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Wie Videos viral werden

von - 08.05.2014
Foto: Edeka
"First Kiss" oder "Supergeil" - was brauchen Online-Videos, um geteilt zu werden? Und gibt es Viralität nur gegen Geld? Darüber wurde auf der re:publica in Berlin diskutiert.
Junge Menschen sehen sich zum ersten Mal und  küssen sich. Das Schwarzweiß-Video wurde millionenfach angeklickt und geteilt. Sämtliche Medien griffen das Thema begeistert auf, auch um ihre eigene Reichweite zu erhöhen. Was viele übersahen: „First Kiss“ ist ein Werbevideo des Modeunternehmens Wren. Ähnlich erfolgreich ist das „Supergeil“-Video, bei dem der Absender aber von Anfang an klar war – Edeka. Gibt es ein Erfolgsrezept für Viralität? Und wie schwer ist es Werbebotschaften zu identifizieren? Das waren wichtige Themen auf der Digital-Konferenz re:publica in Berlin.
Andere Menschen unterhalten, bilden oder überraschen. Sich anderen Menschen über Inhalte definieren und darstellen. Netzwerke über Inhalte ausbauen. Sich selbst verwirklichen. Marken bewerben und stärken: Das sind die Gründe, warum Menschen Inhalte im Web teilen, führte Marco Vollmar aus, Leiter Öffentlichkeitsarbeit beim WWF. Er berief sich dabei auf eine Studie der New York Times Customer Insight Group. Diese hatte sechs Sharer-Typologien identifiziert: Hipster, Karrieristen, Selbstlose, Selektierende und sogenannte Boomerangs, also Menschen, die etwas zurückbekommen wollen. Um erfolgreich zu sein, müssen Videos diese Kriterien erfüllen, so Vollmar:  Sie brauchen eine Botschaft, müssen Bildstark sein, genauso wichtig sind Emotion, Witz und Dringlichkeit.
Christian Brandes, Blogger bei Schlecky Silberstein, hält „First Kiss“ aus Marketing-Sicht für nicht gelungen, da sich kaum jemand an die Marke dahinter erinnern würde. Ganz anders sei das bei dem "Supergeil"-Film von Edeka. Damit ein Werbevideo Erfolg hat, sei es auch wichtig, dass Marke und Markenbotschafter zusammenpassen. Ansonsten könne der gewünschte Effekt ins Gegenteil umschlagen. Als Negativbeispiel nannte er den BMW-Werbespot mit dem Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne).
Anders als Brandes hält Martin Giesler, Journalist bei Heute.de, das Kuss-Video von Wren für eine geglückte Aktion, weil darin Werbung zu Inhalt wurde. Er bemängelte allerdings, dass viele etablierte Medien das Video nicht kritisch hinterfragt hätten: „Wir Journalisten müssen da genauer hingucken, um Werbung nicht auf dem Silbertablett zu servieren.“
Das virale Potenzial von Inhalten hänge aber auch stark vom Produkt ab, meint Melanie Gömmel (WWF): „Wenn Menschen ein Produkt gut finden, werden sie auch positiv reagieren“. Allerdings wollen die Nutzer selbst aktiv werden und nicht  von einer Marke dazu aufgefordert werden, etwas zu liken oder zu teilen. Als Beispiel nennt sie eine Aktion des WWF:  Zur „Earth Hour“ ließ die Naturschutzorganisation für eine Stunde das Licht am Brandenburger Tor ausschalten, um auf den Klimaschutz aufmerksam zu machen. Das Foto, das der WWF dazu auf Instagram hochgeladen hatte, bekam bis zu 400.000 Likes.
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