Breitbandausbau geht weiterhin nur schleppend voran

Telekom setzt auf Vectoring

von - 22.02.2018
Bei den Spitzengeschwindigkeiten sind Vodafone mit dem TV-Kabel sowie der regionale Kabelnetzbetreiber Unitymedia im Vorteil. Wie aber weiter? Die Telekom setzt auf das "Vectoring", bei dem aus den alten Telefonkabel bis zu 100 MBit rausgequetscht werden können. Dass das ehemalige Staatsunternehmen hierfür grünes Licht von den Behörden bekam, schmeckt dem Konkurrenten Vodafone nicht.
Angesichts steigender Datenvolumen für Streaming-Videos und andere Anwendungen könnten zumindest 50 MBit pro Sekunde künftig knapp bemessen sein - zumal bei mehreren Endgeräten in einem Haushalt, die gleichzeitig Daten saugen oder hoch auflösende Videostreams übertragen. Dann könnte die Wechselbereitschaft der Nutzer hin zu Vodafone steigen. Kann die Telekom hingegen immerhin 100 MBit bieten, dürften viele Surfer damit vorerst noch zufrieden sein.
Uni-Professor Gerpott sieht Vectoring kritisch. Solche Investitionen hemmten die Entwicklung in Richtung Glasfaser, das mindestens bis zum Gebäudekeller gehe ("Fiber To The Building"). Anstatt Geld in eine alte Infrastruktur zu stecken, sollte die Telekom besser richtige Glasfaser-Verbindungen ausbauen. Unrealistisch und unbezahlbar, heißt es hierzu aus Telekom-Reihen.
Wie teuer das wäre, ist unklar, es dürfte Schätzungen zufolge ein hoher zweistelliger Milliardenbetrag sein. Mitbewerber O2/Telefónica ist beim Thema übrigens auf der Seite der Telekom und lobt Vectoring als "wichtige Brückentechnologie" - das Münchner Unternehmen nutzt bei Festnetz-Internetverträgen Telekom-Leitungen.
Andere Experten bewerten Vectoring positiv. Man sollte die Infrastruktur nachfragebasiert ausbauen - und da ergebe diese Technologie durchaus Sinn, sagt Oliver Falck vom Münchner Ifo-Institut. Die Nachfrage zeige, dass ultraschnelles Netz häufig gar nicht gewünscht sei. "Trotz vergleichsweise geringer Preise nutzen [...] nur etwas mehr als 10 Prozent der Haushalte, die Anschlüsse mit 100 MBit/s und mehr zur Verfügung haben könnten, diese auch", sagt der Professor. Die Fortschritte auch auf Basis des Kupfer-Telefonnetzes oder des TV-Kabelnetzes ließen erwarten, dass man auch noch weitere Innovationen sehen werde. "Den meisten Kunden ist es letztendlich egal, auf Basis welcher Infrastruktur ihre Qualitätsansprüche an einen Breitbandanschluss bedient werden."

Vodafone will 1.000 MBit pro Sekunde ermöglichen

Die Jagd nach höheren Bit-Zahlen geht unterdessen weiter. Vodafone will das "Gigabit-Zeitalter" einläuten, also mindestens 1.000 MBit pro Sekunde. Ähnliches hat Unitymedia vor - im Frühjahr soll in Bochum flächendeckend Gigabit-Tempo möglich gemacht werden. Die Telekom wiederum verkündet nun ein "Super-Vectoring", Ende dieses Jahres soll eine Maximalgeschwindigkeit von 250 MBit pro Sekunde in 15 Millionen Haushalten verfügbar gemacht werden.
Wofür aber braucht man als Privatmensch die Möglichkeit, derlei hohe Datenmengen downzuloaden? Nicht allzu viele Privatkunden, heißt es hierzu von der Telekom. Denn im kleinen Rahmen verlegt die Firma schon Glasfaser auch auf der letzten Meile - über hierzulande 800.000 Anschlüsse könnten dadurch schon jetzt rasend schnell downloaden. Aber nur für etwa 100.000 haben das entsprechende Angebot auch angenommen. Es sei wichtig, "die Bandbreiten zu liefern, die gebraucht werden", betont Telekom-Manager Wössner.
Professor Gerpott pocht hingegen auf Glasfaser. Das sei eine Investition in die Zukunft, sagt er. Zwar bräuchten derzeit überwiegend Firmen Ultra-Highspeed-Internet - in einigen europäischen Nachbarländern wie Schweden seien Glasfaserleitungen längst wesentlich weiter verbreitet, Wettbewerber in diesen Ländern hätten einen entsprechenden Vorteil. Aber Investitionen in Vectoring für private Haushalte hemmten nun mal den zügigen Wechsel auf Netze mit hinreichendem Leistungspotenzial insgesamt, so der Professor. "Die Zukunft ist Glasfaser."
Vodafone will fächendeckendes Maschinennetz in Deutschland ausbauen
Vodafone will ein Maschinennetz für das Internet der Dinge flächendeckend in Deutschland aufbauen. Rund 90 Prozent des LTE-Netzes würden dafür bis September mit dem sogenannten Narrowband aufgerüstet, kündigte das Unternehmen am Donnerstag an. «Das Internet der Dinge boomt. Und die digitale Revolution Deutschlands wird im Maschinennetz fortgeschrieben»», sagte Hannes Ametsreiter, Chef von Vodafone Deutschland. Vom Fahrrad über den Frachtcontainer bis zum Wasserzähler könnten dann Dinge ihre Daten austauschen. In vielen Branchen gebe es einen großen Bedarf. Vodafone gehe von einem «ordentlichen zweistelligen Wachstum» aus, sagte Ametstreiter.
Auch die Deutsche Telekom arbeitet derzeit mit Hochdruck am Aufbau eines entsprechenden Netzes für das Internet der Dinge (IoT) und konzentriert sich in Deutschland vor allem auf die großen Ballungsgebiete. Derzeit sei es an über 600 Orten in Deutschland verfügbar, hieß es zuletzt. Vor allem in der Fertigungsindustrie gilt das Internet der Dinge als ein wichtiger Wachstumsmotor. Mit der Netzanbindung lassen sich etwa Produktionsmaschinen frühzeitig warten, noch bevor eine Komponente tatsächlich ausfällt, oder mit den generierten Daten auch neue Geschäftsmodelle entwickeln.
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