Die Renaissance der Rechenzentren

„Edge-Computing ist ein Schlüsselelement“

von - 04.07.2022
Adrian O’Connell, Senior Research Director bei Gartner, wagt Prognosen zur Zukunft des Rechenzentrums.
com! professional: Welche Trends sehen Sie gegenwärtig bei den Rechenzentren als besonders wichtig an?
Adrian O’Connell
Senior Research Director bei Gartner
(Quelle: Gartner )
Adrian O’Connell:
Das ähnelt in gewisser Weise den Trends, die wir seit einiger Zeit mit dem stetigen Wachstum der Public Cloud und den eingeschränkteren Aussichten für On-Premise beobachten. Nach Covid-19 haben wir eine weitere Beschleunigung in Richtung Public Cloud erlebt, da viele Unternehmen versucht haben, ihre Initiativen zur digitalen Transformation zu beschleunigen, um die Herausforderungen der Jahre 2020 und 2021 zu bewältigen, aber auch, um sich für künftiges Wachstum optimal zu positionieren.
com! professional: Welche Rolle kommt in dieser Entwicklung dem Edge-Computing zu?
O’Connell: Für Rechenzentrumsarchitekturen ist Edge-Computing ein Schlüsselelement, da die Bedeutung des Standorts sowie Bandbreiten-, Leistungs- und Datenhoheitsprobleme die Nachfrage nach lokalen Kapazitäten erhöhen. Aus einer breiteren Perspektive betrachtet werden jedoch zunehmend Technologien wie Künstliche Intelligenz, intensivere Analysen und Automatisierung eingesetzt, die diese Initiativen zur digitalen Transformation unterstützen können.
com! professional: Welche Technologien bestimmen aus Ihrer Sicht denn die Zukunft der Rechenzentren?
O’Connell: Das sind mehrheitlich die schon bekannten Technologien. Bei den Technologien, die den Ausbau von Rechenzentren vorantreiben, sind es die üblichen Systemtypen von Servern, Speicher und Netzwerken, aber die Art und Weise, wie die Käufer diese nutzen und priorisieren, wird unterschiedlich sein. Hyperscaler-Käufer – also Anbieter wie AWS, Microsoft Azure oder Google Cloud – werden sich auf Server und die dazugehörige Netzwerkausrüstung konzentrieren, während die Unternehmen eher eine breitere Mischung von Systemen einsetzen werden. Wenn Sie sich unsere Prognosen für die gesamten Rechenzentrumssegmente ansehen, ergibt sich das folgende durchschnittliche jährliche Wachstum für die drei Schlüsselsegmente für 2020 bis 2025: Server 5,4 Prozent, Netzwerkausrüstung 5,6 Prozent und Storage 1,3 Prozent.
„Trotz des Trends zur stärkeren Nutzung von Public Clouds sehen wir keinen sprunghaften Rückgang bei den traditionellen Umgebungen.“
com! professional: Das klingt aber doch nach eher bescheidenen Wachstumszahlen, oder nicht?
O‘Connell: Eigentlich nicht, denn man muss die bereits bestehende Ausgangsbasis berücksichtigen. Dann erhält man sowohl einen Eindruck von der Dynamik, die jedem Markt zugrunde liegt, als auch einen Überblick darüber, wie sich die Käufer dieser Geräte verändern. Wie ich schon sagte, findet sich bei den Käufern aus dem Hyperscaler-Segment eine andere Mischung von Infrastrukturen, und es sind diese Käufer, die das Gesamtwachstum des Marktes vorantreiben.
com! professional: Oft wird behauptet, dass Public Clouds bereits das Ende privater Rechenzentrumsinfrastrukturen in den Unternehmen eingeläutet haben. Wie sehen Sie das?
O’Connell: Trotz des eindeutigen Trends hin zu einer stärkeren Nutzung von Public Clouds sehen wir keinen sprunghaften Rückgang bei den traditionellen Umgebungen und Käufern.
Um den Server-Markt zur Veranschaulichung heranzuziehen: Während wir für das Gesamtmarktvolumen eine jährliche Wachstumsrate (CAGR) von etwa 5 Prozent für die Jahre 2020 bis 2025 erwarten, rechnen wir für das Segment der traditionellen Käufer mit einem Rückgang von etwa 1 Prozent. Es handelt sich also definitiv zwar nicht um einen Wachstumsbereich, aber immer noch um einen bedeutenden Marktbereich für die OEMs, die sich darauf konzentrieren.
com! professional: Und wie beurteilen Sie die Aussichten auf dem  Co-Location-Markt?
O’Connell: Was die Co-Location-Anbieter betrifft, so profitieren diese Unternehmen von zwei Trends: Zum einen geben Unternehmensanwender ihre eigenen Einrichtungen auf und greifen zunehmend auf Drittanbieter zurück, zum anderen wachsen die Hyperscaler, die entweder ihre Präsenz in neuen Regionen ausbauen oder ihre Kapazitäten in bestehenden Regionen stärker lokalisieren wollen.
Die Aussichten für Co-Location-Anbieter sind also recht positiv. Hier gibt es viele bedeutende Dienst­leister. Neben Equinix sind es weitere multinationale Anbieter wie Digital Realty, Iron Mountain, Interxion oder Verizon, aber auch viele lokal ausgerichtete Anbieter, die ähnliche Leistungen auf Länderebene bereitstellen.
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