Software-Bereitstellung

Mit DevOps auf der Überholspur

von - 02.12.2021
Foto: Shutterstock / Visual Generation
Komplexe Strukturen bremsen die Software-Bereitstellung? Mit dem DevOps-Ansatz arbeiten Entwicklung und Operations Hand und Hand.
Es ist die geschäftskritischste Anwendung der DZ Bank und sie muss rund um die Uhr funktionieren: die Handelsplattform. Etwa 1000 Benutzer führen darauf Käufe und Verkäufe aus, weitere 2000 nutzen die Handelsplattform unter anderem für die Risikoüberwachung und das Erstellen von Berichten. Wenn die Plattform stillsteht, dann ist das Geschäft der zweitgrößten Geschäftsbank Deutschlands gefährdet. Und dennoch fasste die IT-Leitung der DZ Bank – der rund 800 Genossenschaftsbanken in Deutschland angeschlossen sind – vor wenigen Jahren einen mutigen Entschluss: Sie startete eine Standardisierung der Prozessabläufe für alle Software-Entwicklerteams, die Einführung reproduzierbarer und revisionsfähiger Prozesse sowie die Beschleunigung der Freigabe neuer Software-Funktionen.
Und die Neuerungen wurden ausgerechnet direkt auf die so wichtige Handelsplattform angewendet. Dazu kam: Der neu konzipierte Prozess wurde an einem einzigen Wochenende ausgerollt.
Die Deutsche Zentral-Genossenschaftbank hat sich für einen Weg entschieden, den derzeit viele Unternehmen unterschiedlichster Größe gehen: Sie setzt bei der Software-Bereitstellung auf das DevOps-Konzept.
Damit geht die DZ Bank ein Thema an, das viele Betriebe rund um den Erdball und quer durch alle Branchen bewegt: Um auf dem Markt relevant zu bleiben, ist es unerlässlich, dass die Innovationszyklen immer kürzer werden. „Die Umstellung von klassischen Methoden auf agile(re) Ansätze ist in diesem Wettlauf gegen die Zeit ein elementares Werkzeug“, so die klare Aussage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers in ihrer Studie „Realitätscheck DevOps – Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen bei der Einführung“.

Verbesserte Zusammenarbeit

Doch was genau verbirgt sich hinter DevOps? Der Begriff ist nicht eindeutig bestimmt. Grundsätzlich beschreibt DevOps eine kombinierte Rolle im Unternehmen, die sowohl die Entwicklung (Development) als auch den Betrieb von Software (Operations) umfasst. „Am besten bringt das für mich der von Amazon geprägte Ansatz auf den Punkt: ,You build it, you run it‘“, erklärt Vassil Hristov. Damit ist gemeint, dass jedes Team nicht nur für das Schreiben der Software verantwortlich ist, sondern auch für deren Betrieb, so der Co-Founder des IT-Beratungsunternehmens Zest Labs. Damit bringe der DevOps-Ansatz viele Vorteile gegenüber dem alten Ansatz mit verschiedenen Silos von Entwicklern und Systemadministratoren, bei dem ein Team die Software entwickelt und sie – im Idealfall gut dokumentiert – an die Systemadministratoren übergebe. „Sie müssen dann dafür sorgen, dass die Software richtig und unterbrechungsfrei läuft.“
Vassil Hristov
Co-Founder bei Zest Labs
Foto: Zest Labs
„Wenn man weiß, dass das eigene Handy nachts klingelt, wenn etwas nicht richtig funktioniert, ist man auch motivierter, dafür zu sorgen, dass die Software stabil läuft.“
Wenn es dann aber einmal zu Problemen komme, dann verursache das in der Regel hohen Abstimmungsaufwand zwischen den Teams. Wenn hingegen das Team, das die Software schreibt, auch für den Betrieb verantwortlich sei, dann fielen nicht nur die langen Kommunikationswege weg. „Plakativ gesprochen: Wenn man weiß, dass das eigene Handy nachts klingelt, wenn etwas nicht richtig funktioniert, ist man auch motivierter, dafür zu sorgen, dass die Software stabil läuft“, fasst Vassil Hristov zusammen.
Eine laut Hristov weitere sehr verbreitete Interpretation von DevOps ist das von Google geprägte Konzept der so­genannten Site Reliability Engineers (SRE). Dort gebe es weiterhin Teams, die sich auf das Betreiben von Software fokussieren, aber anders als beim klassischen Systemadmi­nistrator setze man bei SRE mehr auf Automatisierung und Observability, also Beobachtbarkeit. „Kombiniert mit modernen Technologien – zum Beispiel Cloud, Kubernetes, Microservices – erlaubt es der Ansatz, schneller Fehler zu beheben. Im Idealfall erkennt und behebt das System Fehler alleine.“
DevOps bezeichnet ein Organisationsmodell, das darauf abzielt, Applikationen durch ein Team vollumfänglich zu betreuen – „von A wie Anforderungsanalyse bis hin zu Z wie Zero Downtime“, ergänzt Lutz Keller. Das Zusammenführen der Verantwortlichkeiten in einem Team führe zu äußerst kurzen Feedback-Schleifen, deren Ergebnisse durch ebenfalls sehr kurze Deployment-Zyklen schnell in Produktion gebracht werden könnten. Dafür kommen laut dem Leiter DevOps bei der IT-Beratung Consol Methoden wie Con­tinuous Integration/Continuous Delivery (CI/CD) zum Einsatz. Der Hauptvorteil laut Keller: „Dem Anwender beziehungsweise dem Kunden werden Verbesserungen viel schneller zugänglich gemacht.“
Frank Haumann, Partner beim Dienstleister Red Reply, unterstreicht, es sei wichtig, DevOps nicht als Technologie zu verstehen, sondern als Organisationsmodell. Noch treffender sei, DevOps als „Kultur“ zu  bezeichnen. „Im Vordergrund steht die sehr enge Zusammenarbeit von Development und Operations.“
Diese Art der Zusammenarbeit bei der Software-Entwicklung führt zu Veränderungen wie einem agilen Mindset und einer agilen Unternehmenskultur, in der Mitarbeiter auch Fehler machen dürfen. So erkennen Software-Developer, aber auch Produktentwickler Fehlerquellen schneller und können durch den offenen Austausch im Team bessere Lösungen entwickeln. „Dass bei DevOps Entwicklung und Betrieb zusammenarbeiten, ist eine bewusste Entscheidung der Organisation. Das Team steht im Zentrum und es erhält alle nötigen Technologien und Prozesse für die enge Zusammenarbeit – mit möglichst wenigen Medienbrüchen“, ergänzt  Aian Hundegger, Manager und Expertise Lead bei der Management- und Technologieberatung Campana & Schott. Alle Beteiligten hätten entsprechend Zugriff auf die genutzten Informationen und Dokumente.
Nisha Lehmann
Customer Success Manager bei Merkle
Foto: Merkle
„Von den DevOps-Adoptern berichtet über die Hälfte von verbesserter Kooperation und fast jeder Vierte von höherer Code-Qualität.“

Nisha Lehmann untermauert die Vorteile von DevOps mit konkreten Zahlen: „Traditionelle Ops sind im Schnitt 41 Prozent zeitaufwendiger als DevOps, auch weil sie 21 Prozent mehr Zeit mit Bugfixing und Optimierung verbringen“, so die Managerin für Customer-Success bei Merkle, einer Agentur mit Fokus auf der Transformation der Customer-Experience. DevOps bearbeite Support-Fälle zudem 60 Prozent schneller und könne so ein Drittel mehr Zeit in die Verbesserung der Infrastruktur stecken. „Das bemerken auch die Unternehmen: Von den DevOps-Adoptern berichtet über die Hälfte von verbesserter Kooperation und fast jeder Vierte von höherer Code-Qualität.“ Ihr Fazit: DevOps sei effizienter und spare Kosten. Durch die Automatisierung von Konfigura­­tion, Bereitstellung, Tests, Warnmeldungen und Überwachung könne ein kleines DevOps-Team dieselben Anwendungen warten, für die früher ein viel größeres Team nötig war.
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