Bundesjustizministerium

Politik will Richtlinien für Künstliche Intelligenz

von - 07.02.2018
Künstliche Intelligenz
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Das Bundesjustizministerium sprach sich im Rahmen eines Impulspapiers für die Schaffung einer Prüfstelle für KI-Lösungen aus. Diese soll die zugrundeliegenden Algorithmen auf Diskriminierungsfreiheit und andere Werte hin untersuchen.
Das Bundesjustizministerium will die Entwicklung Künstlicher Intelligenz nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Sie dürfe nicht zu einer Herabsenkung des Schutzniveaus von Grund- und Verbraucherrechten führen, heißt es in einem Impulspapier der Behörde. Für die Entwicklung brauche es "entscheidende Leitplanken", damit diese gewahrt blieben, sagte Gerd Billen, Staatssekretär des Bundesjustizministeriums am Dienstag in Berlin. Die Bundesregierung stehe der neuen Technologie offen gegenüber. "Anstatt zu bremsen, wollen wir fördern und verstehen." Es sei aber die Aufgabe der Politik, "die Auswirkungen auf den Menschen vom ersten Schritt an mitzudenken". Die Souveränität der Bürger dürfe dabei nicht zum Objekt eines Algorithmus werden.

"Künstliche Intelligenz ist die digitale Schlüsseltechnologie schlechthin", sagte Achim Berg, Präsident des Digitalverbands Bitkom. "Deutschland gehört hier weltweit zu den stärksten Standorten und muss diese gute Position halten und ausbauen." Die Mehrheit der Menschen in Deutschland sei davon überzeugt, dass KI ein wichtiger Faktor für die Zukunftsfähigkeit des Landes sei. Eine repräsentative Umfrage des Verbands untermauerte die Einschätzung. Demnach sehen 55 Prozent der Befragten mehr Chancen, 41 Prozent erwarten allerdings mehr Gefahren und Risiken.

Der Umfrage zufolge erwarten 76 Prozent der Menschen, dass Künstliche Intelligenz den Alltag in Zukunft sehr erleichtern wird. 72 Prozent erwarten wichtige Fortschritte in Forschung und Entwicklung. 66 Prozent der Befragten sehen sie als wichtigen Wachstumsfaktor für die Wirtschaft in Deutschland. 69 Prozent können sich vorstellen, für bestimmte Entscheidungen auf Künstliche Intelligenz zurückzugreifen.

KI in der Praxis: Wirtschaft und Politik sind gefragt

Wirtschaft und Politik müssten Szenarien entwickeln für die positiven Möglichkeiten von KI, forderte Berg. Möglicher Missbrauch müsse auf ein absolutes Minimum reduziert werden. "Wir müssen die Künstliche Intelligenz beherrschen, sonst beherrscht sie uns." Forderungen nach einem Algorithmus-TÜV lehnte Berg allerdings ab. "Das Verhalten der KI muss kontrolliert werden, nicht die zugrundeliegenden Codecs." Diese seien Eigentum der Unternehmen. Ein Algorithmus-TÜV würde deshalb erhebliche urheberrechtliche Probleme zur Folge haben.

Der Staat müsse allerdings die Möglichkeit haben, sich anzusehen, wie ein Algorithmus funktioniere, sagte Billen. Denkbar sei etwa eine Prüfstelle wie die Stiftung Warentest. Es gehe nicht darum, Geschäftsgeheimnisse offen zu legen. Wichtig sei, dass Diskriminierungsfreiheit und Teilhabe garantiert werde. Es gebe viele Beispiele, in denen Algorithmen Vorurteile zementierten, etwa bei Prognosen über die Rückfall-Anfälligkeit bei ehemaligen Straftätern. Algorithmen bewerteten auch heute schon die Kreditwürdigkeit von Kunden. Es gelte, die Interessen der Bürger und Unternehmen sorgfältig abzuwägen.

Billen sprach sich für einen Wettbewerb für digitale Verantwortung in Unternehmen aus. Auch die Forschung müsse öffentlich zugänglicher werden - "das haben wir aus der VW-Affäre gelernt". Maschinen seien heute lernfähig. Es schaffe aber einen "Raum der Unsicherheit", wenn nicht erkennbar sei, was und wie gelernt werde.

Anlässlich des Safer Internet Day 2018 veranstaltete das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz BMJV gemeinsam mit dem Digitalverband Bitkom in Berlin eine Konferenz zu Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz.
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