücksichtigt. Entsprechend positiv fiel auch die Reaktion von Wirtschaft und Lobbyisten auf das Positionspapier aus. „Deutschland hat mit der Blockchain die Chance, eine weltweite Führungsrolle bei einer neuen Technologie einzunehmen“, erklärte zum Beispiel Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. „Die Blockchain-Strategie mit ihren ambitionierten Zielen ist ein Aufbruchsignal, dass die Bundesregierung diese Möglichkeiten nicht nur erkannt hat, sondern sie auch ergreifen will.“
Philipp Sandner, Leiter des Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management, findet ebenfalls positive Worte: „Die Stoßrichtung ist grundsätzlich zu begrüßen und auch die vorgeschlagenen Maßnahmen gehen in die richtige Richtung.“ Bei der Umsetzung hapere es allerdings: „Mir sind keine wesentlichen Maßnahmen bekannt, die bereits realisiert wurden“, moniert der Experte. „Deutschland hat bei Blockchain kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Dennoch sieht Sandner Deutschland in Europa in einer führenden Position: „Die Schweiz mag etwas weiter sein und auch in  Frankreich gibt es in einigen Industrien deutlichere Fortschritte, insgesamt hat Europa das Thema aber noch nicht verstanden.“ Die größte Konkurrenz komme derzeit ohnehin aus dem asiatischen Raum: „China ist uns bei Blockchain-Projekten sechs bis acht Jahre voraus.“ Dort habe man bereits 2014 damit begonnen, eine Blockchain-Basis für die nationale Währung vorzubereiten. „Mir ist kein anderes Land bekannt, in dem die Zentralbank und andere Finanzorganisa­tionen gemeinsam mit dieser Wucht an einer Umsetzung arbeiten“, sagt Sandner. Europa müsse seine Bemühungen dringend intensivieren: „Sonst wird die Zahlungsinfrastruktur der Zukunft so von ausländischen Organisationen geprägt sein, wie heute die Informationsinfrastruktur durch Amazon, Facebook und Google.“
Achiim Berg
Achim Berg
Präsident des Bitkom
www.bitkom.org
Foto: Bitkom / Till Budde
„Die Blockchain-Strategie mit ihren ambitionierten Zielen ist ein Aufbruchsignal.“
In einem offenen Brief fordert Sandner gemeinsam mit über 150 Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft daher eine Roadmap für den digital programmierbaren Euro. Die Gruppe betont, dass es ihr dabei nicht um die schnelle Einführung einer Digitalwährung im eigentlichen Sinn (Central Bank Digital Currency, CBDC) gehe, also ein dem Bar- und Giralgeld gleichgestelltes gesetzliches Zahlungsmittel. „Wir erkennen an, dass der digital programmierbare Euro als eine von der Zentralbank ausgegebene Währung - ein CBDC - ein großes und anspruchsvolles Projekt ist“, schreibt Sandner in dem offenen Brief. Ein auf Distributed-Ledger-Technologie basierender, als Token abgebildeter Euro sei jedoch schon früher möglich und notwendig, erklärt der Blockchain-Experte. Seine Roadmap sieht eine Einführung bis Ende 2022 vor. „Wir sind der Meinung, dass die Nachfrage nach dem digital programmierbaren Euro beständig zunimmt und die Angebotsseite dringend geeignete Lösungen entwickeln sollte.“
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