Schwarmintelligenz fürs Data-Center
CP in der Praxis
von Andreas Fischer - 11.11.2021
Das Open Compute Project konnte sich in den vergangenen Jahren als Plattform zum Austausch von Gedanken und Ideen zwischen Herstellern und Kunden etablieren. Es wird genutzt, um Standards und Best Practices zu entwickeln, von denen die gesamte Server- und Rechenzentrumsindustrie profitieren soll. Es dauerte aber eine Weile, bis es so weit war und konkrete Produkte auf den Markt kamen. Inzwischen hat die Nachfrage stark zugenommen.
Offene Standards auf Basis von interoperabler Hardware sollen zudem einen Vendor-Lock-in verhindern. Die entwickelten Lösungen eignen sich zum Aufbau in sich homogener, skalierbarer und zugleich energieeffizienter Rechenzentren. Interessierte Hersteller und Kunden können Konstruktionsdaten herunterladen und für den Bau oder die Anpassung individueller Produkte verwenden. Ebenso wie bei Open-Source-Software dürfen die Daten verändert und etwa um neue Funktionen erweitert werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie anschließend wieder mit der Community geteilt werden. Genau dieses Prinzip hat mit zum Erfolg der Open-Source-Bewegung beigetragen. Ihre Produkte sind damit weit flexibler als herkömmliche Lösungen, die sich nur in Maßen an die individuellen Bedürfnisse eines Kunden anpassen lassen und möglicherweise für eine geplante Aufgabe nicht wirklich gut geeignet sind. Bei Open-Source-Produkten ist es genau andersherum. Sie lassen sich individuell gestalten und auf die Anforderungen des Kunden zuschneiden.
OCP-Hardware: Offene Standards auf Basis von interoperabler Hardware sollen einen Vendor-Lock-in verhindern.
(Quelle: Tessa Witvoet )
Organisatorischer Aufbau
OCP ist in zahlreiche Unterprojekte und Gruppen aufgeteilt. Diese kümmern sich um das Design neuer Server, Storage-Systeme und Racks, in denen die neu entwickelte Hardware untergebracht werden kann. Dazu kommen komplette Designs und Architekturvorgaben für Rechenzentren bis hin zu offenen Switches, die für die Netzwerkverbindungen benötigt werden. Dabei geht es keineswegs nur um Hardware. Auch Software wird von den Teilnehmern entwickelt. Sie dient etwa zum Management der Hardware. Andere Projekte widmen sich der Firmware, die ebenfalls für die Geräte benötigt wird.
Um an der Entwicklung teilzunehmen, können Unternehmen und unter Umständen auch Einzelpersonen Mitglied beim Open Compute Project werden und dann auf die Designs zugreifen, sie herunterladen und für ihre Zwecke verwenden. Darauf basierend können neue Produkte hergestellt werden, die besser an die individuellen Bedürfnisse des Mitglieds angepasst sind. Ergänzungen oder Änderungen werden wieder mit der Community geteilt.
Testzentrum in Amsterdam
2019 wurde vom Frankfurter Rechenzentrumsbetreiber Maincubes in Zusammenarbeit mit dem Data-Center-Ausrüster Rittal und dem OCP-Supplier Circle B das European Open Compute Project Experience Center in Amsterdam eröffnet. Es ist als „OCP Ready“ zertifiziert. Weltweit haben erst eine Handvoll Data-Center diese Auszeichnung erhalten. In Großbritannien steht mit dem KDL1 ein vom lokalen Provider Kao Data aufgebautes Rechenzentrum, das „OCP Ready“ ist. In China befindet sich in Tianjin das vom Betreiber Chayora errichtete TJ1. In Indonesien hat der Provider SpaceDC in Jakarta ein Data-Center eröffnet, das ebenfalls als „OCP Ready“ eingestuft wurde.
Das TJ1 des Betreibers Chayora ist das erste als „OCP Ready“ zertifizierte Rechenzentrum in China.
(Quelle: Chayora )
Das OCP Experience Center in Amsterdam wurde von Maincubes, Circle B und Rittal errichtet. Hier testen interessierte Unternehmen ihre eigenen OCP-Projekte
(Quelle: Tessa Witvoet )
Fazit & Ausblick
Das hinter OCP stehende Konzept ist durchaus überzeugend. Außerdem bringt es Hersteller und Kunden wieder an einen Tisch. Trotzdem konnte es sich bis heute noch nicht wirklich durchsetzen. Das zeigen die relativ wenigen OCP-Ready-Rechenzentren, die es bislang weltweit gibt. Es mangelt derzeit noch an konkreten Produkten, die interessierte Firmen einsetzen können. Die dahinterstehenden Ideen sind aber gut und in der Lage, die Betriebskosten im Rechenzentrum zu verringern und gleichzeitig die Skalierbarkeit durch den Einsatz von Standardmodulen zu erhöhen. Die aktuellen Wachstumsraten im zweistelligen Bereich bei OCP-Hardware zeigen zudem, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis „offene Hardware“ eine größere Rolle spielen wird.