Datenanalyse ohne Direktzugriff

Qualität geht vor Exklusivität

von - 03.04.2017
Viele Sektoren könnten von einem solchen Ansatz der Blindanalyse und ihren Implikationen profitieren. Versicherungsunternehmen etwa stehen zwei großen Herausforderungen gegenüber: Zum einen wird ihnen vorgeworfen, Kunden­daten und exklusives Wissen auszunutzen, um Risiken prä­ziser auszurechnen, als dies die Öffentlichkeit tun könnte.
Dies schädigt das Vertrauen zwischen Kundschaft bzw. Öffentlichkeit und Versicherungsunternehmen. Zum anderen erschwert ebendieses Misstrauen die Akquise akkurater und bedeutsamer Daten der Kunden.
In der Tat wäre der Zugang zu akkurateren, wenngleich nicht exklusiven Daten weitaus nützlicher für Versicherungen als der exklusive Zugang zu inakkuraten Daten. Durch die Veröffentlichung der aggregierten Datenanfrage der Versicherung an den Datenverwalter würde die Transparenz in der Risiko- und Beitragserrechnung gefördert. Davon profitieren beide Parteien: Der Kunde versteht besser, wie sein Risiko errechnet wurde und vermag dieses somit zu reduzieren. Die Versicherung wiederum kann bessere Kundendaten nutzen.

Bessere Zusammenarbeit möglich

Die Grundursache dieser höheren Datenqualität liegt in der erhöhten Datensicherheit der Blindanalyse, die mehrere Risiken eindämmt: Datendiebstahl, vorsätzlicher Missbrauch einzelner Analysten oder versehentliches Teilen sensibler Daten wären allesamt dadurch beseitigt, dass die Daten selbst nicht beim Unternehmen liegen.
Daten bewusst für Analysezwecke zu teilen – auch innerhalb derselben Organisation –, ist häufig sehr heikel oder gar unmöglich, weil verschiedene Datenausschnitte unter der Obhut unterschiedlicher Abteilungen oder Geschäftseinheiten stehen. Diese dürfen auf keinen Fall die Kontrolle über potenziell sensible Daten verlieren. Um aber neue Erkenntnisse über Daten zu erlangen, müssen jene Datenausschnitte zusammengeführt und kombiniert betrachtet werden. Dieser Prozess ist jedoch häufig mühselig – innerhalb großer Organisationen und noch viel mehr organisationsübergreifend.
Ein Grund hierfür ist, dass Organisation A alle möglichen Nutzungsszenarien ihrer Daten, die sie mit Organisation B teilt, erwägen und ihnen gegebenenfalls vorbeugen muss. Diese Bewertung ist extrem schwierig und unsicher. Sie benötigt lange, oftmals ergebnislose Diskussionen zwischen Rechts- und Fachexperten und endet meist darin, dass eine Partei entweder ein zu hohes Risiko auf sich nimmt oder letztlich eine nutzlose Sicht auf mehrere Datenausschnitte erhält. Auch hier würde die Blindanalyse Abhilfe verschaffen, da Daten an sich nicht geteilt werden. Die Organisationen A und B einigen sich auf die zu kombinierenden aggregierten Analysen, ohne potenzielle Missbräuche zu imaginieren. Dabei werden die Anfragen und Analysen erfasst.
Vor dem Hintergrund der 2018 in Kraft tretenden EU-Datenschutz-Grundverordnung bietet die Blindanalyse einen weiteren Vorteil: Personenbezogene Daten liegen abgeschlossen an einem definierten Ort. Dies ermöglicht bei Bedarf eine gezielte und effiziente Löschung von Daten. Die Blindanalyse könnte somit insgesamt einen gangbaren Weg bieten, unsere datengetriebene Gesellschaft in eine von Vertrauen geprägte Zukunft zu führen, in der Privatsphäre und Transparenz nicht im Konflikt stehen.
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