Woran es beim nationalen Roaming hakt

Neuen Wettbewerb möglichst klein halten

von - 08.06.2020
"Drillisch möchte möglichst flächendeckend und günstig an die Ressourcen herankommen. Die anderen haben das Interesse, den neuen Wettbewerber möglichst klein zu halten", erklärt Telekommunikations-Experte Torsten Gerpott von Universität Duisburg-Essen den Konflikt. Während 1&1-Chef Dommermuth den Rivalen "Mondpreise" bei ihren Angeboten vorwirft, beklagen diese, der Neuling stelle zu hohe Anforderungen.
Tatsächlich hat 1&1 Drillisch mit dem Bau von 5G-Masten noch nicht begonnen, auch entsprechende Verträge mit Ausrüstern gibt es noch nicht, lediglich einige Testantennen laufen. Das Unternehmen verweist darauf, man könne nicht vor Ende der Verhandlungen mit dem Ausbau anfangen, da sonst die Grundlagen fehlten. Gerpott hält das jedoch nicht für zutreffend: "Die wollen Druck auf die Politik erzeugen", meint der Experte. "Der Regulierungsrahmen ist ein Hygienefaktor, aber sicher nicht der Show Stopper. Mindestens ebenso bedeutsam sind die Faktoren Verfügbarkeit von 5G-Netztechnik zu wettbewerbsfähigen Kosten und die Entwicklung attraktiver neuer 5G-Anwendungen."
Aus Verbrauchersicht ist die Verzögerung ärgerlich. Je später alle Wettbewerber den Ausbau starten, desto später wird flächendeckendes, bezahlbares 5G-Netz für alle zur Verfügung stehen. Beim Vorgänger 4G (LTE) rissen alle drei Netzbetreiber bislang die Fristen der Bundesnetzagentur, nach denen bis zum Jahreswechsel in jedem Bundesland mindestens 98 Prozent der Haushalte mit dem schnellen Mobilfunkstandard ausgestattet sein sollten.
Zwar hat die Auseinandersetzung noch nicht die höchstmögliche Eskalationsstufe - ein von der Bundesnetzagentur geleitetes Schiedsverfahren - erreicht. Dennoch hat 1&1 Drillisch bereits die Regulierungsbehörde um Hilfe gebeten. Diese hat bereits mit allen Parteien Gespräche geführt, in der Hoffnung, zu vermitteln. "Wir begleiten die Gespräche der Unternehmen, damit die Verhandlungen fair ablaufen und der neue Wettbewerber nicht diskriminiert wird, sagt Netzagentur-Präsident Jochen Homann.

Verhandlungsgebot ist nichts wert

In der Opposition sieht man die Tatsache, dass nationales Roaming nach aktueller Rechtslage nicht durch die Bundesnetzagentur angeordnet werden kann, als Problem: Die "Platzhirsche" ließen 1&1 Drillisch ohne Verhandlungsgebot "am langen Arm verhungern", moniert der Grünen-Abgeordnete im Bundestag, Oliver Krischer. "Es gibt zwar ein Verhandlungsgebot, dass die anderen Netzbetreiber den neuen Wettbewerber 1&1 Huckepack auf ihr LTE-Netz nehmen, das ist aber nichts wert, weil es keine Einigungspflicht gibt." Die Netzagentur müsse in die Lage versetzt werden, Entscheidungen treffen zu können.
Branchenexperte Gerpott hält die Verhandlungen auf freiwilliger Basis dennoch für den richtigen Weg: "Eine Pflicht zum National Roaming halte ich für problematisch, da sie falsche Anreize setzen würde. Dann wären diejenigen im Nachteil, die als Pioniere Netze mit aufgebaut haben."
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