MOONOVA 2022

Shopping im Metaverse: Hot Shit oder Bullshit?

von - 28.02.2022
Metaverse
Foto: Shutterstock/Chaosamran Studio
Wird das Metaverse das Leben, Arbeiten und Einkaufen im Internet revolutionieren - oder ist der gegenwärtige Hype um diesen Begriff nur ein Strohfeuer? Führende Experten sehen im Metaverse die nächste Stufe des Internets - und diskutierten darüber auf der MOONOVA 2022.
Bis 2026, so schätzt das Martforschungsinstitut Gartner, wird jeder vierte Erdenbürger täglich mindestens eine Stunde im Metaverse verbringen. Und eine Umfrage unter deutschen Konsumenten ergab, dass sich mehr als 40 Prozent auch vorstellen können, dort in Zukunft einzukaufen.

Fashion und Luxus

Dabei ist das Metaverse im Moment noch kein zusammenhängendes Universum, sondern ein Oberbegriff für verschedene virtuelle Welten wie Sandbox oder Decentraland, in denen sich Menschen treffen und miteinander interagieren können. Das Interesse der Wirtschaft ist beträchtlich, vor allem Luxus- und Fashion-Brands investieren viel Geld, um auch im virtuellen Raum ihre Message zu verbreiten.
Am letzten Tag der Online-Konferenz MOONOVA 2020 diskutierte ein Expertenpanel Trends und Potenziale der neuen Technologie. Moderiert von Lena Simonis, Redakteurin der INTERNET WORLD-Schwesterzeitschrift PAGE, tauschten sich der Kommunikationsdesigner Michael Jonas, Josephine Gerves von der Digitalagentur DEPT, Karel Golta von der Indeed Innovation GmbH und Christian Mio Loclair von Journee, einer Tochtergesellschaft von Waltz Binaire, miteinander aus.
Für Jonas ist das Metaverse ganz klar die nächste Evolutionsstufe des Internets. Der Hochschulprofessor sieht dabei drei Kern-Herausforderungen: erstens die Realisierung einer neuen Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine, zweitens ein digitales Wertschöpfungssystem, in dem Güter gehandelt und verkauft werden und drittens eine Umgebung, in der Dienste interoperabel nebeneinander existieren, um eine persistente Welt für den Nutzer zu schaffen.

Schlacht um die Aufmerksamkeit

Christian Mio Loclair sieht für die digitale Wirtschaft im Metaverse die Chance, die Schlacht um die Aufmerksamkeit der Kunden zu gewinnen: "Eigentlich geht es nicht um einen virtuellen Raum, sondern um virtuelle Zeit." In der Diskussion schilderte Loclair Anwendungen, in denen sich Besucher 20 Minuten und länger mit einem Unternehmen befasst hätten, während die normale Social-Media-Aufmerksamkeitsspanne nur wenige Sekunden betrage. "Wir finden keine Zeit und keinen Anker, um mit dem Publikum mehr als ein paar Sekunden zu kommunizieren. Im Metaverse könnte man Räume schaffen, um Menschen langfristiger zu binden und zu begeistern."
Für den Zukunftsforscher Karel Golta geht es aber um mehr: "Wenn wir es schaffen, mit dem Metaverse den Zugang zu den Dingen erleichtern, mit denen wir uns befassen, dann könnte es um mehr gehen als um Aufmerksamkeit. Wir könnten mehr Konnektivität zu Fremden schaffen."

Energiebedarf als Problem

Alle Experten waren sich einig, dass das Metaverse viele Rollen neu definieren wird. Problematisch wird aber allgemein der hohe Ressourcenbedarf gesehen. Bereits heute trägt das Internet mehr zum globalen CO₂-Ausstoß bei als etwa der weltweite Flugverkehr - der Bedarf an Rechenleistung dürfte sich aber in den nächsten zehn Jahren noch vervielfachen. 
Spannend auch die Frage an die Diskutanten, wofür sie selbst Geld im Metaverse ausgeben würden: Professor Jonas würde Geld ausgeben für Erfahrungen, die er im realen Leben nicht machen kann, Zukunftsforscher Golta würde gern einer Milliarde Menschen, die heute keine Identität haben, wenigstens eine virtuelle Identität geben. Josephine Gerdes, die gemeinsam mit Christian Mio Loclair 2021 am ersten Metafestival gearbeitet hat, hat dagegen einen ganz profanen Wunsch: einen richtig gut gemachten Business-Avatar, der sie auf Geschäfts-Meetings vertritt.
 
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