Wie Digitalisierung die Effizienz frisst
Im Dickicht der Kennzahlen
von Thomas Hafen - 02.05.2023
Wer grüner werden will, muss zunächst einmal den Status quo kennen. Das ist in IT-Infrastrukturen gar nicht so einfach, wie das Beispiel Rechenzentrum zeigt. Lange galt der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) als wichtigste Maßzahl für die Energieeffizienz eines Rechenzentrums. Er setzt den Gesamtaufwand an Energie ins Verhältnis zu dem Anteil, der tatsächlich für die IT-Leistung verbraucht wird. Bei einem PUE-Wert von eins fließt die gesamte Energie in die IT, bei einem Wert von zwei nur die Hälfte.
Aktuell gelten Rechenzentren mit einem PUE von 1,3 oder kleiner als energieeffizient. Laut einem im Oktober 2022 bekannt gewordenen Referentenentwurf für ein Energieeffizienzgesetz müssen Rechenzentren, die ab 2025 in Betrieb gehen, diesen Wert einhalten. Die Industrie ist allerdings schon längst weiter. Intel ist es nach eigenen Angaben bereits 2015 gelungen, einen PUE-Wert von 1,06 zu erreichen, laut GRC, einem Spezialisten für füssigkeitsgekühlte RZ-Lösungen erreichen seine Rack-Systeme sogar Werte von 1,03. In der Realität kommt von diesen Effizienzgewinnen leider nicht viel an. Dem „Global Data Center Survey“ des Uptime-Instituts zufolge dümpelt der globale PUE im Schnitt seit Jahren um die 1,6-Marke.
Die Aussagekraft des PUE-Werts ist ohnehin sehr begrenzt, denn er gibt keine Auskunft über die Effizienz der IT selbst, sondern setzt nur deren Anteil ins Verhältnis zum Gesamtverbrauch. Gesetzgeber, Verbände und Standardisierungsgremien arbeiten deshalb schon länger an Kennzahlen, die ein realistischeres Bild über die Energieeffizienz eines Rechenzentrums geben als der PUE-Wert. Zwei bekannte Key Performance Indicators (KPIs) sind die Information Technology Equipment Energy Efficiency for servers (ITEEsv, ISO/IEC 30314-4) und die IT Equipment Utilization for servers (ITEUsv, ISO/IEC 30134-5). ITEEsv ist ein Maß dafür, wie viel Rechenleistung ein Server im Verhältnis zum Stromverbrauch bietet, während der ITEUsv-Wert die durchschnittliche Auslastung angibt.
Die Top-Herausforderungen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen
(Quelle: IDC 2022 )
Auch das Umweltbundesamt beschäftigt sich seit geraumer Zeit damit, wie sich der ökologische Fußabdruck von Rechenzentren besser erfassen lässt. Mit der TU Berlin und dem Öko-Institut hat die Behörde 2017 die „Key Performance Indicators for Data Center Efficiency (KPI4DCE) definiert, die in einem 2018 gestarteten Folgeprojekt (KPI4DCE 2.0) weiterentwickelt werden. Sie stellen dem Performance-Wert vier Umweltwirkungsfaktoren gegenüber: abiotischer Rohstoffverbrauch, Treibhausgaspotenzial, kumulierter Energieaufwand und Wasserverbrauch. Während für Server, Speicher und Netzwerk eine komplette Ökobilanz aufgestellt wird, fließen bei Gebäuden und Gebäudetechnik nur der Verbrauch von Energie und Hilfsstoffen, nicht aber die Aufwendungen für die Herstellung ein.