Das Auto wird zum rollenden Rechner

Schneeräumer, Busse …

von - 08.01.2018
Test: Mercedes-Benz hat im Herbst 2017 fahrerlose Schneeräumfahrzeuge getestet, die etwa auf Flughäfen eingesetzt werden könnten.
(Quelle: Daimler AG)
Offenkundig haben die Hersteller beim autonomen Fahren erhebliche Fortschritte erzielt. Ein Modell der E-Klasse von Mercedes-Benz hat bereits mehrere 1000 Kilometer im Autopilot-Modus absolviert. Audi stattet den neuen A8 mit einer Selbstfahrfunktion der Ebene 3 aus. Das bedeutet, der Fahrer darf die Hände vom Steuer nehmen, denn das Fahrzeug bewältigt einen Großteil der Verkehrssituationen eigenständig. Allerdings muss der Fahrzeuglenker sofort eingreifen können, wenn eine kritische Situation entsteht, etwa im Berufsverkehr in der Innenstadt (zu den Stufen siehe auch den Kasten auf Seite 100).
Noch offen ist, wann Fahrzeuge mit der Stufe 5 marktreif sind, die vollkommen autonom agieren können. Vermutlich wird das noch circa fünf Jahre dauern. Die Vo­raussetzung ist, dass nicht nur Rechenkapazitäten vorhanden sind und selbstlernende KI-Systeme über die erforderlichen Kapazitäten verfügen. Vor allem die Kameras und Sensoren der Fahrzeuge müssen besser werden. 
Das gilt beispielsweise für Situationen, in denen mehrere Faktoren zusammenkommen: Dunkelheit, starker Regen, Lichtreflexe auf der Fahrbahn und Nebel. Zudem arbeiten Forscher an Techniken, um die Kommunikation von autonomen Autos mit Radfahrern und Fußgängern zu verbessern, etwa mit Hilfe von Lichtsignalen. So muss beispielsweise ein Fahrzeug erkennen, ob ihm ein Fußgänger Vorrang einräumen und erst nach Passieren des Autos einen Zebrastreifen überqueren möchte.
Die Vernetzung von Fahrzeugen in Verbindung mit Künstlicher Intelligenz und Assistenzsystemen ist nicht nur bei Personenkraftwagen ein Thema. So sind Tests mit Lastern, Bussen und Reinigungsfahrzeugen angelaufen, die autonom agieren können. Daimler beispielsweise hat im Herbst 2017 Räumfahrzeuge getestet. Das Besondere dabei: Die Fahrzeuge können nach den Vorgaben eines Technikers in Formation fahren. Die Laster tauschen dabei über Funk Daten aus. Der Flughafen Frankfurt am Main hat bereits Interesse an solchen Fahrzeugen angemeldet. Sie können selbstständig Rollfelder von Schnee und Eis befreien.
Im öffentlichen Personennahverkehr sind selbstfahrende Busse im Test. In der Schweiz setzt die Post Bus AG seit 2016 automatisierte Busse ein, beispielsweise in Sion im Kanton Wallis. Und die meisten Fahrgäste haben sich offenbar mit dem fahrer­losen Transportsystem arrangiert. Laut einer Befragung von Post Bus haben in Sion 62 Prozent der Fahrgäste keine oder nur leichte Bedenken gegen die Fahrzeuge ohne menschlichen Fahrer. Auch in Deutschland werden solche Busse getestet, etwa im Nahverkehr in Berlin oder im bayerischen Bad Birnbach.

… und fliegende Autos

Selbst Themen, die stark nach Science-Fiction klingen, nähern sich der Realität. „Etwa ab 2027 wird es autonome Fahrzeuge geben, die gleichzeitig fliegen können“, ist sich Michael Ramsey, Analyst bei Gartner, sicher. Funktionieren sollen sie so ähnlich wie Hubschrauber. „Vor allem in Mega-Citys könnten autonome fliegende Fahrzeuge zum Zuge kommen, um konventionelle Verkehrsmittel zu entlasten.“
Projekt Pop.Up: Airbus hat ein Hybrid-Fahrzeug entwickelt, das sich als Auto und als Hubschrauber verwenden lässt.
(Quelle: Airbus)
Allerdings werden allein die Kosten eines solchen Hybrid-Fahrzeugs den Käuferkreis stark begrenzen. Ramsey geht davon aus, dass ein Interessent mehrere Hundertausend Euro für ein solches Vehikel hinlegen muss. Hinzu kommen weitere Hürden, etwa der begrenzte Luftraum und der Umweltschutz. Daher sind Fahrzeuge mit Elektromotoren in der Entwicklung. Ein Problem dabei sind die Akkus. Sie müssen leistungsfähiger und leichter werden, damit sie für den Einsatz in Flug-/Fahrzeugen taugen.
Wie ein fliegendes Auto aussehen könnte, zeigt das Projekt Pop.Up von Airbus: Die Fahrerkabine lässt sich mit einem „fahrbaren Untersatz“ und einem Helikopter-Modul koppeln. Bei Bedarf ruft der Fahrer das Flugmodul herbei und verwandelt sein Auto in einen Hubschrauber. Umgekehrt kann er die Kabine wieder an das Fahrmodul andocken.
Bereits 2020 will der Automobilhersteller Toyota zu den Olympischen Spielen in Tokio ein Flugauto vorstellen. Entwickelt wird es von dem Start-up-Unternehmen Cartivator, das maßgeblich von Toyota finanziert wird. Eine kommerzielle Version soll ab 2025 verfügbar sein.
Der Fahrdienst Uber arbeitet ebenfalls an einem solchen Konzept. Er plant, ab 2020 sogenannte Vertical Take-off and Landing Vehicles (VTOLs) im texanischen Houston und in Dubai einzusetzen.
Glossar „Connected Car“
Beim vernetzten Auto kommen unterschiedliche Kommunika­tionsarten und Einsatzoptionen zum Zuge:
V2A: Vehicle to Application ist die Interaktion zwischen Fahrzeugen und Remote-Anwendungen. Zu diesen gehören die Überwachung der Bewegung und des Aufenthaltsorts von Fahrzeugen und damit verknüpfte Informationsdienste. Hinzu kommen Mapping-Dienste, die Karten bereitstellen. Bei selbstfahrenden Fahrzeugen werden beispielsweise 3D-Kartenmo-
delle erprobt.
V2I: Vehicle to Infrastructure beschreibt das Zusammenspiel zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur-Komponenten. Das können Verkehrsleitsysteme sein, aber auch „intelligente“ Ampeln. Die Informationen, die Fahrzeuge an solche Systeme übermitteln, lassen sich unter anderem dazu nutzen, um Ampelschaltungen zu optimieren oder den Verkehrsfluss je nach Zahl der Fahrzeuge zu regulieren. Dies kann auch das automatische Umleiten von Fahrzeugen auf alternative Routen umfassen, wenn bestimmte Straßen überlastet sind.
V2N: Vehicle to Network bezieht sich auf die Kommunikation mit Netzwerken, etwa dem Internet, oder mit einem Backend-Server. Auf solchen Servern ist beispielsweise Kartenmaterial gespeichert, das Fahrzeuge herunterladen.
V2P: Vehicle to Pedestrian umfasst den Informationsaustausch und die Interaktion mit Fußgängern und Radfahrern. Im Sommer 2017 hat der australische TK-Konzern Telstra dazu einen Test durchgeführt. Dabei „sprachen“ die Mobiltelefone von Radfahrern und Nutzern von Autos miteinander, um Kollisionen zu vermeiden. Allerdings gibt es speziell für selbstfahrende Fahrzeuge bislang keine Technik, die eine zufriedenstellende Kommunika­tion zwischen Autos und Fußgängern oder Radfahrern zulässt.
V2V: Vehicle to Vehicle ist die Kommunikation zwischen Fahrzeugen. Ein typisches Einsatzfeld ist die Warnung vor Staus und Kollisionen.
V2X: Vehicle to Everything schließt alle oben genannten Kommunikationsformen mit ein.
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