Künstliche Intelligenz aus der Cloud

Wir empfehlen beim Einsatz von KI grundsätzlich hybride Modelle

von - 08.03.2022
Über seine Plattform Azure stellt Microsoft eine große Zahl von KI- und Machine-Learning-Services zur Verfügung. Dennoch plädiert Alexander Britz, Head of Digital Business Transformation & Artificial Intelligence bei Microsoft Deutschland, beim Einsatz von KI und ML für ein Hybrid-Cloud-Modell – und das nicht nur als Gründen des Datenschutzes.
com! professional: Herr Britz, wie hoch ist derzeit die Bereitschaft von Unternehmen in Deutschland, Künstliche Intelligenz und Machine Learning einzusetzen?
Alexander Britz: Zwischen der Erkenntnis, dass KI eine Schlüsseltechnologie ist, und der konkreten Umsetzung von KI-Projekten gibt es in Deutschland noch eine deutliche Diskrepanz. Je kleiner ein Unternehmen, desto größer ist oft diese Lücke. Hier gibt es also noch viel Potenzial. Ein Hemmnis für die Einführung von KI in mittelständischen Unternehmen ist der Mangel an Fachkräften und damit einhergehend das fehlende Know-how. Hier können Unternehmen aktiv gegensteuern, etwa durch Qualifizierungsangebote für die Mitarbeiter.
com! professional: In welchen Bereichen können Unternehmen und öffentliche Einrichtungen in erster Linie von KI profitieren?
Britz: KI ist nicht eine einzige Technologie, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Ansätze. Künstliche Intelligenz spielt mittlerweile in nahezu allen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle. Im Wesentlichen reden wir über drei Anwendungsfelder: erstens die Analyse und Interpretation von Daten in Form von Zahlen, Text, Sprache, Bildern und Videos, zweitens maschinelles Lernen aus Daten. Hinzu kommt als dritter Bereich die menschliche Interaktion, etwa über Sprachassistenten, Chat-Bots und Natural Language Processing.
com! professional: Wie bewertet Microsoft die Bereitschaft seitens Unternehmen und Behörden, KI aus der Cloud (AI as a Service) einzusetzen?
Britz: Entscheidend ist, welche Daten in der Cloud auf welche Weise verarbeitet werden. Wir haben zum Beispiel mit dem Land Nordrhein-Westfalen und der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW bei den Ermittlungen wegen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche eine Möglichkeit geschaffen, Daten lokal in den Rechenzentren der Strafverfolgungsbehörden zu abstrahieren und zu anonymisieren. Dieses Material kann sowohl lokal (On-Premise) als auch in den deutschen Rechenzentren der Microsoft Cloud mit einer KI-gestützten Analyse ausgewertet werden. Wir betrachten also nicht allein die Plattform, sondern gehen auch vom Use-Case aus.
Alexander Britz
Head of Digital Business Transformation & Artificial Intelligence bei Microsoft Deutschland
Foto: Microsoft
„Ein Algorithmus kann nur so gut analysieren, wie es die Daten erlauben.“
com! professional: Bedeutet dies, dass für viele Anwender ein hybrides Modell die beste Lösung ist, bei dem KI-Anwendungen sowohl über eine Public Cloud als auch das eigene Rechenzentrum bereitgestellt werden?
Britz: Wir empfehlen grundsätzlich hybride Modelle. Bei ihnen erfolgt beispielsweise das Training der Algorithmen in der Cloud. Die Daten­erhebung und -auswertung kann wiederum im eigenen Rechenzen-
trum oder am Rand der IT-Infrastruktur erfolgen, also dem Edge. Dort kommt es weniger auf die Konnektivität als auf geringe Latenzzeiten an. Daher sind dort lokale KI-Instanzen erforderlich. Die am Edge erhobenen Daten lassen sich anschließend wieder in die Cloud hoch­laden, um die KI-Modelle zu trainieren und die Intelligenz am Edge weiter zu optimieren.
com! professional: Und wie lässt sich ein hybrides Modell in der Praxis umsetzen?
Britz: Das ist beispielsweise mit einer Lösung wie Azure Stack möglich. Sie ermöglicht KI-Echtzeitanalysen in jeder lokalen Infrastruktur und stellt dadurch eine „Edge Intelligence“ bereit. In Verbindung mit einer hybriden Cloud-Plattform wie Azure Stack Hub funktioniert das sogar ohne Internetverbindung.
com! professional: Was müssen Anwender tun, damit cloudbasierte oder hybride KI-Services den gewünschten Nutzen bringen?
Britz: Wichtig sind konsistente, gut gepflegte und vollständige Daten. Denn ein Algorithmus kann nur so gut analysieren, wie es die Daten erlauben. Auch eine Datenkultur ist wichtig: Daten- und Wissenssilos im Unternehmen sind kontraproduktiv. Für produktive KI braucht ein Unternehmen zudem die Bereitschaft der Mitarbeiter, Daten und Wissen zu teilen. Und es ist die „richtige“ Lösung erforderlich: AIaaS bietet für jeden Anwendungsfall Services, die sich in bestehende Infrastrukturen integrieren lassen. Das Anpassen an Strukturen und Bedürfnisse sowie das Entwickeln und Testen von Minimum Viable Prototypes (MVP) ist daher eine der wichtigsten Aufgaben bei KI-Projekten. Hier sollten Unternehmen nicht sparen.
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