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Echte statt künstliche Intelligenz

von - 06.05.2015
Echte statt künstliche Intelligenz
Foto: Mathias Vietmeier
Warum Big Data Computer noch lange nicht intelligent macht - ein Kommentar von Hartmut Wiehr, dem Tech-Nodes-Kolumnisten von com! professional.
Der Mensch gilt als intelligenzbegabtes Wesen. Aber schon die ewige Diskussion darüber, ob es mehr die vererbte Begabung oder eher Erziehung und Gesellschaft sind, die diese Intelligenz zur Entfaltung bringen, zeigt, dass die Dinge so einfach nicht liegen. Wie schön, denkt da mancher, dass es eine Erfindung namens künstliche Intelligenz (KI) gibt, die uns alle intelligenter macht. Die für uns denkt, plant, entscheidet – ganz so, wie es das menschliche Hirn macht. Und die lauter „smarte“ Hilfsmittel hervorbringt.
Hartmut Wiehr, IT-Fachjournalist und Buchautor
Hartmut Wiehr, IT-Fachjournalist und Buchautor mit Wohnsitz in Italien
Das Versprechen der KI begleitet die Menschheit schon seit den 40er- und 50er-Jahren, als die ersten Rechenmaschinen das Licht der Welt erblickten. Noch in den 80er-Jahren gab es heftige Debatten über ihren Sinn und Zweck, dann wurde es stiller, die großen Fortschritte auf dem Weg zum intelligenten Computer blieben aus. Bis jetzt zumindest.
Denn nun reklamiert IBM für sich, mit dem Supercomputer Watson, die Welt ein Stück intelligenter zu machen“. Er kombiniert die Verarbeitung natürlicher Sprache, maschinelles Lernen sowie die Erzeugung und Bewertung von Hypothesen miteinander, um superschnelle Antworten zu liefern.
Aber was bringt die Verbindung von KI und Analytics in Watson wirklich? Der Supercomputer hat vor allem sehr viele potenzielle Antworten und Verweise gespeichert und kann auf unzählige Webquellen zugreifen. Das taugt vielleicht – wie tatsächlich geschehen – für den publikumswirksamen Sieg in der US-Quizshow Jeopardy oder den Triumph über den Schachweltmeister im Match Mensch vs. Maschine. Letztlich steckt hinter Watson – und ähnlichen Entwicklungen anderer Hersteller – aber einfach nur ein weiteres Big-Data-Tool. Und das wird auch so bleiben.
Maschinen können nun einmal nur zu einem gewissen Grad selbstständig oder automatisch so reagieren wie das menschliche Hirn. Oder wie es der Informatiker H. R. Wieland in seinen „Computergeschichte(n) – nicht nur für Geeks“ pointiert formuliert hat: „Ein Gehirn kann zwar rechnen, also einen Rechner simulieren, ein Rechner kann jedoch kein Gehirn simulieren.“ Computerprogramme suchen zum Beispiel sequenziell nach Vorgaben in einem feststehenden Code – sehr schnell. Menschen jedoch suchen assoziativ, schließen von einem Inhalt auf einen anderen und verknüpfen Inhalte – sehr individuell.
Angesichts des Weltgeschehens sollte man vielleicht weniger auf die Verbesserung künstlicher, dafür mehr auf die natürlicher Intelligenz schauen. Das allerdings würde größere Aktivitäten überall dort verlangen, wo menschliche Individuen etwas Gescheites lernen könnten – in Kindergärten, Schulen, Universitäten. Computer, Tablets und Smartphones als moderne Lernwerkzeuge werden dafür nicht reichen. Wenn wir etwas nötig haben, dann ist es mehr Intelligenz in den Köpfen, nicht in Maschinen.

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